Dokumentarfilm "Heimat ist ein Raum aus Zeit"

Das Spiel mit Bild und Ton

08:16 Minuten
Im Erdgeschoßfester einer Hausfassade, mit dem Schild "Trink Paradies", steht eine Schneemannfigur.
Klarheit und Präzision: Szene aus "Heimat ist ein Raum aus Zeit" von Thomas Heise. © Stefan Neuberger
Matthias Dell im Gespräch mit Nana Brink  · 30.04.2020
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Thomas Heise gehört zu den eigenwilligen Filmemachern mit ganz eigener Ästhetik. Nun kommt sein Film "Heimat ist ein Raum aus Zeit" auf DVD heraus. Unser Kritiker Matthias Dell empfiehlt die Familienbiografie uneingeschränkt.
Der Dokumentarfilm "Heimat ist ein Raum aus Zeit" war vergangene Woche für den Deutschen Filmpreis nominiert, wurde aber nicht ausgezeichnet. Nun gibt es das 218 Minuten lange Werk des Regisseurs Thomas Heise auf DVD.
In seinem Film widmet sich der eigenwillige Filmemacher seiner Familiengeschichte in einer Ästhetik, auf die man sich einlassen müsse, sagt unser Filmkritiker Matthias Dell:
"Dieses Schwarz-Weiß und die Länge hat etwas Abschreckendes, dass man denkt, es könnte so ein Kunstding sein, aber nichts ist diesem Film ferner." Heise sei ein Materialist, der gerade nichts verkünsteln, sondern Klarheit und Präzision wolle.

Erzählen über den Holocaust

Der Film habe bereits eine Festivalkarriere hinter sich, berichtet Dell. Der bekannteste Moment sei Heises Erzählung über die Familie seiner Großmutter im Holocaust. Es gebe eine 20-minütige Szene, in der auf der Bildebene eine Liste von Namen heruntergerollt werde und die die absurde Deportationsbürokratie der Nationalsozialisten zeige.
Zugleich höre man im Ton die Korrespondenz zwischen Wien und Berlin, wo sich die verschiedenen Familienmitglieder damals aufhielten. "Das Nichtwissen spielt eine Rolle und irgendwann kommt der Punkt, wo man die Namen aus der Korrespondenz wiederentdeckt, wo sich die Daten angleichen, das ist ein ganz intensiver Moment", sagt Dell. Diese Szene sei mit sehr einfachen Mitteln gestaltet, gehe aber sehr klug mit der Frage um, wie der Holocaust heute dargestellt werden könne.
"In diesem Spiel zwischen Bild und Ton wird also das Nichtwissenkönnen von damals und das Wissen von heute auf eine sehr gute Weise und gleichzeitig sehr einfach zusammen geführt", sagt der Kritiker. In dem Film gebe es sehr viele assoziative Verbindungen.
Zu sehen ist eine schwarz weiß Aufmahme einer kaputten Straße, mit stark aufgerissenem Asphalt. 
Die eigenwillige Bildsprache des Regisseurs Thomas Heise zeichnet seine Werke aus. © Stefan Neuberger

Wer sich einen Überblick über das Werk des Regisseurs Thomas Heise verschaffen will, kann dessen Filme kostenlos auf dessen Vimeo-Seite abrufen oder sie in der Mediathek der Bundeszentrale für Politische Bildung finden.

(gem)
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