Ein Paar nach dem Schlaganfall

Von Anke Leweke · 19.09.2012
"Amour" - "Liebe" ist ein zugleich sezierendes wie berührendes Kammerspiel über das, was diesem Gefühl zugemutet werden kann, und darüber, wie widerstandsfähig es sich angesichts des körperlichen und geistigen Verfalls eines geliebten Menschen erweist.
"Sobald man ein gewisses Alter erreicht, muss man mit dem Leiden der Menschen klar kommen, die man liebt: Dem Leiden der Großeltern, der Eltern, des Partners. Das ist unvermeidbar," sagt Michael Haneke.

Georges (Jean-Louis Trintignant) muss mit dem Schlaganfall seiner stolzen Frau fertig werden, die seitdem ein Pflegefall ist. Wenn er ihr vom Bett in den Rollstuhl hilft, sie dabei in den Arm nimmt, ist sie einfach da, die Zärtlichkeit eines gemeinsam verbrachten Lebens.

"Amour" - "Liebe" ist ein zugleich sezierendes wie berührendes Kammerspiel über das, was diesem Gefühl zugemutet werden kann, und darüber, wie widerstandsfähig es sich angesichts des körperlichen und geistigen Verfalls eines geliebten Menschen erweist. Kann man einen Menschen weiter lieben, wenn er kaum mehr er selbst ist und daher nicht weiterleben will? Liebt man den anderen, indem man ihm beim Sterben die Würde lässt?

Genau hier liegt das Dilemma von Georges: In der Frage, wie lange er seine Frau Anne (Emmanuelle Riva) noch in der Welt behalten und ihr dennoch ihre Würde lassen kann.
Einmal, als die beiden noch vertraut beim Frühstück zusammensitzen können, wird Anne zu George sagen: "Du bist ein Monster, aber ein liebes." Dasselbe lässt sich über diesen Film sagen. Noch nie war ein Haneke-Film so zärtlich und so menschlich.

Frankreich, Österreich, Deutschland 2012; Regie: Michael Haneke; Darstelller: Jean-Lous Trintignant, Emmanuelle Riva, Isabelle Huppert, 127 Minuten

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