Ein kubanischer Rum macht Karriere

Von Manuel Erbenich · 04.02.2012
Südseetraum und ewige Jugend - all das gehört zum Marketing von Bacardi. Eine der erfolgreichsten Spirituosen weltweit hat eine lange Tradition. Die Karriere des milden Rums begann in einer kleinen Destillerie auf Kuba.
Tropische Palmen auf weißen Sandstränden, romantische Sonnenuntergänge am Meer und ausgelassene Partys – die Spirituosenmarke mit der Fledermaus im Logo vermarktet die Illusion eines sorgenfreien karibischen Lebensgefühls. Das Image von jugendlicher Leichtigkeit und Unbekümmertheit ist das Markenzeichen des Unternehmens.
Hinter der gezielten Werbestrategie steht der Weltkonzern Bacardí Limited. Seit der Übernahme der Unternehmensgruppe Martini & Rossi im Jahr 1992 ist die Firma, mit Sitz in Hamilton auf den Bermudas, der weltweit größte Spirituosenproduzent in Privatbesitz. Die positiven Bilanzen verdeutlichen den wirtschaftlichen Erfolg. Im Jahr 2009 lag der Umsatz bei über vier Milliarden Dollar und verbuchte damit steigende Zuwachsraten zu den Vorjahren. Der Grundstein für das international agierende Familienunternehmen wurde in Santiago de Cuba gelegt.

Facundo Bacardí y Mazó ist sechzehn Jahre alt, als er 1830 seinen Geburtsort Sitges in der Nähe Barcelonas verlässt und gemeinsam mit seinen Brüdern nach Kuba auswandert. Nach anfänglichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten nutzt er am 04. Februar 1862 die Gunst der Stunde und erwirbt, gemeinsam mit seinem Bruder José und seinem französischen Geschäftspartner José León Bouteiller, die Rum-Brennerei eines bankrottgegangenen Bekannten. Facundo ist ein ehrgeiziger und geschickter Geschäftsmann. Es gelingt ihm gemeinsam mit Bouteiller, einen hochwertigen und wesentlich milderen Rum herzustellen, der den Geschmack der vornehmen Gesellschaftsschichten in der Karibik trifft. Schritt für Schritt etabliert sich das neue Getränk auch auf dem europäischen Markt und legt sein altes Image eines ungenießbaren Piratenfusels ab. Mit dem Geld aus einem unerwarteten Erbe sichert sich Facundo die Anteilsmehrheit an der Sociedad Bacardí-Bouteiller. 1874 setzt er seine Partner vor die Tür. Die laufenden Geschäfte übernehmen seine Söhne.

Nach der Unabhängigkeit wird Kuba 1901 durch das "Platt Amendment" faktisch zu einem amerikanischen Protektorat. Bacardí profitiert von der halbkolonialen wirtschaftlichen Situation, fasst Fuß auf dem nordamerikanischen Markt und steigert seine Produktion kontinuierlich. In den Folgejahren expandiert das Unternehmen und gründet Dependancen in Nordamerika und Europa. Der Hauptsitz bleibt in Santiago de Cuba – bis zur Revolution, die der Bacardí-Clan anfänglich finanziell unterstützte. Nach der Machtübernahme Fidel Castros, im Januar 1959, entrollte die Firma an der Fassade ihres Gebäudes ein riesiges Banner mit nur zwei Worten: "Gracias Fidel!" Doch dann kam alles anders.

Zitat Jorge Rodríguez Márquez
"Wir trauten unseren Ohren nicht. Wir waren schockiert, sprachlos. Und dann begann eine wilde Telefoniererei. Jeder wollte vom anderen wissen, wie es jetzt weitergehen sollte."

Erinnerte sich das Familienmitglied Jorge Rodríguez Márquez an den 14. Oktober 1960 – den Tag der Enteignung ihres Konzerns. Doch die Verantwortlichen hatten der Vergesellschaftung ihres Betriebes rechtzeitig entgegengewirkt und alle Herstellungsrezepte und Markenrechte auf die Bahamas transferiert, die Produktion wurde ins Ausland verlagert. Die Familie emigrierte größtenteils in die USA und engagierte sich in ihrem neuen Exil fortan im Kampf gegen das Castro-Regime. Einige Angehörige des Familienclans waren in der in Miami gegründeten kubanischen Exilregierung aktiv. Bis heute besetzen sie Posten in der von Exilkubanern gegründeten ultrarechten Cubanisch-Amerikanischen Nationalstiftung CANF, deren oberstes Ziel die Abschaffung des sozialistischen Regimes ist.

"Ich denke die Tatsache, dass Bacardí sein Land verloren hat, machte sicherlich die Firma und auch die Familie stärker, weil wir das Unternehmen zu unserer Heimat machten."

Konstatierte der Ur-Ur-Enkel des Unternehmensgründers und ehemalige Vorsitzende der CANF, Manuel Cutillas. Kuba spielt aus wirtschaftlicher Perspektive schon lange keine Rolle mehr. Doch der Groll auf das Castro-Regime und die Verstaatlichung des einstigen Besitzes ist groß.

"Wir brauchen Kuba nicht mehr für unser Geschäft. Aber es wäre doch sehr, sehr schön es zu haben. Und aus romantischer und emotionaler Sicht wäre es die Krönung des Erfolges."
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