Die Sprachschaukel in meinem Kopf

Von Rilo Chmielorz · 24.06.2011
Als ich acht war, betrat ich zum ersten Mal spanischen Boden. Ich roch Pinien, meine Lippen schmeckten salzig. Man aß anderes zu anderen Zeiten. Und die Sprache: Ihr Klang verzauberte mich. Mit zehn befreundete ich mich in Köln mit zwei spanischen Kindern. Ich half ihnen beim Deutschen, und sie brachten mir jeden Tag etwas aus ihrer Sprache bei.
Eines der ersten Verben, das ich lernte, war: "columpiar", schaukeln. Seitdem habe ich nie mehr aufgehört, zwischen dem Deutschen und dem Spanischen hin und her zu schaukeln.

"In zwei Sprachen zu leben, gleichzeitig oder in einer ständigen Pendelbewegung, kommt einem Übersetzen ohne Ende gleich", schreibt die Sprachwissenschaftlerin Anna Mitgutsch, "als verbrächte man das Leben auf einer Schaukel und Aufgabe sei es, das Gleichgewicht auf dieser Schaukel zu halten, eine Harmonie zu erreichen, die nicht gelingen kann, denn es gibt keinen neutralen Ort, kein Noch-nicht-dort aber Nicht-mehr-da."


Regie: Rilo Chmielorz
SWR/DLF 2011