Diplomatieoffensive von Facebook

Alles schön, alles rosa, alles wunderbar

Sheryl Sandberg, Geschäftsführerin von Facebook, spricht bei der Innovationskonferenz Digital-Life-Design (DLD) auf der Bühne.
Sheryl Sandberg, Geschäftsführerin von Facebook, bei der Innovationskonferenz Digital-Life-Design: Facebook kann Leben retten © Lino Mirgeler/dpa
Von Regina Steffens · 21.01.2019
Cambridge Analytica, Wahlmanipulation und Hasskommentare haben dem Image von Facebook massiv geschadet. Wohl auch deshalb ist Vize-Chefin Sheryl Sandberg in Deutschland auf Goodwill-Tour. Jetzt trat sie bei der Internetkonferenz DLD in München auf.
Als Sheryl Sandberg in schwarzen High Heels die Stufen zur Bühne hochsteigt, sind so viele Menschen im Saal, dass die Luft stickig ist.
Sheryl Sandberg: "So today I wanna ask one of the biggest questions we face: What kind of internet we want?"
Heute, sagt Sheryl Sandberg, wolle sie die wichtigste Frage stellen: Welches Internet wollen wir? Die Worte prangen hinter ihr auf einer riesigen roten Leinwand.
Sandberg trägt ein dunkelblaues, knielanges Businesskleid. Ihre rechte Hand hält eine kleine Fernbedienung fest, die linke nutzt sie für Bewegungen, die perfekt auf das abgestimmt sind, was sie sagt.
"At Facebook the last few years have been very difficult. We know we need to do better."

"Wir wollen uns ändern. Wirklich"

Für Facebook seien die letzten Jahren schwierig gewiesen, man müsse sich verbessern. Sie spricht in Demut vor den vielen hundert Menschen. Sie ist hier in München, um klar zu machen: Wir, also Facebook, wir wollen uns ändern. Wirklich.
Mehr Sicherheit, mehr Schutz vor Wahlmanipulation, weniger Fake Accounts und Falschinformationen, mehr Kontrolle der eigenen Daten für 1,6 Milliarden Nutzer. Das alles eingehüllt in Worte wie:
"Speaking for Mark, for myself and everybody we are more determined than ever to keep people safe (…). And we are more determined than ever to work with all of you to build a better and safer internet."
"Mark und ich und alle wollen mit euch zusammen ein besseres und sichereres Internet aufbauen."
Man sei offen gegenüber staatlicher Regulierung, wenn es denn die richtige Regulierung sei. Außerdem will Facebook 6,6 Millionen Euro in ein neues, unabhängiges Institut an der TU München investieren, um ethische Fragen rund um künstliche Intelligenz zu erforschen.

Wenig Emotionen auf der Bühne

Sandbergs Auftritt ist eine einstudierte Choreografie. Sie läuft die Bühne von links nach rechts, von rechts nach links ab, fokussiert das Publikum oder schaut kurz auf den Bildschirm auf dem Bühnenboden. Keine Ehhs, keine Aussetzer. Wenig Lachen, keine Wut, absolute Kontrolle über sich selbst.
"Everyday people use technologies to form communities. The last time I was in Germany I met Uwe who formed a father’s group on Facebook. The group has 25.000 members. A few months ago one of the dads needed a bone-marrow-transplant. But the donation bank had no matches. So people went on to that group here in Germany and encouraged each other to register as donors. A match was found and the father’s life was saved."
"Jeden Tag bilden Menschen Gemeinschaften über Technologie. Als ich das letzte mal in Deutschland war, habe ich Uwe getroffen. Er hat eine Facebook-Gruppe für Väter gegründet mit 25.000 Mitgliedern. Ein Vater brauchte eine Knochenmarktransplantation, aber es gab keinen Spender. Über die Gruppe wurden die Männer ermutigt, sich registrieren zu lassen und es wurde ein Spender gefunden."
Sheryl Sandberg, 49, Harvard-Absolventin, gilt als nahbar. Anders als Mark Zuckerberg. Seit Jahren macht sie sich für Frauenrechte und mehr Frauen in Chefpositionen stark. Nach dem plötzlichen Tod ihres Mannes 2015 verarbeitet sie den Verlust mit einem Buch.
Nahbar will sie auch Facebook präsentieren, als einen Börsenkonzern, der Leben rettet.

Was für ein Internet wollen wir?

"I started today by asking: What kind of Internet do we want? That answer depends on what we believe in, what kind of world we believe in."
Was für ein Internet wollen wir, fragt Sandberg erneut. Das hänge davon ab, woran wir glauben. Und "wir" heißt eigentlich Facebook, Mark Zuckerberg und sie. An eine Welt, in der Menschen sich über Ländergrenzen hinweg verbinden, in der jeder ohne viel Geld ein Unternehmen gründen und seine Stimme erheben kann.
Die meisten Zuschauer bleiben skeptisch.
"Ich fand es war sehr amerikanisch vorgetragen, im Stil einer Märchentante, alles ist schön, alles ist rosa, alles ist wunderbar. Ich weiß nicht, was davon wirklich innere Überzeugung ist von Facebook."
"Persönliche Erfahrungen hat sie ja leider nicht reingebracht."
"Ich fand sie überzuckert, nicht authentisch und eine reine Verkaufsveranstaltung. Sheryl erinnerte mich ein bisschen an Kaa, die Schlange aus dem Dschungelbuch, die "vertraue mir" summt und singt und einen gleichzeitig hintenrum einwickelt."
Es scheint, als habe Facebook noch einen weiten Weg vor sich, um das Vertrauen der Nutzer zurückzugewinnen.
Sheryl Sandberg tritt nach 20 Minuten von der Bühne. Fragen kann das Publikum keine stellen.
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