Die Qual nach der Wahl

Von Barbara Roth, Almuth Knigge und Anke Petermann · 11.04.2008
Es geht um nicht weniger als die Regierungsmacht. Gleich in drei Bundesländern musste oder muss heftig darum gerungen werden, wer mit wem die Amtsgeschäfte führen kann.
Nach den Wahlen hat sich in Bayern, Hamburg und Hessen einiges geändert. In Hessen amtiert nun ein geschäftsführender Ministerpräsident, den die Opposition vor sich her treiben will. In Bayern ist nach der Kommunalwahl, die die "Familie" CSU arg gerupft hat, vor der Landtagswahl. Und in Hamburg verhandeln die Grünen mit der CDU und auch mit der eigenen Basis. Die Qual nach der Wahl - eine Bestandsaufnahme.

Bayern nach der Wahl
Von Barbara Roth

Die Freien Wähler haben Kraft getankt, die SPD gibt sich gewiß, die CSU redet laut Parteichef Huber "hemmungslos gut übereinander" - nach der Kommunalwahl, vor der Landtagswahl. Die Tage dazwischen können noch lang, also ereignisreich bleiben - Rauchen im Bierzelt hat nicht mehr das Wahlgewicht wie Stimmeneinbruch, Mitglieder-Unzufriedenheit, Landesbankkrise, Transrapid-Aus, Führungsschwäche. Der Ministerpräsident und der Parteichef erklären einiges für ausgestanden und beendet, doch noch hat es sich offenbar nicht überall herum gesprochen.

Reporter: "Herr Vorsitzender, schauen Sie noch mal rum zu uns, bitte. Wer hat denn die Krawatte ausgesucht?"

Erwin Huber: "Wie immer, meine Frau natürlich. Warum?"

Eine Szene am vergangenen Wochenende in Wildbad-Kreuth. Etwas irritiert schaute CSU-Chef Erwin Huber an sich runter. Ob das Muster auf seiner Krawatte Tränen sind, musste sich der Parteivorsitzende fragen lassen. Und wer denn sein Friseur ist.

Reporter: "Was ist der von Beruf gewesen?"

Alles Weitere ging im Gelächter unter. Mit der Autorität des CSU-Vorsitzenden ist es nicht weit her, wenn er sich für Krawatte und Frisur verantworten muss. Auch in der eigenen CSU-Landtagsfraktion. "Wer den Auftritt vermasselt, sollte dabei wenigstens gut aussehen", maulte der frühere bayerische Justizminister Alfred Sauter in einer Sitzung. Das Erscheinungsbild des Spitzenduos sei katastrophal, nicht nur politisch - schimpfte Sauter und spricht vielen Parteifreunden aus der Seele. CSU-Kundgebung vergangene Woche im Bierzelt: Die Stimmung an der Basis ist mies.

CSU-Anhänger: "Sie geben beide eine Jammerfigur ab." - "Dieses Gegackere zwischen den beiden, ein Mal sagt der eine Hüh, dann sagt der andere Hott, das ist eine Katastrophe. Als CSU-Mann schämt man sich fast." - "Ein reines Chaos, weil die Politik total daneben ist. Die sind nicht fähig. Die sind Auslaufmodelle, Beckstein und Huber. Weil sie sehen, dass ihnen die Wähler davon laufen. Ich glaube nicht mehr, dass sie die 50-Prozent-Hürde übersteigen."

Denn seit Wochen stolpern Huber und Beckstein von Pleite zu Pleite. Und die Pannen häufen sich: Bei der bayerischen Kommunalwahl das schlechteste Ergebnis seit 1966, danach das Hin und Her beim Rauchverbot; das Vor und Zurück bei der Pendlerpauschale, das Aus für den Transrapid und dann noch die Milliardenpleite bei der bayerischen Landesbank. Letztere hat ein Nachspiel. In einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss sitzt Parteichef Huber in seiner Funktion als Finanzminister auf der Anklagebank.

Huber: "Nirgends ist etwas perfekt und vollkommen, aber eines ist auch klar: Das Tandem Beckstein und Huber ist eng zusammen, da gibt es keine Meinungsverschiedenheiten. Wir werden ein gutes Beispiel an Führung geben im Miteinander, aber auch in den Sachaussagen."

In Wahrheit aber ist ihre Abstimmung untereinander grottenschlecht. Beckstein plapperte unbekümmert Milliardenverluste bei der BayernLB aus, während Huber im Osterurlaub weilte. Der Parteivorsitzende sprach nach der Kommunalwahl vom Erfolg der CSU, der Ministerpräsident von einem Schuss vor den Bug. Beckstein gefällt sich als fürsorglicher Landesvater. Der CSU-Chef wird in Berlin nicht ernst genommen und schlimmer noch: nicht gefürchtet.

Günther Beckstein: "Jedes böse Wort über Erwin Huber schmerzt mich wie wenn es gegen mich geht."

Doch es hagelt Kritik aus den eigenen Reihen: Bedeutungsverlust in Berlin, kein eigenes Profil, keine Visionen für die Zukunft Bayerns. Seit einem halben Jahr im Amt, ist das Tandem noch immer nicht im Tritt. Bei der CSU macht sich Angst breit. Angst vor der Landtagswahl in fünf Monaten. Die Regierungspartei muss um ihre absolute Mehrheit fürchten, die ihr im Freistaat seit 1962 als von Gott gegeben scheint. Die Nervosität ist groß. Und selbst die Bürger spüren: die CSU ist nicht mehr unangreifbar. Krisenstimmung. Krisensitzungen. Doch Landtagsfraktionchef Georg Schmid wiegelte ab.

Schmid: "Wir müssen wie in einer großen Familie die Personalthemen, die Sachthemen, alles was kritisch und strittig ist, miteinander diskutieren."

Was Schmid verschweigt, aber Abgeordnete erzählen: Er soll den Fraktionsmitgliedern gedroht haben, ihnen den Kopf abzureißen und zwischen die Beine zu legen, wenn die Kritik an Huber und Beckstein kein Ende nimmt. Schmid dementierte heftig, er soll aber vor Horst Seehofer gewarnt haben. Und das zieht in der Münchner Landtagsfraktion noch. Denn hier sträuben sich alle Nackenhaare gegen einen Parteivorsitzenden Seehofer.

Horst Seehofer: "Nett und gut sein - das ist die Losung."

Gab Horst Seehofer bei der Vorstandsklausur in Wildbad-Kreuth zu Protokoll und lächelte, als könne er kein Wässerchen trüben. Dabei ist er seinem Traum, doch noch CSU-Vorsitzender zu werden, näher denn je. Nach der Kommunalwahl warf er dem Führungstandem Perspektivlosigkeit vor. Intern äußerte sich auch der Ehrenvorsitzende Edmund Stoiber in tiefer Sorge um das Erscheinungsbild seiner CSU; sein Ex-Generalsekretär Markus Söder tat es offen in einer Zeitung. Putschgerüchte machten die Runde.

Seehofer: "Raus aus den Putschgeschichten. Man traut ja manchmal seinen Augen und Ohren nicht, manchmal glaube ich, ich brauche eine Brille, wenn ich das lese, was angeblich alles geplant ist. Die Geschichte wiederholt sich nicht."

Denn Seehofer muss nur warten können - bis zur Landtagswahl am 28. September. Jüngste Umfragen sehen die CSU bei nur noch 50 Prozent der Stimmen - am Wahlabend wäre diese Zahl eine Katastrophe. "Dann werden manche die Messer wieder aus ihren Stiefeln holen", lässt sich ein Präsidiumsmitglied zitieren. Keine fünf Minuten nach Schließung der Wahllokale wäre das Führungstandem seine Ämter los.

Huber: "Wir stellen die Sacharbeit in den Mittelpunkt. Wir machen eine klare Kursbestimmung der CSU bis Mitte des nächsten Jahrzehnts. Damit beweisen wir Handlungsfähigkeit, Mannschaftsgeist, Miteinander und Gestaltungsfähigkeit. Wir sind ja keine Chaostruppe wie die SPD."

Parteichef Erwin Huber beschwor die legendäre Geschlossenheit der CSU. Letztendlich aber war es die Angst vor dem Putsch nach dem Putsch, die ihm den Job rettete. Ein zweites Kreuth wie 2007, als Edmund Stoiber stürzte, durfte es nicht geben. Die Zeit der Selbstbeschäftigung ist vorbei, rief Huber die Seinen zur Ordnung. Querschüsse will er sich nicht mehr bieten lassen. Er will jetzt maßregeln.

Huber: "Dass wir nicht mehr zulassen und wenn es sein muss auch öffentlich reagieren, wenn Äußerungen kommen, die nicht für die Partei von Vorteil sind."

Drinnen im Tagungskeller hat Huber sein Machtwort wiederholt. Und keiner im Parteivorstand hat ihm widersprochen. Bis September, bis zur Wahl?


Hessen nach der Wahl
Von Anke Petermann

Eine bessere Debattenkultur gelobten sich die Parteien in Wiesbaden. Sie taten es bei der Eröffnung des umgebauten Hessischen Landtages. Es ging noch nicht um den Haushalt. Eine "neue Sanftheit" machte die "Süddeutsche Zeitung" aus. Und zu der gehören die für manchen Beobachter noch etwas ungewohnten diversen Charme-Offensiven des geschäftsführenden Ministerpräsidenten. Wer gestern noch manchen Tiefschlag wegstecken musste, wird heute mit lächelnder Hand begrüßt - vor allem wenn er GRÜN ist. Vielleicht wollen, können die Grünen doch mit den Schwarzen und den Gelben? Momentan offenbar noch nicht, denn die Opposition will zunächst die geschäftsführende Landesregierung vor sich her treiben. Mitte dieser Woche berichtigte die Nachrichtenagentur AP ihre Meldung. "Schwarz-Gelb käme auf 50 Prozent". Nun, ob aus den drei Oppositionsparteien SPD, Grüne und Linke auch eine haltbare Dreieinigkeit wird, dies ist so offen wie manch anderes.

Schon zum kommenden Wintersemester wollen Rote und Grüne die allgemeinen Studiengebühren von 500 Euro pro Semester abschaffen, ebenso die Gebühren für Langzeitstudierende und fürs Zweitstudium. Die Einnahmeausfälle sollen den Hochschulen aus Mitteln des Landeshaushalts erstattet werden. Das ist Kern des gemeinsamen Gesetzentwurfs, den Rote und Grüne auf der ersten Arbeitssitzung des Parlaments auf den Weg brachten. Michael Siebel, hochschulpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion:

"Wir wollen damit erreichen, dass wieder alle Einkommensschichten Zugang zu den hessischen Hochschulen haben, denn unser Credo heißt, dass wir mehr Studierende brauchen und nicht weniger. Es war absehbar in den letzten Monaten der CDU-Regierung, dass die Studierendenzahlen zurück gegangen sind, wir wollen diese Entwicklung wieder umkehren, weil wir das den Studierenden gegenüber als Verpflichtung ansehen, aber auch gegenüber dem Standort Hessen. Wir müssen in die Köpfe investieren, und das wollen wir mit diesem Gesetz realisieren."

Sozialdemokraten und Grüne hoffen, dass der Landtag das Gesetz noch vor der Sommerpause verabschiedet. Sie loben den konstruktiven Beistand des Finanzministers von der CDU beim Stricken der Gegenfinanzierung. Doch die Liberalen sehen Rot-Grün auf finanzpolitischer Geisterfahrt, und die Christdemokraten rechnen im Landtag vor, wie die Wohltat für den akademischen Nachwuchs Hessen langfristig in den Ruin treibt. Axel Wintermeyer, parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Fraktion, moniert:

"Letztlich wird der Steuerzahler dafür zahlen müssen, dass in Zukunft Langzeitstudenten, die bisher Studienbeiträge in erheblichem Maße zahlen mussten an hessischen Hochschulen, wieder hier kostenfrei studieren und kostenfrei auch übrigens mit dem Öffentlichen Personen-Nahverkehr durch Hessen fahren. Wir hätten uns gewünscht, dass die demokratischen Parteien hier im Hessischen Landtag eine entsprechende Vereinbarung getroffen hätten, die vielleicht in Richtung dessen gelaufen wäre, was in Hamburg beschlossen wurde zwischen CDU und Grünen, nämlich nachgelagerte Studiengebühren. Das heißt, dass also die Studenten, nachdem sie das Studium beendet haben, entsprechende Studiengebühren zahlen müssen, wenn sie entsprechendes Einkommen haben. Das wäre ein guter Weg."

Flirt mit den Grünen, das ist mittlerweile in Hessen an der Tagesordnung. Roland Koch liebäugelt heftig mit Jamaika, also einem schwarz-gelb-grünen Bündnis. Damit will er sich mittelfristig eine Regierungsmehrheit sichern und der wenig glanzvollen provisorischen "Geschäftsführung" entkommen. Doch die Grünen zeigen keine Neigung, sich becircen zu lassen. Allerdings auch nicht von der neu ins Parlament eingezogenen Linken. Die hätte bei den Studiengebühren gern noch drauf gesattelt und auch bereits gezahlte Beträge rückerstattet. Zustimmen will sie dem rot-grünen Entwurf trotzdem - auch wenn er ihr nicht weit genug geht.

Willi van Ooyen: "Wir werden jeden Schritt, wofür es eine Mehrheit in die richtige Richtung gibt, tragen."

So Linken-Fraktionschef Willi van Ooyen. Von der geschäftsführenden Regierung Koch erwartet die linke Mehrheit im Landtag, dass sie den Parlamentsbeschluss umsetzt, auch wenn die CDU ihn für hochschulpolitisch falsch hält. Er werde keine verfassungsgemäßen Gesetze blockieren, hatte der Ministerpräsident bereits angekündigt.

Roland Koch: "Nur man muss natürlich schauen, es muss am Ende ja Politik aus einer gewissen Einheit bestehen. Zum Beispiel im Finanziellen. Man kann nicht jeden Tag irgendetwas beschließen, was Geld kostet, ohne dass man weiß, wie man das im Haushalt bezahlt. Darum wird das Ringen in Wahrheit am Ende stattfinden."

230 Millionen Euro jährlich koste der Wiedereintritt Hessens in die Tarifgemeinschaft der Länder, warnt Roland Koch, mehr als doppelt so viel wie die Abschaffung der Studiengebühren, das gefährde die Haushaltskonsolidierung. Andere Länder leisteten es sich auch, die Gehälter von Landesbediensteten nicht nach Gutsherrenart festzusetzen, kontert SPD-Innenexperte Günther Rudolph:

"14 Bundesländer sind in der sogenannten Tarifgemeinschaft der Länder, dort handeln die Arbeitgeber, die öffentlichen Hände, mit den Gewerkschaften Tarifverträge aus, Einkommenssteigerungen, Arbeitszeit. Das ist vernünftig, Hessen ist ausgetreten, das ist unsolidarisch. Hessens Mitarbeiter in den Verwaltungen haben einen Anspruch, an den Einkommenserhöhungen teilzunehmen und sollen nicht abgekoppelt werden von den Bedingungen in anderen Bundesländern."

Und deshalb forderte die linke Mehrheit die geschäftsführende Landesregierung auf, in die Tarifgemeinschaft zurückzukehren. Anders als die Abschaffung der Studiengebühren wird das aber nicht per Parlaments-, sondern per Kabinettsbeschluss besiegelt. Dass sich die geschäftsführende Regierung Koch Beschlüsse aufzwingen lässt, ist jedoch zu bezweifeln.

Weil das Ringen einer linken Parlamentsmehrheit mit einer rechten Regierung so zäh ist, schließt SPD-Oppositionsführerin Andrea Ypsilanti nicht aus, dass sie irgendwann doch noch einen neuen Anlauf nimmt, sich mit den Stimmen der Linken zur Chefin einer rot-grünen Minderheitsregierung wählen zu lassen. Wann das ist, will sie nicht sagen:

Ypsilanti: "Ich habe keine Kristallkugel, in die ich schauen kann."

Roland Koch scheint zu hoffen, dass er der SPD-Frontfrau zuvorkommen kann. Sein Koffer für die Reise nach Jamaika ist gepackt, die FDP scharrt schon mit den Hufen. Nur der grüne Mitreisende, der mag nicht so richtig - man kennt Roland Koch.


Hamburg nach der Wahl
Von Almuth Knigge

Sie verhandeln und manchmal sagen sie auch etwas. Ole von Beust, CDU, und Christa Götsch, Grüne, treffen sich seit ein paar Tagen öffentlich und sprechen nicht-öffentlich über etwas, was die CDU bislang nicht so richtig im Visier hatte: die Macht mit den Grünen zu teilen. Das wäre in Hamburg neu, die Machtteilung nicht. Ole von Beust teilte die Macht schon mit der FDP, mit Schill … Er hat sie beide überlebt. Nun also mit den Grünen?

Im Hamburger Hotel Grand Elysee, in dass die CDU immer zu den Koalitionsverhandlungen einlädt, gibt es ein neues Dessert - giftgrüne Apfelcreme mit schwarzer Schokoladenblüte. Wenn es nach dem Willen von Ole von Beust geht, die Farbenlehre der Zukunft - zumindest in den nächsten Jahren.

Beust: "Ich glaube, bei allen Themen, über die spekuliert wird, ist sowohl eine Einigung gewollt als auch eine Einigung möglich."

Tag eins der Verhandlungen, vorsichtiges Annähern zwischen beiden Seiten. Noch vor kurzem hatten sich die Positionen im Wahlkampf quasi unvereinbar gegenüber gestanden. Die CDU will ein Kohlekraftwerk und die Elbvertiefung, die Grünen wollen das nicht. Und Kröten schlucken will keiner - auch die Grüne-Spitzenkandidatin Christa Götsch nicht.

Götsch: "Also die Kröten tragen wir ja über die Straße, das wissen sie ja und insofern schlucken wir keine Kröten."

Tag zwei der Verhandlungen. Die CDU will die Schulstruktur beibehalten, die Grünen wollen neun Jahre gemeinsames Lernen. Die CDU will eine wachsende Stadt, die Grünen eine soziale, die Grünen wollen eine Stadtbahn - die CDU von Landeschef Michael Freytag eine Autobahn.

Freytag: "Die Chemie stimmt. Und das ist eine sehr wichtige Voraussetzung, wenn man es wirklich will auch schwierige Themenstellungen zu einem guten Ergebnis zu führen."

Man einigt sich, man sagt es nur nicht - es will nichts über die heiklen Punkte aus der Verhandlungskommission nach außen dringen. Das ändert sich auch nicht - an Tag Vier der Verhandlungen, Proteste zu Beginn. Christa Götsch bekommt einen selbstgebastelten, großen goldenen Steigbügel überreicht.

Demonstrant: "Sie sollen nicht zur Steigbügelhalterin für Ole von Beust werden. Der goldene Steigbügel soll sie ermahnen, dass sie gebührenfreie Bildung in Kita, Schule und Hochschule durchsetzen."

Tag fünf der Verhandlungen.

Beust: "Wir wollen kurz berichten über das, was wir berichten wollen, über das berichtenswerte Ergebnis."

Ein Ergebnis zum Beispiel - die Studiengebühren werden zwar nicht abgeschafft aber nachgelagert. Ein grüner Erfolg? Schulterzucken in den Geschäftsstellen und in der Bürgerschaftsfraktion. Hier wird aufgeräumt. Das Wahlkampfmaterial wird entsorgt. Irgendein Zeichen, ein Hinweis?

Eva Botzenhart: "Aus unserer uninformierten Sicht? Also es ist tatsächlich so, dass wir hier auch als Mitarbeiter und Fachreferenten nichts erfahren."

Ein wenig Verwunderung herrscht an der Basis schon über die Prima-Klima-Beinahe-Koalition.

Umfrage: "Also jahrelang, jahrzehntelang ist das der Hauptfeind gewesen, gegen den man agiert hat. Und plötzlich soll man koalieren - da gibt's schon auch sehr große Bedenken." - "Wenn man dann wirklich konkrete innenpolitische, justizpolitische Entscheidungen treffen muss und einfach weiß, die gehen von einem ganz anderen Menschenbild aus als wir, dann kann es da, glaub ich, schon zu Streitigkeiten kommen." - "Man hat schon so ein bisschen Bauchschmerzen sich in das Bett von Ronald Schill zu legen, aber prinzipiell, was bei den Sondierungsgesprächen so verkündet wurde, war das natürlich auch ganz interessant zu sehen, wie sich die CDU bewegt und dass man da eventuell den grünsten Koalitionsvertrag, den man je hatte, rauskriegen könnte, wenn man vernünftig verhandelt."

Woche vier - Tag neun - Ein Ende scheint in Sicht.

Beust: "Wir sind in diesen wichtigen Punkten einige Schritte voran gekommen, aber noch nicht in allen abschließend."

In zwei Wochen soll die Mitgliederversammlung der Grünen über den Koalitionsvertrag abstimmen. Es herrscht großer Diskussionsbedarf. Verhandeln die eigenen Leute hart genug? Auf gleicher Augenhöhe? Und welchen Einfluss nimmt die Parteispitze in Berlin? Die Vorsitzende der Grünen Jugend, Linda Heitmann, drückt auf die Euphoriebremse

Heitmann: "Also ich war jetzt auf dem Länderrat in Berlin am Wochenende und man muss sagen, die Stimmung war so harmonisch, das fand ich schon fast wieder ein bisschen bedenklich. Alle haben sie Hamburg gefeiert fast schon, ich frag mich, wenn es hier jetzt schief geht, schlagen sie dann plötzlich alle auf uns ein? Ich glaube, da muss man auch immer ein bisschen vorsichtig sein."

Denn letztendlich geht es ums Geld. Was kann von den Projekten, die die Grünen der CDU vermeintlich abgetrotzt haben, auch umgesetzt werden? Vor allem steht der "Finanzierungsvorbehalt" - die Basis, wie Jan Hampe, bleibt extrem skeptisch.

Hampe: "Das schwankt auch nach Tagesform bei mir. Also ich seh mich noch nicht zustimmen bisher. Ich hab den Verhandlungen zugestimmt, weil ich natürlich neugierig bin, was geht. Und bin auch manchmal überrascht, wenn man schon so hört, was gehen kann."

Tag zehn - die Beinahe-Erlösung.

Beust: "Ich kann sie trösten. Nach unserer Vereinbarung, wie wir sie jetzt zeitlich schließen, ist nächsten Donnerstag das Grauen des Wartens vorbei und es kommt alles auf den Tisch."

Und abgerechnet wird danach.

Umfrage Grünen-Basis: "Kann klappen, kann auch scheitern." - "Ich bin in meiner Entscheidung, die ich da treffen werde, noch völlig offen. Das liegt aber weniger daran, dass ich unserer Verhandlungskommission nicht trauen würde, ich weiß allerdingsnicht, in wie weit man sich auf den potentiellen Partner verlassen kann." - "Irgendwie bei mir ist im Bauchgefühl immer noch, dass die CDU … finde ich nicht so gut."

Und Ole von Beust? Als Erster Bürgermeister hat er schon so manchen Juniorpartner an seiner Seite überlebt. FDP, Schill …