Disziplin der Deutschen in der Coronakrise

"Sich fügen, weil es nicht anders geht"

06:35 Minuten
Ein Schild mit der Aufschrift "Abstand halten" steht vor einem Marktstand auf einem Wochenmarkt.
Auch wenn es manchen schwerfällt. Die Deutschen sind meist diszipliniert. © picture alliance/Michael Reichel/dpa-Zentralbild/dpa
Margarete van Ackeren im Gespräch mit Nana Brink · 23.03.2020
Audio herunterladen
Disziplin ist angeblich eine Tugend der Deutschen. Doch wie strapazierfähig ist sie angesichts strenger Ausgeh- und Distanzregeln in der Coronakrise? Die Journalistin Margarete van Ackeren wagt einen vorsichtigen Blick in die Zukunft.
Wenig aufmüpfig, recht "gehorsam": So verhalten sich die Deutschen nach Beobachtung der Journalistin Margarete van Ackeren tendenziell, wenn der Staat etwas vorschreibt. Im Vergleich zu den Franzosen jedenfalls, die schon "wegen ziemlicher Kleinigkeiten" sehr schnell "auf die Barrikaden" gingen, müsste hierzulande "schon eher mehr kommen, damit die Leute wirklich aufmucken".
Die Journalistin Margarete van Ackeren
Die Journalistin Margarete van Ackeren© Hubert Burda Media
Allerdings gibt die Chefkorrespondentin für Focus Online zu bedenken:
"Solche Einschränkungen des persönlichen Lebens - die hatten wir ja alle nicht. Die hatten höchstens die, die schon den Zweiten Weltkrieg erlebt haben, aber alle anderen nicht. Das muss man dann mal sehen, weil wir auch insofern unsere Rechte wahrzunehmen sehr gewohnt sind."

Dünne Linie zwischen Aufmerksamkeit und Denunziantentum

Van Ackeren beobachtet derzeit eine dünne Linie zwischen Aufmerksamkeit und Denunziantentum: "Da lernt man die Leute auch im Kern kennen, ob sie sich denn wirklich so definieren, dass sie sagen, jetzt muss ich mal gucken, ob die anderen das richtig machen." Auf der anderen Seite der Waagschale liege aber die Gefährdung der Gesundheit eines 82-Millionen-Volkes. Da sei wohl ein "bisschen mehr Sozialkontrolle unvermeidlich".
Doch wie lange werden die Menschen diszipliniert sein? "Man wird es so lange aushalten, wie man es aushalten muss", meint van Ackeren. "Es wird dann zu immer mehr Exzessen kommen, zu Prozessen, die man nicht steuern kann." Eine kritische Grenze sei wahrscheinlich nach vier oder fünf Wochen erreicht. "Aber am Ende, wenn es nicht anders geht, werden sich alle fügen müssen."
(bth)

Das gesamte Gespräch mit Margarete van Ackeren hören Sie hier:

Audio Player

Mehr zum Thema