"Die UNO ist praktisch im Eimer"

05.02.2011
Jean Ziegler, Mitglied des beratenden Ausschusses des UN-Menschenrechtsrates, hat die westlichen Staaten wegen ihrer Zurückhaltung gegenüber den Entwicklungen in Ägypten scharf kritisiert.
Der Westen, der eigentlich die Menschenrechte erfunden habe, sei heute wegen seiner "Doppelzüngigkeit total unglaubwürdig" und produziere Hass, sagte der schweizerische Autor ("Hass auf den Westen") im Deutschlandradio Kultur. Eine moralische Vorherrschaft des Westens werde mittlerweile radikal zurückgewiesen: "Und deshalb ist die multilaterale Diplomatie und damit auch die UNO praktisch im Eimer."

Schwere Vorwürfe erhob Ziegler gegen US-Präsident Obama. Dieser habe vor zwei Jahren eine sehr gute und kluge Rede in Kairo gehalten, in der er neue Beziehungen zwischen Amerika und der arabischen Welt angekündigt habe: "Und zwei Jahre später ist das Volk auf der Straße, verlangt die Realisierung eben haargenau der Werte, die Obama angekündigt hat, und was passiert? Obama sagt nichts." Es gebe von Obama kein Wort über den "absolut nötigen Sturz dieser Diktatur" und keine Verurteilung der Folterherrschaft.

Von dem an diesem Wochenende beginnenden Weltsozialforum erwartet Ziegler unterstützende Aktionen für die Demokratiebewegung in Ägypten. Dort gebe es viele Männer und Frauen mit eigener Kampferfahrung gegen den "Raubtierkapitalismus" in der Welt: "Da wird sicher eine Aktion beschlossen werden." Er gehe davon aus, dass in jedem Fall die Gewerkschafts- und die Bauernbewegung Ägyptens unterstützt werde.

Das vollständige Interview mit Jean Ziegler können Sie bis zum 5. Juli 2011 in unserem Audio-on-Demand als MP3-Audio nachhören.