Die heilige Hölle der Vorstadt

Von Andreas Schäfer · 18.09.2012
Die amerikanische Vorstadt ist ein Sehnsuchtsort. Zurzeit wird sie in der Fernsehserie "Mad Men" wieder einmal nostalgisch in Szene gesetzt: Der Werbetexter Don Draper – gut aussehend, talentiert, aber innerlich vollkommen leer – zerstört in den 60er-Jahren in einem paradiesischen Vorort von New York systematisch seine perfekt eingerichtete Ehe.
Einer der literarischen Bezugspunkte von "Mad Men" ist das Werk des amerikanischen Schriftstellers John Cheever (1912 - 1982), das in Deutschland gerade ein kleines Revival erlebt. Romane wie "Die Lichter von Bullet Park" und Erzählbände wie "Der Schwimmer" werden neu übersetzt und von der Kritik begeistert aufgenommen. Cheever, der gern als "Tschechow der Vorstädte" bezeichnet wird, lotet in seinen Texten aus den 50er- und 60er-Jahren die Abgründe des amerikanischen way of life aus. Kleinfamilie und Karriere, die Heilsversprechen des Konsums einerseits, Rassismus, Neurosen und Doppelmoral andererseits: Niemand hat den Alltag in den Suburbs zwischen Bungalow, Pool und klirrenden Whiskeygläsern so hingebungsvoll beschrieben und zugleich so gründlich zertrümmert wie John Cheever.

Auch unter jüngeren deutschsprachigen Schriftstellern hat er darum nicht wenige bekennende Fans und Anhänger, zum Beispiel Gregor Hens oder Stefan Mühldorfer. Andreas Schäfer hat sich mit ihnen gemeinsam in Cheevers Welt der amerikanischen Vorstädte aufgemacht – auf der Suche nach einem Mythos, der seine Strahlkraft auch in Deutschland bis heute nicht verloren hat.

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