Die wahre Art, Hölderlin zu vergegenwärtigen

Der Dichter und die Neue Musik

56:10 Minuten
Gedenktafel mit Porträt Hölderlins.
Ein Denkmal in Lauffen erinnert an die Geburt Hölderlins in der Gemeinde. © imago images / Panthermedia / Kiefer
Von Florian Neuner · 24.03.2020
Seit der Uraufführung von Luigi Nonos Streichquartett"Fragmente – Stille, An Diotima" 1980 ist Hölderlin in der Gegenwartsmusik allgegenwärtig. Wie kommt es, dass ein 1770 geborener Dichter so viele zeitgenössische Komponisten beschäftigt?
Dabei hatte die Dichtung Friedrich Hölderlins die Komponisten des 19. Jahrhunderts kaum anzuregen vermocht. Einzig das 1868-71 entstandene "Schicksalslied" von Johannes Brahms bildet eine prominente Ausnahme. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts änderte sich das allerdings vollkommen: Bruno Maderna schrieb eine "Hyperion"-Oper, kaum ein bekannter Komponist hat sich nicht in der einen oder anderen Weise mit Hölderlin befasst: Die Liste umfasst Juan Allende-Blin, Friedhelm Döhl, Heinz Holliger, György Kurtág, Rolf Riehm und Hans Zender, um nur einige zu nennen.

Kult des Fragmentarischen

Luigi Nonos Streichquartett löste schließlich einen regelrechten Hölderlin-Boom aus. Kein Autor des 20. Jahrhunderts wird so oft vertont wie der Dichter, der die letzten 36 Jahre seines Lebens im berühmten Tübinger Turm zubrachte. Einmal ist es diese Biographie, die bei heute anregend wirkt, aber auch die "Modernität" seiner Texte, die durch die Frankfurter Hölderlin-Ausgabe noch unterstrichen wird, die auch Fragmente, Varianten und Vorstufen präsentiert. Viele Komponisten haben sich gerade auf diese Texte gestürzt. Dazu kommt das Faszinosum des "politischen" Hölderlin, der die Französische Revolution emphatisch begrüßt hatte. Nicolaus A. Huber musste einem Stück für Kontrabass und Klavier 1992 gar den Titel "Ohne Hölderlin" geben.
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