Die Grünen und Verbote

Gegen schädliches Verhalten helfen manchmal nur Regeln

06:45 Minuten
Grüne Luftballons mit der Aufschrift «Fahrrad» fliegen am 16. September 2016 in Berlin bei der Abschluss-Aktion der Grünen anlässlich der Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus vor dem Frankfurter Tor in die Luft.
Die Berliner Grünen ließen im September 2016 Luftballons steigen - jetzt hat sich in der Partei die Einsicht durchgesetzt, dass dadurch Vögel zu Schaden kommen können. © Picture Alliance / dpa / Monika Skolimowska
Stefan Kuzmany im Gespräch mit Axel Rahmlow · 12.09.2019
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Die Grünen in Niedersachsen wollen, dass bei öffentlichen Veranstaltungen nicht mehr massenhaft Luftballons in den Himmel steigen. Das befeuert erneut Vorwürfe, sie seien eine Verbotspartei. Der Journalist Stefan Kuzmany widerspricht.
Luftballons können für Vögel tödlich sein. Zumindest, wenn sie in die Luft steigen. Deswegen haben sich Niedersachsens Grüne nun dafür ausgesprochen, bei Veranstaltungen auf das massenweise Steigenlassen von Luftballons zu verzichten. Die Stadt Gütersloh praktiziert das bereits.

Positive Rhetorik statt Spaßbremsen

Empörung war der Landeschefin der Grünen in Niedersachsen, Anne Kura, sicher. Die Grünen seien Verbotspartei und Spaßbremse, hieß es wieder.
"Die Grünen haben es, seit sie Robert Habeck und Annalena Baerbock als Vorsitzende haben, eigentlich geschafft, von diesem Image wegzukommen und eher eine positive Rhetorik zu bedienen", sagt Stefan Kuzmany, Leiter des Ressorts Meinung und Debatte beim Spiegel.
Das habe man auch bei der Debatte um SUVs gesehen. Die Grünen wollten diese Autos nicht explizit in den Innenstädten verbieten, sondern die Nutzung durch eine Maut verteuern. Es sei klar, dass man – wenn man Umweltschutz ernst nehme – nicht um Regeländerungen herumkomme, sagt Kuzmany.

Strukturelle Regeln gegen Umweltzerstörung

"Das Problem bei Appellen an das Individuum ist, dass die meistens zu kurz greifen", so Kuzmany. Das könne jeder an sich selbst sehen – wenn man sich etwas vornehme, es aber dann doch nicht umsetze.
Darum müsse es "strukturelle Regelungen" geben, sagt Kuzmany, beispielsweise bei Plastiktüten. Es sei in einigen Fällen schon richtig, Dinge zu verbieten, die schlicht schädlich seien. So habe man gar nicht die Möglichkeit, falsches Verhalten an den Tag zu legen.
Zwischen Verbot und Freiwilligkeit würde es zudem noch die Option der höheren Bepreisung von umweltschädlichem Verhalten geben, meint Kuzmany. Weniger Menschen würden fliegen, wenn das Fliegen teurer wäre. Doch dann käme auch die soziale Frage mit ins Spiel, unterstreich Kuzmany – wenn beispielsweise die "kleinen Leute" nicht mehr in den verdienten Urlaub fliegen könnten.
(rzr)
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