Echo-Verleihung 2015

Showeffekte, ein paar Promis und andächtiges Schweigen

Die Sängerin Helene Fischer posiert am 26.03.2015 in Berlin nach der Verleihung des Musikpreises Echo mit ihren vier Trophäen.
Helene Fischer posiert nach der Verleihung mit ihren vier Trophäen. © picture-alliance / dpa / Jens Kalaene
Von Laf Überland · 27.03.2015
Manche nennen die Veranstaltung inzwischen Helene-Fischer-Festspiele. Auch beim Echo 2015 erhielt sie vier der Musikpreise. Die Verleihung in Berlin wurde allerdings von den Ereignissen um den Absturz des Germanwings-Flugzeugs überschattet.
Zuerst gab’s eine Schweigeminute – 150 Kerzen auf der Bühne und nur die Violine der Pop-Geigerin Lindsay Stirling -, dann wirklich toll und andächtig einen All-Stars-Tribute-Auftritt für den Weihnachten verstorbenen Udo Jürgens.
Und dann kam die Geheimwaffe der deutschen Fernsehshows Barbara Schöneberger und wuchtete sehr klug einfach respektlos jeden (sowieso nicht funktionierenden) Glamouranspruch einfach mal von der Bühne. Und von der Drehbühne:
"Guckt mal, es dreht sich! Wer bin ich? Michaela Schäfer oder ein Dönerspieß? Könnte mein Durchbruch sein!"
Die Schöneberger ist eine der wenigen Inseln des Amusements bei dieser routinierten Zuchtschweine-Preisverleihung (so kommt es einem manchmal vor): Und gottlob hat man ihr diesmal die Moderation allein überlassen - plus gelegentlichen Promis als irgendwie sinnlos da abgestellte Ansager für die Nominierten. Immer wieder müssen die – Helene Fischer aufrufen!
Nile Rogers: "Hahaha - Helene Fischer!"
Ja, kriegt sie endlich ihren Echo dafür, dass sie schon wieder ein Jahr dabei durchgehalten, ihre Fähigkeiten runterzuschrauben und diesen Quark zu singen, den sie singt? Nein, sie kriegt den ersten ihrer vier Echos an diesem Abend für das selbe bestverkaufte nationale Album, für das sie letztes Jahr auch schon den Echo gekriegt hat – es hat sich also immer noch besser verkauft als alles andere aus Deutschland? Das gibt zu Grübeln.
Straff organisierte Show
Aber dafür ist keine Zeit. Straff durchorganisiert ist die Show – gerade so, dass sie nicht hektisch wird: Die Preise kommen und gehen, am Schluss werden sie dreieinhalb Stunden für 30 Kategorien gebraucht haben und eine Handvoll Liveauftritte. So tritt Andreas Bourani mit der Geigerin Stirling auf, Deichkind liefern Partymusik mit Inhalt, der neue sensible Jungstar aus England James Bay liefert – Sensibles (ja, doch, schön macht er das!), und Revolverheld tragen ein Lied vor, dessen Text eher klingt wie Pantoffelheld. Wirklich lustig ist die eigens aufgebaute Jörg-Pilawa-Quizrunde zur Einführung von Herbert Grönemeyers Auftritt, und der ist dann auch optisch und ästhetisch wirklich kunstvoll: mit Akrobaten, die zur ruhigen Musik völlig entgegengesetzt im Halbdunkel herumwirbeln.
Herbert Grönemeyer: "Und ich muss sagen, obwohl ich schon etwas älter bin, ich denke, ich hab ein sehr hübsches Gesicht, das hält sich auch noch ein bisschen, ich hab an sich sehr schöne Beine auch."
Aber kaum isser fertig, merkt man auch schon wieder, wo man ist:
"Meine Damen und Herrn, bitte begrüßen Sie Kai Pflaume!"
Lightshow vom Feinsten
Man hat an nichts gespart heute Abend – die Lightshow für den Osnabrücker Technopopproduzenten Robin Schulz ist, wie Mainstreammedien das gern so ausdrucksstark beschreiben vom Feinsten - und genau so ausdrucksstark ist leider eben auch ein großer Teil dieser Musik. Aber der Echo zeichnet ja auch nicht die beste Musik des letzten Jahres aus, sondern nur die bestverkaufte: Und deshalb feiern sich hier also alle selbst – die Fans, weil sie so viele Platten ihrer Stars gekauft haben, dass die jetzt hier auftreten müssen; die Künstler, die ein bisschen bundesweite Extrapromotion kriegen, kostenlos; und es feiert sich natürlich auch die Tonträgerindustrie für ihre Verdienste (ha! Das war ein Wortspiel: ihre Verdienste! Die werden nämlich wieder besser, heißt es.)
Und immerhin kriegt Nana Mouskouri den Echo fürs Lebenswerk: Die Schlager-, Chanson- und Jazzsängerin mit großer Stimme, politisch engagiert für die Armen und Abgeordnete des europäischen Parlaments, das sie wieder verließ, weil es ihr zu verlogen war. Ha!
Und grad will mich ohrfeigen für meine arroganten Vorurteile dem deutschen Pop-Business gegenüber, da passiert’s auch schon wieder: Ein Bob-Marley-Rebellions-Lied – der Redemption Sog – wird zum grauslich kitschigen Singalong in der Art "Künstler für Bob Marley" verunstaltet mit dem zusammengewürfelten Line-up mit Gentleman, Campino, einem Marley-Sohn, Maxi Priest, Joy Denalane und - Wolfgang Niedeken.
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