"Die Standesbeamtin"

28.10.2009
Bei der schweizerischen Standesbeamtin Rahel bricht das Gefühlschaos aus, als ihr Jugendfreund wieder in der Stadt auftaucht und eine andere heiraten will.
Schweiz 2008, Regie: Micha Lewinsky, Darsteller: Marie Leuenberger, Dominique Jann, Oriana Schrage, Beat Marti, 94 Minuten, ab 12 Jahre

Diese romantische Komödie aus der Schweiz kann das in Hollywood längst zur platten Banalität im Hochglanzformat verkommene Genre auf charmante und glaubwürdige Art wieder beleben. Eine kleine Überraschung und eine angenehme Auflockerung unseres im Moment von der Päpstin so besetzten Kinospielplanes!

Erzählt wird die Geschichte von Rahel Hubli und Ben Hofer. Ihre Jugendliebe, fordert auf unerwartete Weise wieder ihr Recht, als der inzwischen arrivierte Schlagersänger mit seiner Braut, einer Berliner Schauspielerin, wieder mal in seine Heimatstadt kommt. Spontan wird beschlossen, die anstehende Hochzeit hier zu feiern und sich von der Standesbeamtin Rahel trauen zu lassen.

Die patente Frau ist in ihrer Funktion so etwas wie die Gemeindeschwester, nur für die Seelen der Bewohner einer malerischen Kleinstadt, die sich jetzt geehrt fühlt, die Promi-Hochzeit auszurichten. So jedenfalls verlange es ihr Dienststellenleiter. Mit vollem Einsatz soll sie die umfassenden Feierlichkeiten organisieren, was Rahel wenig begeistert. Die salbungsvollen Worte der Zeremonie gehen ihr schon lange nicht mehr leicht von der Zunge. Ihre eigene, durch eine frühe Schwangerschaft zustande gekommene Ehe, ist am Ende. Ihr Mann betrügt sie, was Rahel mit schönem, selbstverständlichem Zorn pariert. Nun soll sie auch noch den Mann verheiraten, mit dem sie die Jugend und die Musik verbindet, denn sie haben früher gemeinsam in einer Band gespielt.

Ein beliebtes Motiv romantischer Komödien, die Flucht vor dem Altar, wird hier auf originelle Weise variiert und auch bis zur letzten Szene offen gehalten, wiewohl der Zuschauer natürlich weiß, dass es letztlich ein Happy End gibt. Aber dazwischen liegen köstlich komische Szenen, die durchaus realistisch in Schweizerischen Provinzalltag eingebettet sind. Dafür ist das uns nahezu unverständliche Schweizer Deutsch unverzichtbar. Dankenswerterweise gibt es dafür Untertitel und manchen Lacher, wenn man den Dialog dann entziffern kann.

Für die Wirkung des Filmes sind vor allem die glaubwürdigen Charaktere wichtig. Wie der zu Ruhm und Geld gekommene Ben (Dominique Jann) durch die Begegnung mit Rahel langsam wieder zu sich findet und Rahel die Rockerbraut in sich wieder entdeckt, ist eine schöne Liebesgeschichte, für die auch das aufgedrehte Berliner Schauspielmädel Tinka Panzer (Oriana Schrage) nicht zur Superzicke degradiert werden muss. Hier läuft alles eine Spur leiser und feiner ab, als wir es aus dem Hollywood-Starzirkus kennen.

Regisseur Micha Lewinsky bekennt sich freimütig zu Filmen wie "Vier Hochzeiten und ein Todesfall" oder "Notting Hill" und hat dafür mit Marie Leuenberger als Rahel eine Idealbesetzung gefunden. Die in Berlin geborene, solide gebaute Schauspielerin mit etwas zu großer Nase und ganz natürlichem Temperament ist über die Theater von München, Basel und Stuttgart ans Hamburger Schauspielhaus gekommen. In ihrem Kinodebüt empfiehlt sie sich so nachdrücklich für die große Leinwand, beim Filmfestival in Montréal wurde sie dafür als Beste Darstellerin ausgezeichnet.

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