Ein eiserner Held und ein einsames Urgetier

Vorgestellt von Hans-Ulrich Pönack · 30.04.2008
"Iron Man" ist die Verfilmung des gleichnamigen Comics und zeigt die Wandlung eines Rüstungsindustriellen zum Retter der Welt in Hightech-Rüstung. Bei "Urmel voll in Fahrt" ist jede nostalgische Erinnerung an selige Puppenkistenzeiten getilgt, stattdessen geht tricktechnisch die Post ab. Urmel soll diesmal Hauptattraktion in einem Vergnügungspark werden - was seine Freunde zu verhindern wissen.
"Iron Man"
USA 2008. Regie: Jon Favreau. Darsteller: Robert Downey Jr., Terrence Howard, Gwyneth Paltrow, Jeff Bridges, Samuel L. Jackson, Leslie Bibb, Ghostface Killah u.a. FSK: ab 12. Länge: 118 min.

"Iron Man" von Jon Favreau; einem 42-jährigen Schauspieler ("Trennung mit Hindernissen"/2006), Produzenten und Regisseur (Debüt 2001 mit "Made"; danach u.a. "Buddy - Der Weihnachtself", 2003, mit Will Ferrell). Für seine neueste 186 Millionen-Dollar-Event-Produktion übernahm er eine legendäre Figur aus dem berühmten Comic-Haus Marvel. Der in New York City beheimatete Verlag zählt bekanntlich zu den weltweit größten Comic-Verlagen. Zu dessen bekanntesten Titeln zählen "Spider-Man", "The Fantastic Four" (auf deutsch als die "Fantastischen Vier" bekannt), "Captain America" wie auch "X-Men", die erfolgreichste amerikanische Comic-Serie der 90er Jahre.

Viele dieser Comics wurden in den letzten Jahren aufwändig von Hollywood verfilmt, viele weitere sind derzeit in der Produktion und werden in den nächsten Jahren in die Kinos kommen. Die Comic-Figur Iron Man ("Eisen-Mann") trat erstmals im März 1963 in Erscheinung (im Heft 39 von "Tales of Suspense") und kämpfte in den ersten Jahren hauptsächlich gegen kommunistische Gegner (wie die "Black Widow").

"Iron Man" ist das Alter Ego des Multimilliardärs Tony Stark. Nachdem sein Vater bei einem Autounfall ums Leben kam, übernahm er dessen Rüstungsfirma, "Stark Industries". Als Stark in Vietnam gefangengenommen wurde, entwickelte er, gemeinsam mit einem Mithäftling, das Iron-Man-Exoskelett, eine Art spezielle Ritter-Rüstung. Diese besaß eine enorm gesteigerte Kraft und verschaffte ihm die Möglichkeit, trotz einer Verletzung am Herzen zu fliehen.

1966 entstand in den USA die gleichnamige TV-Serie zum Comic, von 1994-1996 wurde dort eine zweite zum Helden-Thema initiiert ("Der unbesiegbare Iron Man"). In der ersten Realverfilmung um diese Comic-Figur ist Tony Stark keine scheue Supergestalt mit Doppelleben wie viele seiner Helden-Kollegen (die bekanntlich privat eher blass bzw. "mager" auftreten, um dann aber "nach Feierabend" so richtig aufzutrumpfen und sich voll zu verausgaben), sondern ein brillanter technischer Kauz, der als millionenschwerer Rüstungsindustrieller öffentlich gerne den Playboy, Alki und Zyniker gibt, also nicht unbedingt die beste gesellschaftliche Erscheinung ist bzw. sein will. Eine Art Dr. Jekyll/Mr. Hyde-Selfmade-Individuum mit vielen Facetten und noch mehr Grips, der sich am liebsten in seiner großräumigen Werkstatt aufhält, wo er nach Herzenslust ungestört basteln kann.

Superkerl 2008 oder: Eine Art "Normalo"-Typ als selbstbewusst-unverträglicher Großkotz. "Frieden heißt, wenn man die größere Knarre als der andere hat", äußert er sich arrogant-stolz bei der Präsentation der neuesten "Freiheitskollektion" aus dem firmeneigenen Waffenarsenal. Doch dann fällt sein Militärkonvoi im krisengeschüttelten Afghanistan einem Terrorangriff zum Opfer, er selbst wird für Monate gefangengenommen und soll den Terroristen eine Superwaffe bauen. Er akzeptiert, baut aber stattdessen für sich einen speziellen Metallanzug. Mit dem zerlegt er die Bösewichte in Schutt und Asche und kann fliegend entkommen. Der Iron Man ist geboren.

Mittels einer modifizierten, verfeinerten High-Tech-Rüstung wird fortan aus dem waffennärrischen Saulus ein edler, pazifistischer Paulus. Der natürlich deshalb künftig vor allem den Feind in den eigenen Reihen zu fürchten hat, denn ausgerechnet seine "rechte Hand" im Betrieb - Jeff Bridges ist mit Bart und Glatze ein dämonisch-böses Naturereignis - spielt ein ganz eigenes, übles Geschäftsführer-Profit-Spiel.

Dieser neue Supermann-Film kommt als Mixtur aus Politfilm, Kriegsfilm, Science-Fiction- und Fantasyfilm, Thriller und natürlich Special-Effects-Movie daher. Setzt also nicht nur auf trickreiches Rechner-Brimborium und die obligatorischen Blech-Duelle, auf das spektakuläre Jahrmarktsrummel-Kasperle-Gut-gegen-Böse-Theater, sondern auch auf eine passabel erzählte Geschichte und vor allem auf Charaktere. Gibt sich dabei durchaus "gebrochen-ironisch" und demoliert schon mal augenfällig gerne amerikanische Statussymbole wie Sportautos und Waffen.

Dass dies aber funktioniert, ist den überzeugenden Stars zu verdanken. Sie halten die Unterhaltungschose solide zusammen: Der 43-jährige Robert Downey Jr. ("Oscar"-Nominierung 1992 für "Chaplin; "Die Wonder Boys" 2000; neulich "Zodiac - Die Spur des Killers") ist ein überraschend charismatischer Augenzwinker-Typ; besitzt glaubwürdige Figuren- wie Körpersprache, kommt als Charme-Boy gut in die Helden-Puschen.

Der hinterhältige Jeff Bridges (58) ist "so" kaum wiederzuerkennen, ein gieriger Spitzen-Manager von heute, der gerne profitabel über Leichen geht; das hat was von bestem, fiesem Verführer-Format. Terrence Howard ("Der Klang des Herzens"; "L.A. Story") mimt den benötigten Freund zum Aussprechen und Helfen, während "Oscar"-Preisträgerin ("Shakespeare In Love") Gwyneth Paltrow dagegen als "widerstandsfähige" Sekretärin von Stark ziemlich unterfordert herumstöckelt und vorerst (Teil 2 ist bereits in Arbeit) für die "sanfte Verbal-Erotik" zuständig ist. Es knistert prima zwischen den Beiden, ohne dass etwas passiert ... Eine hübsche Pubertäts-Show mit viel selbstironischem Popcorn-Charme: "Iron Man" kann sich ganz gut sehen und (an-)hören lassen.

"Urmel voll in Fahrt"
Deutschland 2008. Regie: Reinhard Klooss, Holger Tappe. Mit den Stimmen von Wigald Boning, Anke Engelke, Christoph Maria Herbst, Oliver Kalkofe, Oliver Pocher, Wolfgang Völz. FSK: ohne Altersbeschränkung. Länge: 84 min.

<im_44301>"Urmel voll in Fahrt" (NUR IM ZUSAMMENHANG MIT DEM FILMSTART)</im_44301>Um es gleich mal vorweg zu sagen: Ich bin ein ausgesprochener Fan dieses letzten Vertreters der ausgestorbenen Tierart Urmel, dem Bindeglied zwischen den Dinosauriern und den Säugetieren! Also: Urmel basiert bekanntlich auf den gleichnamigen Büchern des inzwischen 86-jährigen Kinderbuch-Autors Max Kruse (geboren am 19. November 1921 in Bad Kösen/Saale; Sohn der berühmten "Puppenmutter" Käthe Kruse).

Seit dem ersten Erscheinen Ende der 60er Jahre sind bislang 11 "Urmel"-Bände herausgekommen und erreichten eine Auflage von mehreren Millionen Exemplaren. "Urmel", der kleine grüne Dino von der Insel Titiwu, war dann Blick- bzw. TV-Mittelpunkt in der legendären "Augsburger Puppenkiste", avancierte zum Liebling der Generationen als Musical, TV-Trickfilm, bei Hörbüchern, Videos, DVDs, als Plüschtier. Im Sommer

2006 kam dann der erste Kino-Spielfilm auf die Leinwand - "Urmel aus dem Eis" - und erreichte bei uns fast 700.000 Zuschauer. Die Produktion dieses 85-minütigen Trick-Spaßes aus dem Haus des Münchner Unternehmens "Bavaria Pictures" dauerte rund drei Jahre. An der Animation des ersten Urmel-Kinofilms waren insgesamt 65 Mitarbeiter des Produktionspartners von "Ambient Entertainment" in Hannover an 250 Rechnern beschäftigt. Darunter Benedikt Niemann: Der 38-jährige Spezialist für Computer-Animation hatte für Roland Emmerich gearbeitet ("Independence Day", "Godzilla") und nun Hollywood gegen Hannover eingetauscht. Und ist auch im Team von Teil 2 maßgeblich mit von der Partie.

Allerdings: Nostalgiker mit Erinnerungen an die "Augsburger Puppenkiste" und Liebhaber von Max-Kruse-Kinderbücher seien vorgewarnt: Dieser neue, zweite Urmel-Kinofilm hat wenig mit der Urmeli-Ursprungsmentalität, mit dem alten Urmel-Charme zu tun. Will sagen - das Urmeli wurde kräftig entstaubt, aufgepeppt, modernisiert, in den Schwung des 21. Jahrhunderts versetzt. Dabei nicht nur den Möglichkeiten des modernen Trickfilms angepasst, sondern auch up to date aufpoliert. Sozusagen: Die heutige Kindergeneration hat jetzt endgültig ihren eigenen Urmel. Nicht mehr die Wolken aus weißer Watte, das Meer aus blauem, knisterndem Zellophan, sondern nunmehr voll-bunt heidewitzka-poppig sowie grell und schön flippig.

In Sachen Story, Animation, Action-Motiven und Wortwitz geht nun die bunte Post ab, vor allem außerhalb der Südseeinsel-Heimat Titiwu. Der Grund: Urmel soll nicht mehr so alleine sein und bekommt zum ersten Geburtstag das tapsige Pandamädchen Babu geschenkt. Doch Urmel mag nicht so recht, fühlt sich von dieser neuen Schwester nur genervt und ist auch ein bisschen eifersüchtig: weil nun die niedliche Babu viel mehr Aufmerksamkeit bekommt als er bislang.

Also lässt er sich vom zwielichtigen Geschäftsmann Barnaby austricksen: Der sucht nämlich für seinen neuen Vergnügungspark noch eine Spitzenattraktion, und da kommt ihm Dino Urmel gerade recht. Gut, dass es die tierischen Freunde wie Schuhschnabel Schusch, Pinguin Ping und Waran Wawa gibt, die helfend eingreifen. Gags und Action sind fortan ebenso angesagt wie Slapstick und Wortwitz.

Ein temporeiches Vergnügen, das prima anmacht und klasse unterhält. Kleine wie große Kinderaugen kommen voll auf ihre Kosten, wenn die filmische Achterbahn in Fahrt kommt. Wie gesagt: Nur-Nostalgiker haben hier keine Chance, ansonsten läuft hier eine prima Kinderkino-Chose aus deutschen Landen ab.

Mit auch wieder köstlichen Promi-Stimmen von Wigald Boning, Anke Engelke, Christoph Maria Herbst (der Butler-"Führer" in den "Wixxer"-Ulks) sowie Oliver Kalkofe und Wolfgang Völz.

Hurra, hurra, das Urmeli ist wieder da, ein kindischer Kritiker hat sich jedenfalls prächtig amüsiert...