Die USA als neue Ordnungsmacht im pazifischen Raum

Von Georg Gruber · 01.09.2005
Das Ende des Zweiten Weltkrieges vor 60 Jahren bedeutete auch in Asien eine historische Zäsur. Vor dem Krieg hatten die europäischen Kolonialmächte noch weite Teile Asiens beherrscht, im Krieg folgten die Japaner - und nach dem Krieg traten die USA als neue Ordnungsmacht im pazifischen Raum auf.
Empress of China – so hieß das erste amerikanische Handelschiff, das 1784 die asiatisch-pazifische Region ansteuerte, auf der Suche nach neuen Märkten. Im 19. Jahrhundert gewannen die Vereinigten Staaten an Einfluss im Pazifik, wurden nach dem Sieg über Spanien 1899 sogar Kolonialmacht über die Philippinen. Aber – die großen Kolonialmächte in Asien waren europäische Staaten: Frankreich, Großbritannien, die Niederlande. Im Zweiten Weltkrieg wurden sie von Japan überrannt – und am Ende waren es die USA, die die japanische Expansion in Asien stoppten.

14. August 1945, ein amerikanischer Sender meldet die Kapitulation Japans.

"This, ladies and gentlemen, is the end of the second world war. "

Die amerikanische Öffentlichkeit erwartete nun die Rückkehr der Soldaten und ein Ende des internationalen Engagements der USA. Der Kongress kürzte die Militärausgaben, gegen den Willen des Präsidenten Harry S. Truman.

Truman 12. März: "I believe that it must be the policy of the United States to support free peoples who are resisting attempted subjugation by armed minorities or by outside pressures. "

Diese Rede vom März 1947 ging als Truman-Doktrin in die Geschichte ein, die Geburtsstunde der Containment-Politik, mit der die USA der Ausbreitung des Kommunismus entgegen traten. Die Strategie der Eindämmung blieb aber vorerst auf den europäischen Kontinent beschränkt: Im chinesischen Bürgerkrieg konnte sich Mao durchsetzen, ohne dass die USA ernsthaft versuchten, dies zu verhindern.

25. Juni 1950: Der Korea-Krieg war ein Wendepunkt der Nachkriegsgeschichte. Dabei resultierte er aus einem Missverständnis: die Kommunisten hatten nicht damit gerechnet, dass die Vereinigten Staaten eingreifen würden, nachdem führende Militärs noch kurz vorher die amerikanische Interessenssphäre ganz anders abgesteckt hatten, unter Ausschluss Koreas:

General Douglas MacArthur März 1949: ""Unsere Verteidigungslinie verläuft durch die der Küste Asiens vorgelagerte Kette von Inseln. Sie beginnt bei den Philippinen, verläuft durch das Riukiu-Archipel und dessen Hauptinsel Okinawa und schlägt dann den Bogen von Japan über die Aleuten bis nach Alaska. "

Als Reaktion auf die kommunistische Aggression errichteten die USA ein Bündnissystem: 1951 den ANZUS-Pakt mit Australien und Neuseeland, 1954 SEATO, die Southeast Asia Treaty Organization: mit Australien, Neuseeland, Philippinen, Thailand, Pakistan, Großbritannien und Frankreich. SEATO blieb ohne Bedeutung, die USA setzten vor allem auf bilaterale Abkommen, wichtigste militärische Stützpunkte wurden Japan, Südkorea und die Philippinen.

Auszug aus einem Jahresrückblick 1954: "Abschluss der Genfer Asien-Konferenz. 22.07.1954: Der Krieg in Vietnam, Laos und Kambodscha ist beendet, Vietnam wird geteilt. "

1954 mussten sich die Franzosen aus Indochina zurückziehen, sie hatten versucht, ihre alte Kolonialherrschaft aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg wieder zu errichten, doch die Niederlage bei Dien Bien Puh beendete ihre kolonialen Träume. Auch die Briten versuchten an die koloniale Vorkriegszeit anzuknüpfen – ebenso erfolglos. Indiens Weg in die Unabhängigkeit war nicht zu stoppen. An die Stelle der alten Kolonialmächte rückten die USA als neue Ordnungsmacht im Kalten Krieg. "Freedom and democracy" versprachen die Amerikaner –aber sie unterstützten auch autoritäre Regime wie in Südvietnam, solange sie als antikommunistische Vorposten dienen konnten.

Kissinger: "Ich halte es für höchstwahrscheinlich, dass wenn die USA in Südvietnam eine Niederlage erleiden, dass Thailand, Laos und Kambodscha und Malaysia in eine kommunistische neutralistische Richtung rutschen werden. "

Henry Kissinger, der Sicherheitsberater von Präsident Nixon. Auch er konnte die Niederlage der USA in Vietnam nicht verhindern. Eine Verschiebung der Kräfteverhältnisse kündigte sich an. Als Supermacht im pazifischen Raum haben die USA ihren Zenit überschritten. Immer noch bilden sie die stärkste Macht im Pazifik, doch der Wirtschaftsboom in den asiatischen Staaten hat den regionalen Einfluss einer Reihe von Staaten erheblich verstärkt. Vor allem China ist infolge seiner Wirtschaftsreformen inzwischen auf dem Sprung zur Großmacht.