Düzen Tekkal über ihr Buch "German Dream"

Der große Traum von der Chancengleichheit

15:24 Minuten
Die jesidische Journalistin Düzen Tekkal
Die Autorin Düzen Tekkal engagiert sich mit ihrer Initiative "German Dream" in Schulen für mehr Chancen von Jugendlichen. Jetzt ist ihr gleichnamiges Buch erschienen. © picture-alliance/dpa-Zentralbild/Britta Pedersen/
Moderation: Christian Rabhansl · 13.06.2020
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Die Menschenrechtsaktivistin Düzen Tekkal setzt trotz Erfahrungen mit Rassismus und Diskriminierung auf Optimismus. In ihrem Buch "German Dream" beschreibt sie Lösungsansätze für ein Zusammenleben in Deutschland.
In ihrem neuen Buch "German Dream" vermittelt die Menschenrechtsaktivistin und Autorin Düzen Tekkal ein erstaunlich positives Bild von Deutschland: Es handelt zwar von den Herausforderungen durch Rassismus und Anfeindungen, aber Tekkal schreibt dennoch gleich am Anfang, dass sie es als Privileg betrachte, in Deutschland leben zu können. Dass sie an der Freiheit partizipieren könne, sei für sie keine Selbstverständlichkeit.
Ihre heile Welt sei schon als kleines Mädchen, von mehreren Seiten bedroht worden, so Tekkal. Als Tochter kurdischer Jesiden habe sie früh Erfahrungen mit Unterdrückung machen müssen, aber auch die Bedrohung von völkisch-rassistischer Seite erlebt. "Das zu überleben tagtäglich, das ist zunächst einmal positiv", sagt die Autorin. "Dieser Optimismus war eigentlich immer meine Antwort." Sie habe sich immer gefragt: "Wie können wir die Probleme lösen und nicht befeuern."

Keine Relativierung von Rassismus

Auch sie habe Diskriminierung erlebt. Etwa im Alter von neun Jahren bei ihrer Einbürgerung in Deutschland: Die Beamtin habe gesagt, dass sie nie Deutsche werde. Mit ihrem Buch "German Dream" wolle sie diesbezüglich daher auch nichts relativieren. Vielmehr handle es sich dabei um eine Analyse, dass es in Deutschland Rassismus gebe. "So erkläre ich mir auch, dass die Unruhen in den USA auch so viel auslösen hierzulande." Das habe natürlich auch mit den Taten der NSU und dem Anschlag von Hanau zu tun, bei dem acht Menschen zu Tode gekommen sind - Deutsche, aber mit sichtbarer Migrationsgeschichte. "Ihr Mörder hat sie umgebracht, weil sie ihm eben nicht deutsch genug waren."
Dennoch sagt Tekkal: "Für mich gibt es kein schöneres und kein besseres Land als Deutschland, in dem ich mir vorstellen könnte zu leben." Das hätten ihr und ihren Geschwistern bereits die Eltern vermittelt. "Sie haben gesagt, Ihr habt die Möglichkeit, euch hier zu entfalten, zu partizipieren." Deshalb heiße das Buch auch "German Dream" und eben nicht "German Angst". Es gehe dabei um ein "Deutschland der Chancen", um eine Solidargemeinschaft, um Lehrer, Nachbarn, Trainer und Mitschüler, die sie an die Hand genommen hätten.

Persönliche Erfahrungen

"Mein persönlicher 'German Dream' ist in die Freiheit kommen und die Freiheit für alle anderen teilbar machen", so die Autorin. "Das ist auch meine ganz persönliche Biografie, dass ich als ein Kind von elf Kindern aus einer kurdisch-jesidischen Familie mit einem bildungsfernen Elternhaus, mit einer Mutter, die nie Lesen und Schreiben gelernt hat, wo keine deutschen Bücher zuhause standen, wo kein Deutsch gesprochen worden ist, trotzdem meinen Weg gemacht habe." Sie sei ein Produkt der Solidargemeinschaft. Ihr "German Dream" sei, dass jeder junge Mensch die Möglichkeit habe, seine kleinen und großen Träume zu erfüllen. "Das ist ein Versprechen für dieses Land." Das sei auch eine Antwort von vielen auf Entmenschlichung, Spaltung und Rassismus.
Seit Tekkal vor rund einem Jahr die gleichnamige Initiative "German Dream" gründete, hat sie zahlreiche Schulen besucht, um über diese Werte und Träume mit Jugendlichen zu sprechen.
(gem)

Düzen Tekkal: "#GermanDream. Wie wir ein besseres Deutschland schaffen"
Berlin Verlag, 2020
224 Seiten, 18 Euro

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