Droste-Tage auf Burg Hülshoff

Interdisziplinäre Arbeit mit Literatur

Die Band "The Dorf" bei ihrem Konzert auf Burg Hülshoff während der Droste-Tage 2018
Die Band "The Dorf" bei ihrem Konzert auf Burg Hülshoff während der Droste-Tage 2018 © Simon Schomäcker
Von Simon Schomäcker · 26.08.2018
Auf Burg Hülshoff in Havixbeck möchten Kulturschaffende ein "Center For Literature" etablieren. Dort soll Literatur interdisziplinär weitergedacht werden. Wie das aussehen kann, konnte man bei den "Droste-Tagen" erleben.
Rund 200 Besucherinnen und Besucher lauschen dem Konzert von "The Dorf" auf Burg Hülshoff im westfälischen Havixbeck. Die Band denkt Beethovens 5. Sinfonie experimentierfreudig weiter. Damit erklärt das 26-köpfige Ensemble musikalisch den Ansatz, den das neu gegründete "Center For Literature" auf der Burg verfolgt:
"Wir wollen eigentlich Projekte entwickeln zusammen mit AutorInnen, die sich zum Beispiel mit der Musik verbinden, mit dem Tanz, mit Film, mit Performance, mit der Architektur - aber auch mit vielen gesellschaftlichen Projekten und Initiativen", erklärt Jörg Albrecht, der künstlerische Leiter.
Dass die Schriftstellerin und Komponistin Annette von Droste-Hülshoff 1797 auf der Burg geboren wurde, war nur ein Grund, das "Center For Literature" dort anzusiedeln. Aus einem Bericht des Landes Nordrhein-Westfalen ging schon 2008 hervor, dass es im Land keinen adäquaten Verhandlungsort für Literatur gibt. Interesse daran hatten die Politik, der Landschaftsverband Westfalen-Lippe und die Annette von Droste-Hülshoff-Stiftung aber gleichermaßen.
Jörg Albrecht: "Und dann haben ein paar Leute das eben in die Hand genommen und gesagt: 'Lasst uns das doch auf Burg Hülshoff machen'. Lasst uns doch da diesen Genius loci nutzen oder den Spirit, den die Droste mit ihren Werken sowieso an die Menschen gibt."

Sechs verschiedene Worte für Nieseln

Das Publikum der diesjährigen Droste-Tage konnte mehrere dieser Vermittlungsarten erleben. Klassische Lesungen durften dabei nicht fehlen - wie etwa von Tilman Rammstedt. "Und wenn es dann einsetzt - das Nieseln, für das man hier sechs verschiedene Worte hat, ist man wieder da, bin ich zweifellos wieder da, ist da wieder Ostwestfalen."
Rammstedts Hommage an seine Heimatregion entstand in Anlehnung an Droste-Hülshoffs Roman "Bei uns zu Lande auf dem Lande". Darin besucht ein Baron zum ersten Mal seinen Cousin in Westfalen. Die Geschichte lebt von ironischen Überzeichnungen.
Rammstedt: "Dieses Roman-Fragment wurde uns gegeben und gesagt: 'Schaut mal, was das mit euch macht'. Westfalen ist natürlich ein Triggerwort für mich. Bei Droste-Hülshoff war es ja auch so, nehme ich an, der Erzähler kennt die Region nicht, die er beschreibt. Sie kannte sie natürlich sehr gut. Und diesen Bruch wollte ich eigentlich nicht machen."
Tilman Rammstedt wohnt schon lange in Berlin und zwischen der Hauptstadt und Ostwestfalen gibt es vielschichtige Unterschiede, die sich in einem Text über Heimkehr gut überspitzen lassen.

Kompositionen über und von Annette Droste-Hülshoff

Auf den Droste-Tagen wollen die Beteiligten auch zeigen, wie vielseitig die Namensgeberin war. "The Dorf" etwa spielen Teile der Komposition "Die entfesselte Droste". Der Dirigent Jan Klare hat die Suite 1997 zu Annette von Droste-Hülshoffs 200. Geburtstag geschaffen:
"Auf jeden Fall habe ich da sieben oder acht Gedichte von ihr vertont. Zu einigen hatte ich auch direkt eine rhythmische Idee, die ich gefasst habe. Wir haben auch eine Eigenkomposition von ihr selbst. Ich habe das gefunden unter dem Titel "Nummer 1". Das ist ein Lord-Byron-Text, den sie vertont hat.
Oona Kastner, die Sängerin von "The Dorf", ist bei den Droste-Tagen gleich doppelt eingebunden. Gemeinsam mit dem Klarinettisten Dirk Raulf liefert sie den Live-Soundtrack zu "Irgendwo fällt ein Stein" - einem Stück des Volxtheaters der Theaterwerkstatt Bielefeld-Bethel.
Die Schauspielerinnen und Schauspieler agieren auf mehreren Holz-Inseln im Raum. Der Regisseur Matthias Gräßlin betont, dass das bewusste Übertreten von Grenzen eine große Rolle spielt. Damit passt das Werk wiederum gut zu den Droste-Tagen:
"Es geht eigentlich wirklich darum, dass Menschen begreifen, dass sie die einzige Möglichkeit haben, sich generell als ein Wir zu verstehen - und nicht in einer idiotischen Abgrenzung. Das ist hinfällig. So werden wir nicht überleben."

Vorgeschmack auf ambitionierte Zukunftsprojekte

Die Droste-Tage 2018 waren ein vielseitiger Vorgeschmack auf das, was in Zukunft auf Burg Hülshoff passieren soll. Jörg Albrecht und das Team des "Center For Literature" haben große Zukunftspläne: Sie wollen das Anwesen, das der Annette von Droste-Hülshoff-Stiftung gehört, nach und nach zu einem modernen Kreativ-Ort ausbauen: Der Umbau umfasst einen großen Veranstaltungssaal, einen kleinen, Tagungsräume, Unterkünfte, wo KünstlerInnen hier Residenzen in Anspruch nehmen können. Aber auch Büroräume für uns als Team - und eben auch für ein noch zu gründendes Droste-Forschungsinstitut.
Damit werden Literatur und andere Kunstbereiche bald noch intensiver aufeinandertreffen können - an einem Ort, an dem schon vor 200 Jahren Kulturgeschichte geschrieben wurde.
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