"Dresden braucht diese Brücke"

Von Daniela Kahls · 13.03.2007
Befürworter feiern die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Sachsen. Gegner nennen ihn "einen schwarzen Tag für Deutschland als Kulturnation". Ob Dresden nun tatsächlich der Weltkulturerbetitel aberkannt wird, entscheidet die Welterbekommission bei ihrer nächsten Tagung. Es wäre eine unrühmliche Weltpremiere.
Mitten durch Dresden fließt in eleganten Bögen die Elbe. In Sichtweite der bekannten Altstadtsilhouette breiten sich die Elbwiesen aus. Sanfte Hügel, zum Teil mit Weinreben, gekrönt durch die drei Elb-Schlösser. So malerisch ist diese Landschaft, dass sie vor drei Jahren in die Welterbeliste der UNESCO aufgenommen wurde. Doch nun könnte dem Dresdner Elbtal der Titel Weltkulturerbe wieder aberkannt werden, eine unrühmliche Weltpremiere wäre das.

Hintergrund ist, dass nun wohl eine neue Elbbrücke gebaut wird, die die bekannten Sichtachsen zerschneiden würde. Über diese Brücke ist in Dresden lange gestritten worden, bereits 28 Millionen Euro sind im Laufe der Jahre für Planungen ausgegeben worden. Für dieses Geld entstehen anderswo ganze Brücken.

Die Befürworter der Waldschlösschenbrücke argumentieren damit, dass zum einen die anderen Dresdner Brücken, wie zum Beispiel das Blaue Wunder, überlastet sind. Und zum anderen könnten die Verkehrsströme besser durch die Stadt geleitet werden. Dresdens ehemaliger Oberbürgermeister Herbert Wagner von der CDU ist schon seit langen Jahren ein Kämpfer für die neue Elbquerung:

" Dresden braucht diese Brücke, braucht sie zur Verkehrsentlastung. Sie fügt sich auf eine harmonische Weise in das Elbtal ein. Im Gesamten braucht die Stadt diese Brücke. "

Was die Harmonie von neuer Brücke und Elbtal angeht, ist die Welterbekommission der UNESCO anderer Meinung. Sie hat Dresden wegen der Brückenpläne im letzten Jahr auf die Rote Liste der bedrohten Welterbestätten gesetzt. Unmittelbar nach dieser Entscheidung kam der Stadtrat zu einer Sondersitzung zusammen. Über die Konsequenzen daraus, dass Dresden möglicherweise der Weltkulturerbetitel aberkannt werden könnte, waren die Stadträte sich nicht einig. Jan Mücke von der FDP beispielsweise trat trotzig mit einem gelben T-Shirt an die Rednertribüne, auf dem dick in blauen Lettern "Brückenbauer" stand:

" Für uns ist entscheidend, dass auch wenn wir bedauern, dass die UNESCO eine solche Entscheidung getroffen hat, wir keinesfalls eine Stätte von Barbaren werden, wenn wir die Brücke bauen und den Weltkulturerbetitel aberkannt bekommen würden. Wir bleiben dann immer noch Weltkulturerbe der Herzen... "

Die Waldschlösschenbrücke ist schon längst ein Thema geworden, bei dem die Emotionen in Dresden hoch kochen, das die Stadt sozusagen in zwei Lager spaltet. Dabei haben 67 Prozent der Dresdner Bürger vor zwei Jahren in einem Bürgerentscheid für die Waldschlösschenbrücke gestimmt. Und dieser Bürgerentscheid muss umgesetzt werden, sagt nun auch das Oberverwaltungsgericht. Die Brückenbefürworter sind froh, sprechen von einem Sieg der Demokratie. So auch Sachsens Innenminister Albrecht Buttolo von der CDU:

" Ich bin froh, dass das OVG den Bürgerwillen akzeptiert hat und mit seinem Urteil bestätigt hat. Das hat mich eigentlich in meiner Auffassung bestätigt, dass der Bürgerentscheid das Entscheidende gewesen ist für den Bau der Brücke. "

Die Brückengegner sehen das anders. Sie meinen, dass bei dem Bürgerentscheid nicht klar war, dass eine Entscheidung für die Brücke eine Entscheidung gegen das Weltkulturerbe ist. Und insofern hätte man versuchen müssen, einen Kompromiss zu finden. Doch das ist nun gescheitert. Von daher spricht beispielsweise SPD-Stadtrat Peter Lames von einem fatalen Signal, das nun von Dresden ausgehe:

" Das ist ein schwarzer Tag für Deutschland als Kulturnation. Weil insbesondere erkennbar ist, dass der Schutz der Welterbestätten in Deutschland durch Gesetze nicht hinreichend gewahrt ist. Dass also die Weltkulturgemeinschaft nicht die richtigen Instrumente vorfindet, um dann innerstaatlich auch diese Anliegen durchsetzen zu können."

Ob Dresden nun tatsächlich der Weltkulturerbetitel aberkannt wird, das entscheidet die Welterbekommission bei ihrer nächsten Tagung im Juni dieses Jahres. Aber es sieht nicht gut aus für das Dresdner Elbtal und vor diesem Hintergrund fällt Albrecht Leonhard von der Bürgerfraktion ein bitterer Vergleich ein:

" Ich habe immer gesagt, bisher haben die Talibanen für mich das Weltkulturerbe missachtet, die haben Tempel zerstört. Man kann es nicht unmittelbar vergleichen, aber ähnliches passiert hier mit einer noch nicht einmal sehr schönen Brücke. "

Weltkulturerbe hin oder her - die Stadt Dresden beginnt nun mit dem Vergabeverfahren. In zwei Wochen wird dann einem Bauunternehmen der Zuschlag erteilt. Und wie es derzeit aussieht, könnten dann bis zum Sommer schon die Bagger im malerischen Dresdner Elbtal anrücken.