Dirigent Vasily Petrenko und RSB Berlin

Musik für offene Herzen

Ein junger Mann lächelt offenherzig in die Kamera, während er einen Dirigentenstab vor die Brust hält.
Vasily Petrenko lernte sein Handwerk bei Dirigentengrößen wie Mariss Jansons und Esa-Pekka Salonen. © Vasily Petrenko / Svetlana Tarlova
Moderation: Stefan Lang · 12.02.2021
Das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin präsentiert mit dem Gastdirigenten Vasily Petrenko zwei Werke seiner Heimat Russland: Tschaikowsky im optimistisch-mozartschem Stil und einen zugewandt-lyrischen Schostakowitsch, bei dem Tänzerisches aufblitzt.
Das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin kam für ein Radiokonzert zusammen, nach sieben Wochen Corona-Pause. Es begrüßte dabei den Gastdirigenten Vasily Petrenko. Seit seinem letzten Konzert vor fünf Jahren hat sich der charismatische Russe international mehr denn je in Szene setzen können, unter anderem als Chef in Liverpool, Oslo, London und Moskau. Seine Gastspieltermine sind folglich rar geworden.

Gruß von der Muse

In einem Brief vom November 1880 schreibt Peter Tschaikowsky an seine Freundin und Mäzenin Frau von Meck: "Stellen Sie sich vor, meine liebe Freundin, meine Muse ist mir in letzter Zeit so gnädig gewesen, dass ich sehr schnell zwei Werke komponiert habe, und zwar: erstens, einem Wunsch Nikolai Rubinsteins entsprechend, eine große feierliche Ouvertüre für die Eröffnung einer Ausstellung und zweitens eine Serenade für Streichorchester in vier Sätzen. Die Serenade komponierte ich aus innerem Antrieb. Sie ist vom Gefühl erwärmt und ist – wie ich hoffe – vom wirklichem künstlerischen Wert..."
Tschaikowsky orientierte sich im Gestus bei diesem Werk erneut an seinem Lieblingskomponisten, an Wolfgang Amadeus Mozart, dessen musikalische Leichtigkeit er sehr bewunderte.
Danach, so wünschte es sich der Dirigent Vasily Petrenko nach Rücksprache mit den Musikern, folgt die Orchesterversion des 4. Streichquartetts. Wie alle Kompositionen Schostakowitschs trägt dann auch diese die Spuren seiner Entstehungszeit.

Verschlossen, aber nicht vergessen

Schostakowitsch schrieb das vierte Streichquartett 1949, nachdem ihn 1948 das zweite Strafgericht der sowjetischen Politbürokratie getroffen hatte. Er ergriff in der sensibel ausgeformten Musik motivisch Partei für die Ausgegrenzten in seiner russischen Heimat – für die Juden – auch und gerade nach deren erst wenige Jahre zurückliegendem Genozid durch die deutschen Faschisten.
Das Streichquartett hatte keine Chance, aufgeführt zu werden, es verschwand in der Schublade, traf dort auf das Violinkonzert und die "Lieder aus jüdischer Volkspoesie". Erst nach Stalins Tod erklang es im Dezember 1953 zum ersten Mal öffentlich. Ein Werk, das voller lyrischer Momente ist, bei dem immer wieder Tänze der Heimat aufblitzen und einen heiteren Ton verbreiten.

Freund legt Hand an

Für den russisch-jüdischen Dirigenten Rudolf Barschai bildeten die Streichquartette von Dmitrij Schostakowitsch eine unversiegbare Quelle für tiefe musikalische und persönliche Wahrheiten. Mehrere dieser Werke bearbeitete er für kleines Orchester, nicht zuletzt, um sie mit seinem Moskauer Kammerorchester international aufführen zu können und sie damit zugleich einem größeren Publikum bekannt zu machen.
Schostakowitsch schätzte Barschais Arbeit und autorisierte zum Beispiel ausdrücklich dessen Bearbeitung des Streichquartettes Nr. 8 für Streichorchester, indem er es als op. 110a selbst in sein Werkverzeichnis aufnahm. Ähnlich bearbeitete Barschai 1990 das Streichquartett Nr. 4 im Jahr 1990, bei der er die Klangfarben der Bläser und der Trommel mit einbezog. Melancholische Momente blühen mit dem Spiel von Oboe und Englischhorn auf, Markantes wird durch den Einsatz der kleinen Trommel unterstrichen.
Aufzeichnung vom Nachmittag im Großen Sendesaal im Haus des Rundfunks Berlin
Peter Tschaikowsky
Serenade für Streichorchester C-Dur op. 48
Dmitrij Schostakowitsch
Kammersinfonie op. 83 a
nach dem Streichquartett Nr. 4, bearbeitet von Rudolf Barschai
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