DSO mit Emanuel Ax und Tugan Sohkiev

Progressiv und Revolutionär

Der Pianist Emanuel Ax
Der Pianist Emanuel Ax © Lisa Marie Mazzucco/DSO
04.03.2016
Zwei höchst gegensätzliche Werke treffen im Konzert des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin aufeinander: das monumentale zweite Klavierkonzert von Johannes Brahms (Solist ist der amerikanische Pianist Emanuel Ax) und die politisch aufgeladene Sinfonie Nr. 12 von Dmitrij Schostakowitsch, der der Komponist den Untertitel „Das Jahr 1917“ gab.
"Sie werden sich entsetzt freuen, wie viel Sie für Ihr Geld kriegen", schrieb Johannes Brahms an seinen Verleger, als er ihm sein zweites Klavierkonzert schickte. Mit rund fünfzig Minuten Dauer bietet dieses Konzert tatsächlich eine ganze Menge Musik, auch wenn der Komponist selbst – ironisch – meinte, er habe nur "ein ganz ein kleines Klavierkonzert geschrieben mit einem ganz kleinen zarten Scherzo". Der Dirigent und Brahms-Freund Hans von Bülow kam aus dem Schwärmen gar nicht mehr heraus: "Sein neues Klavierkonzert ist aller aller aller ersten Ranges, klingt wundervoll." Gemeinsam mit dem ersten Klavierkonzert ist dieses B-Dur-Konzert eines der herausragenden Beispiele der Gattung. Und darüber hinaus eine Herausforderung für jeden Pianisten von Rang.
Im Konzert des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin kurz vor Weihnachten 2015 war Emanuel Ax der Solist. Der amerikanische Pianist ist regelmäßig zu Gast beim DSO, aber auch bei vielen anderen bedeutenden Orchestern der Welt. Das Klavierwerk von Johannes Brahms liegt ihm besonders am Herzen, seien es nun die Solostücke oder die großen Klavierkonzerte.
Zu Brahms in denkbar scharfem Kontrast stand das zweite Werk des Abends: Die Sinfonie Nr. 12 von Dmitrij Schostakowitsch. Sie trägt den Untertitel "Das Jahr 1917" und nimmt damit unmittelbar Bezug auf die Oktoberrevolution, auch die vier Einzelsätze tragen unmissverständliche Titel wie "Revolutionäres Petrograd" oder "Morgenröte der Menschheit". Dennoch ist Tugan Sokhiev, bis zum Sommer noch Chefdirigent des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin, mit Deutungen zurückhaltend: "Die Zwölfte ist für mich keine Programmmusik, auch wenn sie – als Musik – sehr klar und deutlich spricht." Mehr als von der Revolution spreche diese Sinfonie von dem, was in den Menschen vor sich gehe. "Der Anfang hat etwas Trübes, Chaotisches, durchweg Düsteres. Von dort aus vollzieht sich ein Prozess der Transformation."
Philharmonie Berlin
Aufzeichnung vom 15. Dezember 2015
Johannes Brahms
Konzert für Klavier und Orchester Nr. 2 B-Dur op. 83
Dmitrij Schostakowitsch
Sinfonie Nr. 12 d-Moll op. 112 "Das Jahr 1917"
Emanuel Ax, Klavier
Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
Leitung: Tugan Sokhiev