Ein Bühnentier wird 70

Der Rock-Musiker Johnny Hallyday
Der Rock-Musiker Johnny Hallyday © picture alliance / dpa / Foto: Cyril Frionnet
Von Martina Zimmermann · 15.06.2013
Er ist der einzige französische Star, der es mit angelsächsischen Musikgrößen aufnehmen kann. Johnny Hallyday, einst rebellische Rocker, ist heute ein liebevoller Großvater geworden.
Johnny Hallyday ist ein Phänomen. Der einzige französische Star, der es mit angelsächsischen Rockgrößen aufnehmen kann: 70 Jahre alt, 55 Jahre Karriere. Über 1000 Titel hat er gesungen, hundert davon selbst komponiert. Über 100 Millionen Platten und CDs hat er verkauft, 40 Goldene Schallplatten, 22 Platin, drei diamantene und acht französische Auszeichnungen – "Victoires de la musique". Hinzu kommen 181 Tourneen, 2100 Titelgeschichten in der Presse. Auch sein jüngstes Album vom letzten Jahr wurde allein in der Woche des Erscheinens 120.000-mal verkauft.

"La bête de scène" – wörtlich: ein Bühnentier – wird er genannt wegen seiner tollen Shows. Im Stade de France übertrifft er die Rolling Stones. Er tritt drei Abende vor je 80 000 Zuschauern auf – die Stones nur einen. Johnnys Shows halten mit den größten Rockstars mit. Er landet schon mal mit einem Hubschrauber auf der Bühne oder lässt sich von 300 Choristen begleiten, holt sich die weltbesten Rock- und Popmusiker in seine Band.

Hätte er ein normales Leben gehabt mit Papa und Mama und eine Kindheit wie andere Kinder, wäre er vielleicht nicht Johnny Hallyday geworden, erklärt der Sänger, der als Jean-Philip Smet auf die Welt kam. Er wurde von einer Familie von Tänzern erzogen und war ab dem Alter von vier auf Reisen.

Johnny ist bei seiner Tante aufgewachsen, seine Mutter war Mannequin, sein Vater, ein Belgier, verließ Mutter und Kind sang- und klanglos und endete als Clochard. Leon Smet, dieser Vater, der ihm immer gefehlt hatte, ist das Leidthema seines Lebens.

Er sei seinem Vater nie böse gewesen, erklärt er in einem Fernsehinterview, aber er fehle ihm noch heute.

Aus dem rebellischen Kid von einst ist heute ein liebevoller Großvater geworden. Zur Legende aus seiner Jugend gehört die Geschichte vom "König der Diebe", der in einer unechten Lederjacke in Pariser Jugendbanden bei Schlägereien mitmischt. Die Musik hat ihn von der schiefen Bahn zurückgebracht, mit 13 verdient er sein erstes Geld. Sein erster Fernsehauftritt 1960 schlägt ein wie eine Bombe: Die Kritiker kritisieren ihn, aber die Jugend macht ihn schnell zu ihrem Idol.

Sylvie, Nathalie, Adeline, Babeth, Linda, Sabrina, Veronica bis hin zu Laetitia - die Namen seiner Ehe- und sonstigen Frauen gehören zu den beliebtesten Mädchennamen, solange sie an Johnnys Seite zu sehen sind.

"Frauen haben mich erzogen. Ich verstehe Frauen besser als die Männer."

So Johnny zum Thema Frauen. 18 Jahre lang war er mit Sängerin Sylvie Vartan verheiratet, mit der er Sohn David hat. Mit Schauspielerin Nathalie Baye hat er eine gemeinsame Tochter, Laura Smet. Seine Kinder sind Musiker und Schauspieler – ganz wie der Vater, der auch in einem Dutzend Filmen vor der Kamera und im Theater auf der Bühne stand. Mit der aktuellen Ehefrau, der 37-jährigen Laetitia, ist er seit 1996 verheiratet, das Paar hat zwei adoptierte Töchter vietnamesischer Herkunft. Er hat auch zwei Enkelkinder.

Leben und Karriere gehören zusammen – jeder Franzose weiß so ziemlich alles über Johnny: seine Hochzeiten wie seine Autounfälle, einen Selbstmordversuch, Alkoholexzesse. Und wenn er einmal im Krankenhaus liegt, wie im letzten Jahr, zittert die ganze Nation um ihn.

Sein musikalisches Vorbild war Elvis Presley, Johnny kannte Jimi Hendrix und Otis Redding. Er nahm Hendrix 1966 mit auf Tournee. Die Kritiker schrieben: "Warum hat uns Johnny einen Schwarzen aufgehalst, der seine Gitarre isst, statt sie zu spielen?" Ein Jahr später wurde "Hey Joe" ein Hit, und dieselben Kritiker redeten vom Genie Hendrix. Bob Dylan wohnte bei ihm, Jimmy Page schrieb ihm Songs, wie auch Bon Jovi, Bryan Adams oder Chris Rea. Peter Frampton spielte mit ihm 1973 den Song, der noch heute ein Hit ist.

Johnny verkörpert den Rocker à la française, inklusive Exzesse und Drogen. Der Pariser Zeitung "Le Monde" vertraute er einmal an, er habe nur überlebt, weil er zwar zehn Tage durchsaufen könne, danach aber sechs Monate Wasser trinke und Sport treibe. Heute sagt Johnny Hallyday:

"Ich nehme das Leben, wie es kommt. Wenn ich morgens aufwache, schaue ich als Erstes, ob es regnet, oder ob die Sonne scheint. Am Leben zu sein, ist eine tolle Sache."
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