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ISS-Mission Horizons
Astro-Alex auf dem Weg zu neuen Horizonten

Der deutsche Astronaut Alexander Gerst hebt wieder ab: Zusammen mit Kollegen aus den USA und Russland startet er erneut zur Internationalen Raumstation. Bei der Mission Horizons erwarten Astro-Alex im Raumlabor 65 Experimente - nicht zuletzt mit einem Mikroskop ganz besonderer Art.

Von Guido Meyer | 05.06.2018
    Astronaut Alexander Gerst lächelt
    Morgen geht es los für Astro-Alex, wie sich Alexander Gerst auf Twitter nennt. Dann fliegt er zum zweiten Mal zur ISS - und wird ihr Kommandant. (imago / TASS / Sergei Savostyanov)
    Horizons - Horizonte: So heißt die Mission, die Alexander Gerst erneut zur Internationalen Raumstation (ISS) führen wird. Der Name passe gleich in mehrfacher Hinsicht, findet der deutsche Astronaut.
    "Das ist wirklich für mich so, dass Horizonte nicht nur geografischer Natur sind, aber eben auch wissenschaftlicher Natur. Wir überschreiten Horizonte, wir erweitern sie. Das ist ja ein Drang, den viele von uns haben, wenn sie auf Reisen gehen zu sagen 'Hier, ich möchte meinen Horizont erweitern'."
    65 Experimente warten im All
    Alexander Gerst wird seinen Horizont zum zweiten Mal erweitern, und das beträchtlich. In rund 400 Kilometern Höhe an Bord der ISS wird er die Erde alle neunzig Minuten einmal umkreisen. Zum Ziel gelangen Astro-Alex und seine zwei Raumfahrerkollegen mit einem Sojus-Raumschiff. Es wird morgen vom russischen Raketenbahnhof Baikonur in Kasachstan starten.
    "Zuerst einmal fliegt man im Raumschiff hoch. Da gibt's einen russischen Commander des Raumschiffs, und da bin ich der Co-Pilot. Dann kommen wir an der Raumstation an. Und an der Raumstation gibt's dann eben einen Commander, der aus der Crew kommt."
    Aktuell ist das der Amerikaner Andrew Feustel. Die Hälfte der bis dahin sechsköpfigen Mannschaft hat die Station vor wenigen Tagen verlassen. Die anderen drei Crewmitglieder bleiben für weitere drei Monate an Bord - und bekommen nun Gesellschaft. Im europäischen Teil der ISS, dem Raumlabor Columbus, warten 65 Experimente auf den Versuchsbeginn. 48 davon stammen von Universitäten aus der Bundesrepublik und von der deutschen Industrie. Sie kommen aus den Fachbereichen Umwelt, Mobilität, Energie, Klimawandel und Gesundheit.
    "Wie verhalten sich die Zellen in Schwerelosigkeit? Wie wirkt Schwerkraft auf eine Zelle? Das sind alles Dinge, die kann ich nur im schwerelosen Raum erforschen. Und deswegen haben wir ein Mikroskop gebaut, das so klein und so leicht ist, dass ich es in den Weltraum mitnehmen kann."
    Gewebestrukturen im All
    Sagt Anna-Catharina Cartens. Sie ist beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Bonn zuständig für dieses Mikroskop. Es trägt den Namen FLUMIAS. Diese Abkürzung steht für Fluorescence-Microscopic Analysis in Space.
    "Das Besondere an FLUMIAS ist, dass wir hier zum ersten Mal ein qualitativ so hochwertiges Fluoreszenzmikroskop haben, dass wir damit hochauflösende Bilder von lebenden Zellen in 3D machen können. Und das geht in der Qualität bisher nur auf der Erde; das gibt es auf der Raumstation nicht."
    Das soll sich mit FLUMIAS ändern. Gebaut wurde es vom Rüstungs- und Raumfahrtkonzern Airbus Defence and Space in Friedrichshafen. Es ist ungefähr so groß wie ein Schuhkarton. Das Besondere an dem weltraumtauglichen Fluoreszenzmikroskop: Die Astronauten an Bord der ISS können bestimmte, ausgewählte innere Strukuren einer Zelle mit leuchtenden Farbstoffen markieren. Anschließend werden die Gewebeproben gezielt beleuchtet. Anna-Catharina Cartens:
    "Ich bestrahle mit einer bestimmten Wellenlänge, und die Struktur von Interesse, die leuchtet in einer anderen Welle zurück. Und eine Kamera nimmt diese leuchtenden Signale auf. Wir können hinterher an den Bildern sehen, wie sich diese Strukturen von Interesse verhalten haben."
    Um solche Fragen geht es den Wissenschaftlern der Universität Magdeburg, die die biologischen Proben für das Mikroskop beigesteuert haben, die Alexander Gerst im Orbit untersuchen wird. Nach drei Monaten auf der ISS erwarten Deutschlands Mann im All dann neue Aufgaben.
    Erstmals ein deutscher Commander
    "Ab da bin ich Commander. Ich hab' praktisch dann die Kommandantur von dem Vorgänger übernommen."
    Das Besondere an Expedition 57: Es wird die erste in der fast zwanzigjährigen Geschichte der ISS werden, für die ein Deutscher die Verantwortung trägt. Alexander Gerst:
    "Letztendlich denke ich, ist es ein Kompliment für die europäische Weltraumagentur, dass die internationalen Partner sagen 'Ok, wir geben Euch das Kommando über die Raumstation'. Das zeigt, dass Europas Raumfahrt sehr gut integriert ist in die internationalen Partnerschaften, das heißt, das ist wirklich eine Kontinuität der europäischen Präsenz auf der Internationalen Raumstation."
    Läuft alles nach Plan, ist Alexander Gerst Weihnachten wieder zuhause.