Die Graslandschaften des südlichen Afrikas

26.12.2010
Der größte Feind der Savanne ist der Mensch. Mit ihrem liebevoll gestalteten Bildband "Die Savanne erwacht" möchten die Autoren dazu beitragen, dass die Graslandschaften des südlichen Afrikas auch morgen noch Heimat sein können für Mensch und Tier.
Tüpfelhyänen sind die dominierenden Raubtiere im Nationalpark. Mit ihren starken Kiefern knacken sie auch die dicksten Hüftknochen ihrer Beutetiere - daher ihr riesiger Kopf und der massige Hals voller Muskeln. Die vielen Knochen in der Nahrung färben die Ausscheidungen der Hyänen weiß.

Der Liuwa-Nationalpark in Sambia am Oberlauf des Sambesi-Flusses. Sandige Landschaften, offenes Grasland, Wasserläufe fernab jeder Zivilisation. In dem neuen Bildband "Die Savanne erwacht" porträtieren der Fotograf Lorenz Fischer und die Biologin Judith Burri die erstaunliche Tier- und Pflanzenwelt dieser Wildnis. Während die Tüpfel-Hyäne in "Brehm’s Tierleben" vor hundertfünfzig Jahren noch als hässlich und verschlagen beschimpft wurde, wissen die Autoren heute eine andere Geschichte zu erzählen:

Bei den Hyänen kümmert sich auch der Vater liebevoll um den Nachwuchs. Die Männchen sind allen Weibchen im Clan untergeordnet und gewinnen ihre Gunst nur durch sanftes und freundliches Verhalten. Hyänen kommunizieren über Gesten, Laute und Gerüche ständig miteinander und rufen mit ihrem Geheule die Clan-Mitglieder zusammen: zur Jagd, zum Mahl oder zur Verteidigung der Jungen.

In wunderschön leuchtenden, großformatigen Bildern ziehen sie über die Steppe: Pferdeantilopen mit ihren riesigen Ohren. Ein hungriger Löwenmann, im Blick pure Konzentration. Neben ihm das Weibchen, Nase und Lippen triefen vom Blut der erlegten Beute. Elegant stelzen zwei Kronenkraniche durch ein Meer gelber Blüten. Die rot-blau-glänzenden Bienenfresser mit ihren langen, krummen Schnäbeln drängen sich dicht an dicht vor selbst gebauten Lehm-Höhlen am Ufer des Flusses.

Im Oktober ist die Dürre in der Savanne kaum noch auszuhalten. Das Gras verliert jede Farbe. Der Rauch der Buschbrände macht den Tieren das Atmen schwer. Eindringlich beschreiben die Autoren diese schwere Zeit:

In den letzten abgestandenen Tümpeln kämpfen die Fische um ihr Leben. Krokodile machen sich über die leichte Beute her. Dicht gedrängt verteidigen die Nilpferde Wasserlöcher gegen Eindringlinge. Zwar türmen sich gegen Mittag Wolken auf - fallen am Abend aber wieder in sich zusammen.

Die detailreichen Fotos des Bildbandes zeigen, mit welchen Strategien die Tiere sich gegen das Verhungern und Verdursten wehren: In einer ausgetrockneten Lagune durchsucht eine Elefantenfamilie das Laub nach heruntergefallenen Früchten. Leuchtend weiße Schmetterlinge mit schwarz-gelb gemusterten Flügelrändern machen sich über den Dung von Nilpferden her. Hier finden sie lebenswichtige Flüssigkeit und Mineralsalze. Mächtige Büffel mit angriffsbereiten Hörnern bilden einen Ring um ihre durstigen Kälber. Und irgendwann kommt das erlösende Geräusch. In einer ebenso poetischen wie zurückgenommenen Sprache erzählen die Autoren davon:

Wetterwolken, Sturmwinde, Blitz und Donner wechseln mit strahlendem Sonnenschein und blauem Himmel. Bäume und Büsche tragen dichtes dunkelgrünes Laub, das Gras wächst hoch. Ein gelb grünes Chamäleon schreitet zögernd über die Straße. Das intensive Grün harmoniert mit den Blüten von Orchideen und Feuerlilien. Viele Bäume tragen Früchte.

In seiner Gliederung folgt der Bildband dem Rhythmus der Natur von der Dürre zu Regen - zur nächsten Dürre. Einzelne Tierarten werden in Extrakapiteln in den Vordergrund gezogen, und immer wissen die Autoren selten gehörte Details zu erzählen. Hin und wieder beschreiben sie auch ihre persönlichen Erlebnisse während der Recherche.

Kaum liegen wir im Schlafsack, streift knurrend ein großer dunkler Körper um unser Zelt und reibt sich an der Plane. Unsere Herzen schlagen schneller. Durch das Moskitonetz schaut der massive Kopf einer enormen Löwin. Obwohl sie ein wildes Raubtier ist, hat sie sich Menschen gegenüber noch nie aggressiv verhalten. Sie knurrt nicht, sie schnurrt wie eine Hauskatze, die einem um die Beine streicht.

Einsam sei die Katze, erzählen die Autoren. Seit vier Jahren lebt sie als einzige Löwin im Nationalpark. Alle anderen Löwen wurden erschossen - die lokale Bevölkerung fürchtete um ihr Vieh und Trophäenjäger gierten nach Fellen.

Und so landen die Autoren am Ende des Buches bei dem großen Problem der Savannen: dem Menschen. Nicht die einheimische Bevölkerung zerstört hier die meiste Wildnis, sondern der Klimawandel. Mit ihrem liebevoll gestalteten Bildband "Die Savanne erwacht" möchten die Autoren dazu beitragen, dass die Graslandschaften des südlichen Afrikas auch morgen noch Heimat sein können für Mensch und Tier.

Besprochen von Susanne Billig


Judith Burri, Lorenz Andreas Fischer, Die Savanne erwacht - Wenn der Regen kommt in Afrika Verlag Frederking & Thaler
200 Seiten, 150 Abbildungen, gebunden
49,90 Euro