Dokumentarfilm "Monobloc"

Ein billiger Plastikstuhl erobert die Welt

08:56 Minuten
Szene aus dem Dokumentarfilm "Monobloc": Eine Frau sitzt im Garten auf einem weißen Plastikstuhl, um sie herum stehen weitere dieser Stühle. Die Frau streichelt einen Hund, der neben ihr auf dem Rasen sitzt.
In diesem Garten stehen schon mal fünf Exemplare des erfolgreichsten Stuhls der Welt. Es soll geschätzt eine Milliarde davon geben. © PIER 53 / Boris Mahlau
Hauke Wendler im Gespräch mit Gesa Ufer · 06.05.2021
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Er ist nicht der schönste, aber der meistverkaufte Stuhl der Welt. Regisseur Hauke Wendler ist dem Plastikmöbel für seinen Film „Monobloc“ über die Kontinente hinterhergereist. Und stellte fest, dass es anderswo mehr Fans hat als bei uns.
Viele finden ihn scheußlich, doch der Plastikstuhl Monobloc ist tatsächlich der meistverkaufte Stuhl der Welt. Eine Milliarde Exemplare soll es weltweit geben. Beim Dokumentarfilmfestival Dok.fest München feiert nun der Dokumentarfilm "Monobloc" Premiere, der nicht nur die Geschichte dieses Möbels erzählt, sondern den Plastikstuhl auch zu einem Gradmesser für die Ungleichheit auf der Welt werden lässt.
Hauke Wendler hat sich auf die Spuren des Monobloc begeben. Seine Faszination für das Möbel begann mit einem Zeitungsfoto, erzählt der Regisseur: Es zeigte 60, 70 dieser Plastikstühle, die in der Wüste im Jemen im warmen Licht der Nachmittagssonne standen.

Ein hochwertiger Stuhl für die Massen

Was für ein großartiges Foto, habe er damals gedacht, aber auch: was für eine unglaubliche Ansammlung an Plastikschrott.
"Am Anfang sollte dieser Stuhl ein hochwertiges Objekt sein", betont der Regisseur. Sein Erfinder, der Franzose Henry Massonet, wollte aus Kunststoff einen großartigen Stuhl für die Massen schaffen. Er habe den Stuhl am Pool, mit Menschen im weißen Smoking und mit einer goldenen Ananas fotografieren lassen.
Der Monobloc wird in einem Stück gefertigt - daher auch seine Bezeichnung. Das dauert heute 50 Sekunden. In den 60er-Jahren waren es noch fünf Minuten, erzählt Wendler.
Massonet habe viel Geld mit dem Stuhl verdient, obwohl der Designer kein Patent beantragen konnte, da man ein Produktionsverfahren nicht schützen lassen könne, erklärt Wendler:
"Ohne diese Patentprobleme hätte sich der Stuhl niemals so weit verbreiten können. Und das würde bedeuten, dass Hunderte von Millionen Menschen in der Welt heute nichts zum Sitzen hätten."

Lieber einen Monobloc als gar keinen Stuhl

Seine eigene Haltung zum Monobloc habe sich durch die Arbeit an der Dokumentation verändert, sagt der Regisseur. "Für mich war dieser Stuhl am Anfang wie für die allermeisten nur ein lächerliches Objekt." Doch während der Dreharbeiten lernte er Menschen kennen, die von diesem Stuhl leben oder nur diesen Stuhl besitzen.
"Das Leben da draußen sieht für die allermeisten dieser knapp acht Milliarden Erdbewohner ganz anders aus, als wir uns das vorstellen", so Wendler. "Es ist einfacher und da kann ich nicht einfach darüber hinweggehen und sagen: Huch, ein Plastikstuhl, der ist aber hässlich."
In Uganda traf der Regisseur beispielsweise auf Don Schoendorfer, der den Monobloc genutzt hat, um aus ihm einen möglichst günstigen Rollstuhl zu bauen. Denn 70 Millionen Menschen, die einen Rollstuhl bräuchten, könnten sich den nicht leisten.
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