Die Super-Frauen

08.12.2009
In neun Kapiteln erfahren die Leser durch Grafiken, Diagramme und erläuternde Texte, welche Lebenseinstellung junge Frauen zwischen 17 und 30 Jahren heute haben. Die Zahlen zeichnen ein klares Bild: Gut ausgebildet wollen und können sie alles.
Dieses schmale Bändchen "Frauen auf dem Sprung" von Jutta Allmendinger liest sich wie ein Bericht zur Lage der Nation. Selbstbewusst und kraftvoll wie niemals zuvor wird uns eine Frauengeneration präsentiert. Sie gibt sich nicht mehr mit dem zweiten Platz in der Gesellschaft zufrieden.

In neun Kapiteln erfahren wir durch Grafiken, Diagramme und erläuternde Texte, welche Lebenseinstellung junge Frauen zwischen 17 und 30 Jahren heute haben: Die Zahlen zeichnen ein klares Bild: Gut ausgebildet wollen und können diese Frauen alles. 99 Prozent von ihnen sagen, ich bin gut, in dem was ich mache. Aufgefordert, die eigene Position mit der in einem Handballteam zu beschreiben, identifizieren sich zwei von drei Frauen mit den Angreiferinnen vor dem Tor und ein Drittel von ihnen sieht sich perspektivisch im Chefsessel, mit Partner und Kindern natürlich. Ein Jahr nach der Geburt des ersten Kindes wollen über 50 Prozent wieder ihr eigenes Geld verdienen. Nur noch sieben Prozent der Frauen wünschen sich einen Ernährer an der Seite.

Für die Analyse wurden über 1.000 Frauen zwischen 17 und 19 und 27 bis 29 Jahren zweimal befragt und zum Vergleich wurde eine Gruppe von Männern zum Interview eingeladen. Die Studie aus dem Jahr 2007 hatte die Frauen in großer Entschlossenheit gezeigt. Gerade deshalb suchte das Wissenschaftlerteam um Jutta Allmendinger diese Frauen im Frühjahr dieses Jahres erneut auf. Sie wollten wissen, wie sich deren Haltung ändert, wenn das erste Kind da ist und die Frauen sich im Job bewähren müssen. Die Ergebnisse sind erstaunlich.

Die Frauen registrieren, dass sie geringer bezahlt und weniger gefördert werden. Doch ihre Bereitschaft zurückzustecken, nimmt deutlich ab. Sie bleiben dabei: Sie wollen an die Spitze und sie wollen Kinder. Wegen der Arbeit auf Kinder zu verzichten kommt ihnen kaum noch in den Sinn. Lieber warten sie nicht auf den idealen Partner. Die Männer wiederum können zwar spürbar mit Anerkennung rechnen, wenn sie die zweimonatige Elternzeit mit ihrem Kind nehmen. Dennoch: Für ein Kind stecken sie nicht zurück. Statt weniger arbeiten die Männer mehr und noch immer erwartet mehr als die Hälfte von ihnen, mehr Geld als eine Frau zu verdienen. Während die Frauen selbstständiger werden, bleiben die Männer erschreckend traditionell. Was die Frauen aber nicht abhält, auf Veränderungen zu dringen: Bei mehr als einem Drittel der befragten Frauen wächst das Interesse an aktiver Politikgestaltung.

Das Buch ist eine soziologische Studie, vollgepackt mit Zahlen. Zu einer spannenden Lektüre wird es, weil man durch diese Fakten und Tendenzen ein Gespür für die Kraftpunkte und Widersprüche dieser jungen Generation und damit die Bruchstellen unserer Gesellschaft bekommt. So halten sich jungen Paare bis heute durch stereotype Vorstellung über das jeweils andere Geschlecht in ihren Rollen gefangen. Frauen wünschen sich zwar einen Mann, der Zeit für die Familie hat, denken selbst aber, für Männer sei Geld, Karriere und Sex das wichtigste. Die Männer wiederum erwarten von den Frauen, Familienarbeit zu leisten. Dabei zeigt die Befragung in Sachen Familienbande, dass gerade Mütter dann als liebende Vertrauensperson wahrgenommen wurden, wenn sie auch in der frühen Kindheit der Befragten berufstätig waren.

Die Generation zwischen 20 und 30 Jahren ist nun angetreten, diese Mütter zu überflügeln. Das Buch "Frauen auf dem Sprung" ermutigt nicht nur die jungen Frauen auf ihrem Weg. Es zeigt auch, wie dringend Politik und der Wirtschaft dafür unterstützende Rahmenbedingungen schaffen muss, um sie nicht auszubremsen.

Besprochen von Barbara Leitner

Jutta Allmendinger: Frauen auf dem Sprung. Wie junge Frauen heute leben wollen. Die Brigitte-Studie.
Pantheon Verlag, München 2009
112 Seiten, 12,95 Euro