Die Serie "Downton Abbey" als Kinofilm

Zum Popcorn etwas Rule Britannia-Nostalgie

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Die adlige Gesellschaft beim Dinner, der Hausherr hält eine Festrede.
Versammelt beim großen Festdinner zu Ehren von König und Königin (eine Szene aus dem Film "Downton Abbey"). © Universal Pictures Germany GmbH
Von Friedbert Meurer · 19.09.2019
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Verherrlichender Nationalismus oder harmloses Adelsdrama? Vor dem Erscheinen des Films "Downton Abbey" streiten Kritiker über die Bedeutung des Films und seiner Charaktere. Denn sein Drehbuchautor Julian Fellowes ist erklärter Brexit-Fan.
Julian Fellowes ist der Sohn eines britischen Diplomaten und vielleicht legt er auch deshalb Wert auf Etikette. Einer Moderatorin in den USA erklärte er einmal nur halb belustigt, wie man ihn als Mitglied des "House of Lords" korrekt anreden soll – jedenfalls nicht mit "Mister". Er wolle entweder mit Lord Fellowes oder Julian Fellowes angesprochen werden.
Lord Fellowes bzw. Julian Fellowes wurde in Kairo geboren, besuchte mehrere Privatschulen und studierte Englische Literatur an der Universität Cambridge. Danach ging er an eine Schauspielschule. Fellowes war als Schauspieler durchaus erfolgreich, dann landete er als Drehbuch-Autor mit der Adelsserie "Downton Abbey" den Erfolg seines Lebens.
"Die Figuren der Serie spielten eine zentrale Rolle in meinem Leben und sie sind Teil meines Denkens geworden. Dieser Kinofilm jetzt ist sozusagen das Schmankerl, um das Ganze zu beenden."

Der König zu Besuch in Downton Abbey

Im Kinoflm besuchen der britische König George V. und seine Frau das Anwesen Downton Abbey. Die Köchin, downstairs, weiß, was auf das Dienstpersonal zukommt. "Ein königliches Mittagessen, eine Parade und ein Dinner am Abend, da muss ich mich erst einmal hinsetzen."
Nach dem ersten Schock werden die Gläser geputzt und das Besteck hergerichtet, es gibt viel zu tun. Für die Zuschauer in den britischen Kinos seien das hingegen zwei Stunden, in denen sie einmal vom Brexit abschalten können, meint Julian Fellowes auf der Pressekonferenz in London.
Abschalten und in eine andere Welt entfliehen – manche sehen das nicht so harmlos. Die Zeitung "Independent" wirft Fellowes nicht nur Eskapismus, sondern pure Brexit-Propaganda vor. Der Film sei eine Hommage an die angeblich "guten alten" britischen Zeiten.

Fellowes sind die Bürokraten in Brüssel suspekt

Fellowes daraufhin: "Jemand im Fernsehen in den USA hat gesagt, die schreckliche Ungerechtigkeit der Serie liege darin, dass ich die Oberschicht als sympathisch porträtiere. Wissen Sie, das ist doch Unsinn!"
Für den Kulturforscher Malory Nye von der Universität Glasgow aber beschwört die Serie sehr wohl britische Nostalgie. Nye versteigt sich sogar zu dem Urteil, "Downton Abbey" sei "nationalistischer Soft-Porno."
Julian Fellowes ist selbst für den Brexit. Nicht die Aristokraten sind ihm suspekt, sondern die Bürokraten – und zwar vor allem die der EU. "Diese Leute wie Jean-Claude Juncker wurden nicht gewählt. Wir können nichts tun, um sie loszuwerden. Dieses Regierungssystem gehört ins 18. Jahrhundert. Das ist Maria Theresa von Österreich und nicht etwas aus dem 21. Jahrhundert."

Der Film spielt zu Beginn des 20. Jahrhunderts

Die jungen Adligen in "Downton Abbey" kommen hingegen allmählich im 20. Jahrhundert an. "Ich beginne morgen als Anwalt in Ripon. Aber ich werde ja am Wochenende Zeit haben, mich um unser Anwesen zu kümmern."
"Was ist ein Wochenende?", fragt ahnungslos die Gräfin. Mit dem Begriff kann die nicht-arbeitende Aristokratie wenig anfangen. In Downton Abbey zählen vor allem Landbesitz und Titel – das habe sich in Großbritannien bis heute nicht geändert, lästern die Kritiker.
Andererseits ergeht es einem vielleicht mit "Downton Abbey" wie mit der "Last Night of the Proms". Seit dem Brexit wirken die vielen Fahnen und die "Rule Britannia"-Gesänge in der Royal Albert Hall etwas weniger harmlos als früher. Lord Fellowes beteuert hingegen, er sei zwar gegen die EU, fühle sich aber den Europäern verbunden:
"Die EU wurde aus dem Bedürfnis heraus gegründet, einen neuen Weltkrieg zu verhindern. Aber sie ist inzwischen zu sehr im Alten verhaftet. Warum sollen wir in etwas bleiben, das unvernünftig und unbefriedigend ist?"

Fellowes sieht sich als Modernisierer

Julian Fellowes sieht sich selbst als Modernisierer und keineswegs als rückwärtsgewandten Engländer. Dass er nur Brite und nicht EU-Bürger sein will, das würde auf Downton Abbey die schrullige Lady Grantham mit ihrem schwarzen Humor wohl so verteidigen:
"Kein Engländer denkt auch nur im Traum daran, in einem fremden Haus zu sterben, das ihm nicht gehört. Und schon gar nicht bei jemandem, den er nicht einmal kennt."
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