Die Violinsonate von Francis Poulenc

"Ein Herz in der Finsternis"

Der Komponist Francis Poulenc
Engagiert und elegant: Der Komponist Francis Poulenc (1899-1963) © Deutschlandradio / Archiv
Moderation: Volker Hagedorn · 11.08.2019
Erinnerung an einen Verfemten: Francis Poulencs Violinsonate erklang 1943 im besetzten Paris in memoriam Federico Garcia Lorca. Ein persönliches Bekenntnis, ein Schlüsselwerk der Zeit, das nichts von seiner Aktualität verloren hat.
So viel Aufbruch war nie: Die Violinsonate, die Francis Poulenc im Frühjahr 1943 fertigschrieb, beginnt mit zwei Takten, als würde etwas zerfetzt. Ein Geigentremolo rast nach oben, in Sechzehnteln, und nach drei wie im Zickzack gezupften Achteln stürzt die Geige in ein Thema, getrieben und treibend, in dem noch ein ganz anderes Thema steckt.

Hier geht es zur Playlist der Sendung.

Diese Sendung von Volker Hagedorn begibt sich auf die Spur einer so unterschätzten wie geheimnisvollen Musik. Komponiert und uraufgeführt wurde die Sonate im von der deutschen Wehrmacht besetzten Frankreich des Jahres 1943.

Requiem für einen Dichter

Gewidmet ist das Werk dem Dichter Federico Garcia Lorca, einem Opfer der spanischen Faschisten – und schon ohne diesen Kontext ist die Sonate ein spannendes Stück. Offenbar findet das auch eine wachsende Zahl von Musikern: Vereinzelten früheren Aufnahmen mit den Geigern Josef Suk oder Yehudi Menuhin stehen allein schon zehn aus dem 21. Jahrhundert gegenüber.
Federico Garcia Lorca war in den 1930er Jahren der berühmteste spanischsprachige Autor Europas, er verkörperte das liberale Spanien, das Francos Faschisten mit aller Macht verhindern wollten. Zudem war er homosexuell. Am 19. August 1936 wurde er in der Nähe von Granada erschossen. Sein Leichnam wurde anonym verscharrt.

Unerschrockenes Konzert

An diesen Mann im Jahre 1943 zu erinnern mit einer Musik, die in der Salle Gaveau gerade einmal 800 Meter entfernt von der Propagandastaffel der Nationalsozialisten an der Avenue des Champs-Elysées erklang: das war ziemlich unerschrocken. Der Komponist Francis Poulenc saß damals selbst am Klavier und begleitete die 23-jährige Ginette Neveu. Aus der Taufe hoben die beiden ein Werk, dessen Furor, Zerrissenheit, Melancholie und Esprit auch heute noch unmittelbar wirkt.
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