Donizetti-Oper aus Maribor

Die Tochter eines ganzen Regiments

Eine Szene aus Donizettis "Regimentstochter" am Slowenischen Nationaltheater Maribor am 13.03.2021
Eine Szene aus Donizettis "Regimentstochter" am Slowenischen Nationaltheater Maribor am 13.03.2021 © Tiberiu Marta/SNG Maribor/EBU
Moderation: Volker Michael · 20.03.2021
Eine Premiere ohne Publikum - keinen Aufwand gescheut hat das Slowenische Nationaltheater Maribor für eine Neuproduktion der Komischen Oper "Die Regimentstochter" von Gaetano Donizetti. Das unterhaltsame Werk erklingt in einer lebendigen Produktion fürs Radio.
Eine Oper über eine starke Frau – mit viel Musik über Musik – drastisch und vital – und auch militaristisch, aus heutiger Sicht – pure Unterhaltung aus dem Alpenraum: Marie ist die Regimentstochter in Tirol und weiß sich in einer Männerwelt zu behaupten.
Am 13. März 2021 gab es in Maribor in Slowenien eine aufwändige Neuproduktion der Oper "La Fille du régiment" von Gaetano Donizetti. Auf Deutsch bekannt als "Die Regimentstochter". Ohne Publikum im Saal des Slowenischen Nationaltheaters war die Aufführung, dafür aber für Menschen allerorten gedacht, die den Radiostream hören können. Über das Netzwerk der EBU auch hierzulande bei uns verfügbar.
Eine Szene aus Donizettis "Regimentstochter" am Slowenischen Nationaltheater Maribor am 13.03.2021
Eine Szene aus Donizettis "Regimentstochter" am Slowenischen Nationaltheater Maribor am 13.03.2021© Tiberiu Marta/SNG Maribor/EBU
Die Stimmbänder stehen stramm in dieser Opéra Comique, die Anforderungen an die Sängerinnen und Sänger in Soli und Chor sind äußerst straff. Aber es macht auch Spaß, dem Treiben im Tirol der napoleonischen Kriege zuzuhören. Denn zwei Welten treffen aufeinander – die adligen Möchtegerns und die so genannten einfachen Menschen aus Militär und Bauernschaft. Die Grenzen zwischen beiden Welten sind fließend. Es gibt Verwechslungen und späte Entdeckungen, die Handlung ist einfach wie verwirrend. Gaetano Donizetti, im selben Jahr wie Franz Schubert geboren, war das geniale und hart arbeitende italienische Bindeglied zwischen Gioacchino Rossini und Giuseppe Verdi.
Eine Szene aus Donizettis "Regimentstochter" am Slowenischen Nationaltheater Maribor am 13.03.2021
Eine Szene aus Donizettis "Regimentstochter" am Slowenischen Nationaltheater Maribor am 13.03.2021© Tiberiu Marta/SNG Maribor/EBU
Über 70 Opern hat er geschrieben, viele davon in mehreren Fassungen, einmal französisch, dann italienisch. Das trifft auch auf die Regimentstochter zu. Denn diese musikalische Komödie stammt aus Donizettis extrem fruchtbarer und erfolgreicher, aber kurzer Zeit in Paris. In Maribor, dem slowenischen Marburg, hat man die französische Fassung gegeben. Die ist eindeutig hurra-patriotisch, in Paris hat man das Werk viele Jahre zum Nationalfeiertag gespielt. Auszüge aus dem Werk haben Gassenhauer, fast schon hymnischen Charakter.
Eine Szene aus Donizettis "Regimentstochter" am Slowenischen Nationaltheater Maribor am 13.03.2021
Eine Szene aus Donizettis "Regimentstochter" am Slowenischen Nationaltheater Maribor am 13.03.2021© Tiberiu Marta/SNG Maribor/EBU
Die französische Fassung hat ziemlich viel gesprochenen Zwischentext. Der wird in jedem Land in der einheimischen Sprache aufgeführt. Das bedeutet in unserem Fall – Sie hören heute Abend slowenisches Theater und französische Oper. Lassen Sie sich einfach mitreißen von der Spielfreude der Künstlerinnen und Künstler in Maribor. Auch wenn Sie die Sprache nicht verstehen. Es ist ohnehin eine ziemlich krude Mischung aus Floskeln, Flüchen, Zoten und Sprüchen, die da aus den Mündern der Marie, ihres geliebten Tonio, der Gräfin und Herzogin, des Sergeanten, des Dieners und des Korporals kommt.
Auf dem Gemälde sitzt der Komponist auf einem rotbraunen Sessel, dabei hält er Notenpapier und Tintenfass in der einen Hand und die Feder in der anderen.
Gaetano Donizetti, als bekannter Opernkomponist porträtiert um 1848 von Giuseppe Rillosi.© imago images / Leemage
Die Handlung: Es herrscht Unsicherheit in Tirol, ob die französische Armee abgezogen ist oder nicht. Die Marquise von Berkenfield erleidet aus Angst einen Schwächeanfall, Ihr Diener Hortensio stützt sie, alle anderen Landleute haben auch Angst. Sergeant Sulpice tritt auf und verkündet, dass sein Regiment die allgemeine Ordnung widerherstellen wird. In seiner Begleitung ist Marie, die Regimentstochter, die als Marketenderin bei der Truppe arbeitet, also die Soldaten mit Lebensmitteln versorgt. Sie ist in Donizettis Oper keine Prostituierte, sondern eine junge selbstbewusste Frau, die einen bestimmten Mann liebt, den Tiroler Tonio, der sie einst am Berg vor dem Absturz gerettet hat. Aber Marie liebt auch die Soldaten, die ihre Ersatzfamilie sind, denn sie wurde als kleines Kind vom Regiment adoptiert. Sie singt gern Kampflieder und mag den Trommelschlag. Sergeant Sulpice erklärt Marie, dass sie nun reif zum Heiraten sei.

Marie singt gern derbe Couplets

Ihm ist bekannt, dass sie warme Gefühle für einen bestimmten Mann hat. Doch in einer tumultartigen Szene wird zum Schrecken aller offenbar, dass dieser Mann, Tonio, ein aufständischer Tiroler oder ein Spion ist. Die Soldaten wollen Tonio exekutieren, doch Marie erklärt, dass Tonio sie einst gerettet habe. Die Soldaten lassen sich umstimmen und akzeptieren den Tiroler als ihren Kameraden. Marie singt daraufhin das Lied der Truppe – "Chacun le sait, chaun je dit" – eine der berühmten Nummern der Donizetti-Oper. Der Sergeant lässt Tonio erst einmal wegbringen, der kommt aber heimlich zu Marie zurück. Sie schildert ihm ihre enge Beziehung zum Regiment, er gesteht ihr seine Liebe. Sie erwidert das gern. Sie umarmen sich, werden dabei vom Sergeanten Sulpice überrascht. Der sagt, nur ein langgedienter Angehöriger des Regiments könne die Regimentstochter heiraten, und vertreibt Tonio. Die Marquise von Birkenfeld taucht auf und lässt ihren Diener Hortensio die Soldaten um Geleit bitten, damit sie zum Schloss Berkenfield gelangen kann. Von dort stammte ein Soldat des Regiments, der seine Tochter den Kameraden anvertraut hatte. Also muss die Marquise die Tante Maries sein, schlussfolgert der Sergeant.

Die Marquise ist Tante oder Mutter

Er erklärt der adligen Dame, das Regiment habe sich immer bestens um Marie gekümmert. In diesem Moment taucht Marie auf und singt ein derbes Soldatencouplé. Zu besseren Erziehung soll Marie zur Tante aufs Schloss ziehen. Marie weint, weil sie das nicht will. In der Ferne ziehen Soldaten unter Tonios Führung vorbei und verherrlichen mit ihrem Gesang Krieg, Sieg und Plünderung. Tonio will sich als tapferer Soldat beweisen, ein Held werden, um Marie heiraten zu können. Seine Kameraden sind aber einverstanden, dass er die Regimentstochter Marie heiratet. Der Sergeant Sulpice hat aber Marie ja schon ihrer Tante übereignet – daran ist nicht zu rütteln. Der erste Akt endet mit Maries Trauer, dass sie Abschied nehmen muss vom Soldatenleben, und mit Tonios Wut, dass er vorerst mit seinen Heiratsplänen gescheitert ist.
Der zweite Akt beginnt einige Monate später in einem Salon auf Schloss Berkenfield. Musiker spielen einen Tiroler Tanz. Der Notar kündigt an, dass eine Herzogin namens Krakentorp käme, um die Heirat Maries mit ihrem Sohn zu beurkunden. Sergeant Sulpice ist inzwischen invalid und arbeitet bei der Marquise de Berkenfield. Er torpediert alle Bemühungen, aus der Regimentstochter eine gräfliche Dame zu machen. Manifest wird das beim Gesangsunterricht. "Venus kommt herab", so heißt ein feines Lied, das Marie singen muss. Sulpice und sie selbst verfallen aber immer wieder ziemlich absichtlich ins soldatische Repertoire. Die Marquise ist sauer.

Der ungleiche Kampf um Marie

Vor dem Schloss treten Soldaten auf, meldet der Diener. Marie singt eine Arie, dass sie nie glücklich werden wird mit Reichtum und höfischem Leben. Auch Edelsteine und schicke Kleider sind ihr kein Trost. Ein trauriges Lied mitten in der Komödie. Doch irgendwann schlagen Trommeln, und Maries Stimmung hellt sich auf. Und wirklich – Leutnant Tonio kommt mit seinen Kameraden. Marie stellt der Tante ihren Retter und Geliebten Tonio vor. Doch die Marquise hat ja die Hochzeit mit dem jungen Herzog schon arrangiert. Sie schickt alle fort und zieht nur den Sergeanten Sulpice ins Vertrauen. Marie ist in Wahrheit ihre eigene uneheliche Tochter.

Nimmt sie den Herzog oder gewinnt Tonio?

Sulpice solle Marie unbedingt zur Ehe mit dem Herzog überreden. Alle gehen davon aus, dass Marie doch noch die Heiratsvereinbarung unterzeichnet. Sie sieht keinen Ausweg und will den Vertrag unterschreiben. Da kommt Tonio mit seinen Soldaten und meldet Anspruch auf Marie an. Die Soldaten wollen ihre Regimentstochter beschützen. Erst jetzt wird der Marquise klar, dass ihre uneheliche Tochter als Regimentstochter aufgewachsen ist. Sie gibt ihren Widerstand auf – Happy End – Marie und Tonio können heiraten.
Slowenisches Nationaltheater Maribor
Aufzeichnung vom 13. März 2021
Gaetano Donizetti
"La Fille du régiment" ("Die Regimentstochter")
Komische Oper in zwei Akten
Libretto: Jules-Henri Vernoy de Saint-Georges und Jean-François Alfred Bayard

Marie, eine Marketenderin - Petya Ivanova, Sopran
Tonio, ein junger Tiroler - Martin Sušnik, Tenor
Sulpice, ein Sergeant - Jaki Jurgec, Bariton
Marquise von Berkenfield - Irena Petkova, Mezzosopran
Herzogin von Crakentorp - Dada Kladenik, Alt
Korporal - Sebastijan Čelofiga, Bassbariton
Hortensius, ein Diener - Dušan Topolovec, Tenor
Ein Notar - Hideyuki Suzuki, Sprecher
Chor und Symphonieorchester des Slowenischen Nationaltheaters
Leitung: Simon Robinson

Mehr zum Thema