Dlf-Kultur-Produktion: Klavierwerke von Viktor Ullmann mit Annika Treutler

Zeitgeschichte in Klavierwerke eingraviert

103:05 Minuten
Die Pianistin sitzt am Flügel und schaut in die Ferne
Die Pianistin Annika Treutler durfte sich über eine große Resonanz ihrer neuen CD freuen. © Annika Treutler / Neda Navae
Moderation: Stefan Lang; Gast: Annika Treutler · 22.02.2020
Viktor Ullmann war Komponist, der als österreichischer Katholik geboren und als tschechischer Jude umgebracht wurde. Als ausgezeichneter Pianist hat er ein größeres Oeuvre für das Klavier hinterlassen - geprägt von den aufgewühlten Vibration seiner Zeit.
Besonders sind die Aufnahmen, die wir Ihnen in dieser Sendung vorstellen: technisch, kulturpolitisch, allgemein politisch und dann auch in der musikalischen Anlage. Es geht um Musik des Komponisten Viktor Ullmann.

Großangelegtes Aufnahmeprojekt

Das Klavierkonzert ist schon Ende des vergangenen Jahres vorgestellt worden. Das Werk wurde in einer 3D immersive Audio -Aufnahme eingespielt. Das ermöglicht, die Aufnahmen in unterschiedliche Hörräumen erlebbar zu machen: Wie klang das Werk in der Akustik der Prager Oper oder in dem Raum der Magdeburger Kaserne. Auch das Hören mitten aus dem Orchester heraus ist dadurch erfahrbar. Auch die Aufnahme in unterschiedlichen Auflösungen war ein besonderer Aspekt der Produktion.

Werdegang eines Musiktalentes

Viktor ging in Wien aufs Gymnasium, auf dem sein musikalisches Talent auffiel. Sein Vater war noch vor seiner Geburt vom jüdischen zum katholischen Glauben übergetreten. Damit konnte er eine militärische Laufbahn antreten, die sein Sohn direkt nach dem Schulabschluss weiterführte, in der er sich freiwillig für den Militärdienst meldete und kämpfe im ersten Weltkrieg an der italienischen Front. Zurück in Wien, wurde er in die Klasse von Arnold Schönberg aufgenommen.
Der Komponist lehnt sich an eine Hauswand.
Viele junge Komponisten wollten in die Klasse von Arnold Schönberg.© imago images / United Archives
Zuvor hatte er auch ein Jura-Studium begonnen. Beides brach er ab, um 1919 nach Prag zu gehen, um sich dort ausschließlich der Musik zu widmen. Sehr erfolgreich, denn er wurde Kapellmeister am Prager Neuen deutschen Theater und veröffentlichte seine ersten Kompositionen, die viel Aufmerksamkeit und auch Preise erhielten.

Inhaftierung

1942 aber wurde er nach Theresienstadt verbracht, wo er weiterhin komponierte. Er selbst vertrat sogar der Meinung, dass das Lagerleben ihn umso mehr antrieb, zu komponieren. Oktober 1944 wurde er nach Auschwitz-Birkenau transportiert. Dort starb er in den Gaskammern.

Blick in die Werke

Die dritte Klaviersonate und sein Klavierkonzert veröffentlichte Ullmann im Selbstverlag in Prag, die siebte Sonate entstand 1944 in Theresienstadt.
Mit der Pianistin Anne Treutler spricht Stefan Lang über Kompositionstechniken Ullmanns, den Einfluss Schönbergs und über hebräische Melodien.
Ullmanns siebte Klaviersonate zum Beispiel zeigt sich vorerst mit heiterem Grundton. Doch die fröhliche Stimmung kippt im 3. Satz. Der 5. Satz, das Finale, ist eine Variationsreihe, die in einer Fuge mündet. Thematisch nimmt er ein hebräisches Volkslied auf, das das tschechische Hussitenlied "Die ihr Gottes Streiter seid" streift und schließlich mit dem protestantischen Choral "Nun danket alle Gott!" endet.
Viktor Ullmann
Klaviersonate Nr. 3 op. 26b
Klavierkonzert op. 25
Klaviersonate Nr. 7
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