Documenta-Streit

Radikal und kompromisslos

Der Schriftzug "documenta" auf einer Fensterscheibe des documenta-Archivs in Kassel.
Diese documenta ist bei der Kritik durchgefallen. © picture alliance / Uwe Zucchi/dpa
Von Claudia Wheeler · 14.09.2017
Niemand möchte verantwortlich sein. Und dabei waren vor allem die Macher unverantwortlich. Ein Fehler darf aber in all dem Trubel nicht gemacht werden: Das finanzielle Debakel und die künstlerische Qualität in einen Topf zu werfen, kommentiert Claudia Wheeler.
Jetzt waschen sie ihre Hände also in Unschuld. Allen Verantwortlichen wäre klar gewesen, dass die Doppeldocumenta das vorhandene Budget überschreiten würde, heißt es in einer Stellungnahme des künstlerischen Leiters und seinem kuratorischen Team. Das bedeutet: Auch den Machern war das klar, und trotzdem haben sie die Institution fast in die Insolvenz getrieben.
Das ist in höchstem Maße unverantwortlich. Und sich jetzt mit Sätzen rauszureden wie "es ist Zeit, das System der Wertschöpfung solcher Megaausstellungen (…) auf den Prüfstand zu stellen", ist wohlfeil.

Wirtschaftsunternehmen Documenta

Natürlich kann man Kunst nicht allein nach finanziellen Kriterien bemessen. Aber man kann auch nicht so tun, als würde Geld keine Rolle spielen. Die documenta ist auch ein Wirtschaftsunternehmen, mit einem begrenzten Budget. Dieses auszureizen und jetzt mit dem Finger auf andere zu zeigen, ist nicht die feine Art.
Und im gleichen Atemzug darauf hinzuweisen, dass man jetzt die Unabhängigkeit der documenta vor Vereinnahmung der Politik schützen müsse, zeigt, wie angeschlagen der künstlerische Leiter Adam Szymcyk ist. Denn diese documenta ist bei der Kritik durchgefallen. Sie wird fast schon mit Häme überschüttet. Sie wurde bereits zur "bestgehassten documenta" erklärt. Doch von Einmischung seitens der Politik kann wohl kaum die Rede sein.

Fair muss sein

Adam Szymcyk hat seine Idee durchgesetzt, radikal und kompromisslos. In der Stellungnahme steht, dass alle Verantwortlichen hinter dem Konzept gestanden hätten. Das künstlerische documenta-Team schlägt um sich, stellt sich aber vor die Geschäftsführerin Annette Kuhlenkampf, um sich dann zum Verteidiger einer unabhängigen Kunst aufzuschwingen.
Es klingt schon fast verzweifelt, wenn Szymcyk am Ende der Stellungnahme bittet, sich mit der freien und kritischen documenta solidarisch zu zeigen. "Freiheit, künstlerische oder andere Arten von Freiheit, ist etwas das wir erhalten müssen", heißt es. Dem kann man nicht widersprechen, aber darum geht es gar nicht. Es geht um die Frage, wie es zu einem Defizit von wahrscheinlich 7 Mio. Euro kommen konnte.
Man darf jetzt nicht den Fehler machen, das finanzielle Debakel und die künstlerische Qualität in einen Topf zu werfen. Über beides muss diskutiert werden, aber bitte getrennt. Soviel Fairness muss sein.
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