Die Mutter aller Actionfilme

Vorgestellt von Hans-Ulrich Pönack · 27.06.2007
Auch im vierten Teil von "Stirb langsam" lässt es Bruce Willis als Cop John McLane reichlich krachen. Diesmal geht es gegen fiese Cyber-Terroristen, die die Sicherheit Amerikas bedrohen. "Glück im Spiel" hingegen langweilt durch endlose Poker-Einstellungen und dünne Schauspielbemühungen.
"Stirb langsam 4.0"
USA 2007. Regie: Len Wiseman. Darsteller: Bruce Willis, Justin Long, Timothy Olyphant, Cliff Curtis, Maggie Q, Mary Elizabeth Winstead u.a.

Natürlich zunächst den bereits (ausnahmsweise) am Mittwoch bei uns anlaufenden neuen Action-Streifen "Stirb langsam 4.0" von Len Wiseman. Originaltitel: "Live Free or Die Hard". Wiseman, 34, ist ein Newcomer im Hollywood-Business, dessen Karriere in den Ausstattungsteams verschiedener Filme wie "Men in Black" und "Independence Day" begann. Später drehte er vorwiegend Musik-Videos und Werbespots.

Sein Leinwand-Debüt gab er 2003 mit dem düsteren Action-Fantasy-Horror-Trash-Movie "Underworld". 2006 folgte die Fortsetzung "Underworld: Evolution". Der deutsche Titel "...4.0" signalisiert: Es geht hier um Technik/Computer/Systeme/Programme, um all die vielen technischen "Neuerungen" in unserem aktuellen globalen Zusammenleben, ohne die nichts mehr geht.

Zunächst aber zurück zu den Wurzeln der Film-Reihe: "Stirb langsam", das sehr erfolgreiche Original, stammt von 1988. Der New Yorker Polizist John McClane, gespielt vom damals 33-jährigen Bruce Willis, muss an Heiligabend in einem Bürohochhaus in L.A. allein gegen eine Überzahl von Terroristen kämpfen, die an den gut gefüllten Tresor wollen und die Weihnachtsfeier-Angestellten als Geisel nehmen.

Die Fortsetzung kam 1990 heraus: "Stirb langsam 2". Hier darf McLane auf dem Washingtoner Flughafen am Weihnachtsabend im Alleingang die Karre aus dem Dreck ziehen, nachdem Terroristen einen "anreisenden" südamerikanischen Diktator (Franco Nero) befreien wollen.

1995 schließlich erreichte "Stirb langsam - Jetzt erst recht" bzw. auch "Stirb langsam 3" die Kinos. McClane, beruflich wie privat auf dem Tiefpunkt angekommen, wird von einem irren Terroristen (Jeremy Irons als der deutsche Bruder des Bösewichts aus Teil 1/Alan Rickman), zusammen mit seinem unfreiwilligen Partner Samuel L. Jackson als Zeus Garver auf eine makabre "Schnitzeljagd" durch New York City gescheucht, währenddessen die Goldreserven der Zentralbank geplündert werden sollen.

Und nun, 2007, Bruce Willis ist inzwischen 52, der vierte Action-Spaß mit dem unverwüstlichen, inzwischen in Washington arbeitenden John McClane. Und dem erneuten Über-Motto: "Wenn es der falsche Ort ist, ist er immer der richtige Mann". McClane, inzwischen geschieden und Vater einer hübschen Teenie-Tochter namens Lucy (Mary Elizabeth Winstero, eine Cousine der legendären Ava Gardner) trifft es wieder einmal knüppeldick. Eigentlich will er nur einen Hacker-Verdächtigen zum FBI-Verhör abholen, doch kaum angekommen, beginnt das Feuerwerk. Stichwort: Der virtuelle, der Cyber-Terrorismus. Technisch bestens bewanderte wie ausgerüstete Computer-Terroristen bereiten einen Tag vor dem Unabhängigkeitstag Anschläge auf das sensible Netzwerk der USA vor, wollen die gesamte Infrastruktur des Landes zum Erliegen bringen: Kommunikation, Transportwesen, Stromversorgung, Sicherheit, Schutz sowie die Wirtschaft und Börse. Sie wollen aber auch zugleich bzw. währenddessen "Zeugen" beseitigen. Deshalb auch eingangs die Attacken auf den Hacker-Bubi Matt Ferrell (Justin Long), den McClane abholen wollte.

Thomas Gabriel (gespielt von Timothy Olyphant, neulich in der Flop-Komödie "Lieben und lassen") heißt der smarte Oberschurke, intellektuell brillant, skrupellos bis zum Geht-Nicht-Mehr, ein genialer Denker wie Lenker und Organisator. Der sich mit übelsten Profi-Killern "ausgestattet" hat und mit allem rechnet bzw. gerechnet hat, nur eben nicht mit diesem Spezi von "aussterbendem Sheriff" bzw. "analogen" Handarbeiter: John McClane. Und wenn der erstmal RICHTIG "in Fahrt" kommt...

Es ist die Mutter aller Actionfilme: Clever erdacht, klasse ausgeführt, prima gespielt. Weil: 2007. McClane muss jetzt einen "Assi" an seiner Seite haben. Der quasi mit dem Computer "lebt", ihn aus dem eff eff beherrscht, mit dem hochkarätig umzugehen weiß. Matt ist so eine unscheinbare Spitzen-Hacker-Type. Während McClane ihn andauernd vor den Kugeln der Verfolger schützt, kann der ihm technisch nützen.

Wie dann diese Jagd-Show inszeniert ist, das ist schon absolute Spitze. Außerordentlich spannend, mit unglaublich guten, rasanten, phantasievollen Bewegungs-Ideen, Einfällen von Motiven und Stunt-Krachern. Derweil Bruce Willis genau die richtige (spitzzüngig-ironische) Tonart und überzeugende Körpersprache findet, um das alles hier nicht dämlich-blöd-dumpf erscheinen zu lassen. Im Gegenteil: Im höchsten Grade eine charismatisch-aufregend-irre Führungs-Genre-Figur. Es macht fortwährend Spaß, ihm hier zuzusehen.

"Stirb langsam 4.0" ist eine Action-Oper der Superlative und besitzt so etwas wie einen unruhig machenden Realitätshauch: Wie weit ist der Action-Knaller eigentlich wirklich von der Wirklichkeit entfernt? Der neue Terrorismus als virtuelle Bedrohung - eine pure Fiktion? Die Errungenschaften unserer Zeit kehren sich gegen die Macher, sind zugleich ihr Untergang: Wenn inzwischen alles computergesteuert ist, genügt da im Grunde nicht - vereinfacht gedacht - ein simpler Mausklick eines Spezi-Irren, um die Welt zu zerstören? Alles nur pure Fiktion von phantasievollen, "überkandidelten" Drehbuch-Autoren (hier, exzellent: Mark Bomback sowie David Marconi/Story)?

Ein toller Unterhaltungsfilm mit einer weiteren "Generations-Pointe". Während der junge Matt gerne neuzeitliche Punk-/Rap-Töne bevorzugt, legt ihm McClane im Auto - während einer kurzen Pause - CCR auf: den Klassiker "Fortunate Son" von "Creedence Clearwater Revival". Was ist denn das, fragt die Cyber-Milchschnitte entsetzt.

Ach so ja, und weil bekanntlich inzwischen ja auch Frauen es gerne gleichtun und ebenfalls mächtig draufzuhauen verstehen, wenn belieben, darf sich hier auch die attraktive wie fiese Helfershelferin Maggie Q. ("Mission Impossible III") als Mai in Sachen Böse Woman mächtig-kräftig austoben und sich fein-"handgerecht" (wenngleich natürlich schließlich vergeblich) auch mit McClane anlegen. Auch so ein schönes, schwarzhumoriges Emanzipations-Bonbon-Motiv...

"Glück im Spiel"
USA 2005. Regie: Curtis Hanson. Darsteller: Eric Bana, Drew Barrymore, Robert Duvall, Debra Messing, Robert Downey Jr. u.a.

"GLÜCK IM SPIEL" von Curtis Hanson, einem intelligenten "Hochkaräter" in Hollywood ("L.A. Confidential", einem der meistprämierten Filme vom Jahrgang 1997; "Die Wonder Boys" mit Michael Douglas und Tobey Maguire/"Oscar" für Bob Dylan-Song; "In den Schuhen meiner Schwester" mit Cameron Diaz/Toni Collette; "8 Miles" mit Eminem).

Hier blickt er auf die (inzwischen "salonfähige") Pokerwelt von Las Vegas. Stellt einen hundegesichtigen Burschen namens Huck Cheever vor, dessen finanzielles Auf und Ab aber ebenso wenig doll interessiert wie sein Palaver mit seinem Über-Vater/dem Profi-Spieler-King-Dad L.C., der die Familie (natürlich) vor Jahren verließ, was (natürlich) unverheilte seelische Narben hinterließ.

Dazu gibt es einen Versuch an einer Love-Story-Romanze zwischen dem einsilbigen jungen Poker-Bubi und dem Provinzgirl Billie, die hier Karriere als Sängerin machen möchte. Poker-Szenen ohne Ende, langweilig (= jedenfalls für mich als Nicht-Kenner bzw. -Spieler); die zwischenmenschlichen "Pausen" zwischen Sohn und Dad und zwischen unreifem Boy und nett-naivem Mädchen ebenso.

Ein belanglos-blasser, weil emotional wirkungsloser Unterhaltungsversuch, mit "dünnen" Schauspielbemühungen: Player Eric Bana ("München") sieht so aus, als möchte er lieber an die Leine genommen werden, so traurig liest es sich in seinem Poker-Face; "Oscar"-Preisträger Robert Duvall ("Tender Mercies - Comeback der Liebe"; neulich großartig neben Kevin Costner in "Open Range - Weites Land") wirkt unterfordert, sagt seine Sätze routiniert auf und bewegt sich körpersprachlich "wie gehabt", während Drew Barrymore ("3 Engel für Charlie") mal wieder mit Null-Ausstrahlung mitmischt. Eine läppische Spiel-Show. Vergleiche mit Klassiker wie "Cincinatti Kid" oder "Haie der Großstadt" und "Die Farbe des Geldes" verbieten sich vehement.
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