Die Königin von Berlin

Von Vera Block · 23.06.2011
Es ist ihre erste Oper: Am Wochenende wird die Sängerin und Performance-Künstlerin Moon Suk ihre eigene, ganz eigenwillige Version von Giacomo Puccinis Oper "Madama Butterfly" in Homburg uraufführen. Moon Suk schreibt auch Gedichte oder schauspielert, zum Beispiel im ARD-"Tatort".
"Stellen sie sich vor – sie warten auf ihren Liebsten drei Jahre lang – wie viel Briefe hätten sie geschrieben?"

Moon Suk schaut aufgewühlt. Sie verschränkt die Finger ineinander. Atmet tief ein.

"Butterfly schreibt an Pinkerton - soll ich danken für mein Leid? Zum Beispiel…" (lacht)

Madama Butterfly– die verschämte Geisha Cho Cho San, die sich erdolcht, bevor der ehemalige Geliebte ihr das Kind wegnimmt. Die Oper begleitet Moon Suk seit vielen Jahren.

"Weil ich aus Korea komme, kann ich behaupten, dass ich viel besser verstehe diese Rolle als europäische Opernsängerin und von meiner Herkunft her und von meiner gewissen Entschlossenheit, was auch Butterfly hat."

Ihre Version des Puccini-Klassikers nennt Moon Suk "Letters of Butterfly". Und darin gibt es neue Texte zu weltberühmten Arien.

"Die Original-Butterfly kennt Poesie nicht. Aber Moon kennt Musik und Poesie."

"Heute komme ich zu Dir in Glück, durch Zeitwind… Weil, weil ich in Liebe bin. Und Und Du?"

Wie alt Moon Suk genau ist, sagt sie nicht. So um die vierzig. Sie hat in Seoul und Karlsruhe Operngesang studiert. Ein begehrtes Wagner-Stipendium ergattert, am Mozarteum in Salzburg unterrichtet. Liederabende und Konzertprogramme vorbereitet. Dann kam die erste Babypause. Und danach …? Die Wahl-Berlinerin erfand sich neu. Sie ging nach London und tourte ein Jahr lang als Lady Chaing in "Der König und ich" durch Großbritannien.

"Das habe ich nur gemacht, weil ich Englisch lernen wollte und ich bin keine Musicalsängerin. Ich habe so gelitten, ich bin nicht dafür geboren. Aber ich möchte nichts vermissen."

Jetzt lebt Moon Suk wieder in Berlin. Sie kleidet sich auffällig. Heute trägt die Künstlerin Blautöne – azurblaue Melone, himmelblaues T-Shirt, denimblaue Hose und türkisblaue Stiefel.

"Vor zehn Jahren, als ich nach Berlin kam, ich liebte alles was orange, rot, pink ist und wenn ich jetzt ab und zu rot, pink trage, das die Farbe von der Vergangenheit."

Bei öffentlichen Auftritten trägt Moon Suk gerne auffälligen Kopfschmuck – mal ein Federgesteck, mal eine Pagode mit Glöckchen oder auch mal einen Halbmond. Seit über zehn Jahren ist die Sängerin und Performance-Künstlerin die selbsternannte Königin von Berlin.

"Ich habe ja Monarchie gegründet, als ich zurückkam aus England, weil ich damals gehört habe, Berlin sei noch mehr Krise als davor. Und da habe ich gedacht, die Stadt braucht mehr Humor und dann habe ich gedacht, gut, die Königin von Berlin hält Hof mit Gesang und Gedichten."

Moon Suk schreibt Gedichte, schauspielert, tritt auch mal mit einer eigenen Rubrik im ZDF-Morgenmagazin auf. Sie selbst nennt sich "Ein Gesamtkunstwerk". Andere bezeichnen sie als "Paradiesvogel".

"Buddha sieht Buddhas, Schweinchen sieht Schweinchen. Wer mich als Paradiesvogel sehen will, soll so sehen, wer eine denkende Philosophin sehen will, soll sie sehen. Ich bin sehr flexibel." (lacht)

Moon Suk hat im Tatort gespielt, in diversen Serien. Sie war eine Chinesin, eine Japanerin, eine Thailänderin. Eine Köchin, eine Heiratsvermittlerin, eine Supermarktverkäuferin. Nun besinnt sie sich auf ihre Wurzeln. Sie wird wieder Opernsängerin.

16 Jahre, sagt Moon Suk, hat Madama Butterfly in ihr gereift. Jetzt präsentiert die Sängerin ihre stark zusammengestrichene Version der Oper. Nervös ist Moon Suk schon. Unsicher – nicht.

"Wenn ich an mir zweifeln würde, dann muss ich aufhören zu leben."

Homepage der Künstlerin Moon Suk