Die Geschichte eines Serienmörders

Vorgestellt von Hans-Ulrich Pönack · 30.05.2007
Das US-amerikanische Dokudrama "Zodiac - Die Spur des Killers" von David Fincher bezieht sich auf einen authentischen Fall. In den Sechzigern tötete ein Unbekannter zwei Pärchen in der Gegend um San Francisco. Drei Ermittler, gespielt von Robert Downey jr., Mark Ruffalo und Jake Gyllenhaal, reiben sich über Jahre beruflich wie privat an der Klärung auf.
"Zodiac - Die Spur des Killers"
USA 2006, Regie: David Fincher, Hauptdarsteller: Jake Gyllenhaal, Mark
Ruffalo, Robert Downey Jr., ab 16 Jahren


David Fincher (45) ist einer der gegenwärtig spannendsten, innovativsten Hollywood-Regisseure. Fincher, am 10. Mai 1962 in Denver, Colorado geboren, begann 1980 als Trickfilmzeichner bei der George-Lucas-Firma "Industrial Light and Magic". Dabei war er u.a. an der Herstellung der Spezialeffekte für "Die Rückkehr der Jedi-Ritter" sowie "Indiana Jones und der Tempel des Todes" beteiligt. 1986 gründete er, zusammen mit anderen Regisseuren die Produktionsfirma "Propaganda Films": Fincher drehte in dieser Zeit u.a. Videos für Künstler wie Michael Jackson, Madonna, George Michael, The Rolling Stones, Aerosmith. Zusätzlich produzierte er einige Werbeclips.

Mit "Alien 3" stieg er 1992 ins Filmgeschäft ein. Drei Jahre später schuf er mit dem Thriller "Sieben" bereits sein erstes Meisterwerk. Das Werk, mit Morgan Freeman, Brad Pitt sowie dem diabolischen Kevin Spacey in den Hauptrollen, war prägend für die Definition des modernen Thrillers (= "Neo-Thriller"). Danach folgten weitere exzellente Spannungsfilme wie "The Game" (1997, mit Michael Douglas, Sean Penn), "Fight Club" (1999, mit Brad Pitt und Edward Norton) sowie 2002 "Panic Room" (mit Jodie Foster).

In seinem nunmehr sechsten Kinofilm stellt er wiederum einen Serienkiller in den Mittelpunkt des Geschehens. Diesmal aber einen authentischen, denn in den Jahren 1968 und 1969 tötete ein Unbekannter zwei Pärchen in der Gegend um San Franzisco. Gleichzeitig bekamen der "San Franzisco Chronicle" und die beiden ermittelnden Polizeistationen in den Countrys chiffrierte Briefe des Täters - der sich selbst "Zodiac" nannte -, in denen er die Forderung nach Veröffentlichung seiner Botschaften stellte und weitere Morde ankündigte.

Im Vergleich zu seinen anderen, "drastischen" Filmen, erzählt (buchstäblich wie wortwörtlich zu nehmen) "Zodiac" von drei Ermittlern, die sich im Verlaufe von vielen Jahren beruflich wie privat an der Klärungsaufgabe zerreiben: Der "Chronicle"-Reporter Paul Avery (Robert Downey jr.), Detective Dave Toschi (Mark Ruffalo) sowie "Chronicle"-Cartoonist Robert Graysmith (Jake Gyllenhaal, "Brokeback Mountain").

Deren jahrelange Jagd nach dem Phantommörder bekommt manische Züge: Reporter Avery quittiert schließlich schwerkrank-kokainsüchtig und alkoholabhängig seinen Dienst bei der Zeitung, während Polizist Toschi "davon" ebenso wenig loskommt wie der immer besessener recherchierende Zeichner Graysmith, der Job und Familie aufs Spiel setzt, um ans Ziel zu gelangen und den Täter zu überführen. 1992 (!) scheint er endlich am Ziel zu sein.

"Zodiac" ist mehr ein 157-minütiger Hör- ein Sehfilm. Visuell unterfordert, unterkühlt, düster, sich ausschließlich auf die drei Ermittler und ihre Person konzentrierend. Basierend auf zwei Büchern von Robert Graysmith haben sich Regisseur Fincher und sein junger Drehbuchautor James Vanderbilt in den Fall vertieft und den Film anhand der Fakten zu einem Dokudrama verarbeitet. Doch diese akribische Spurensuche kommt zwar mit ausgezeichneten Darsteller-"Sprechern", aber auch mit mehr und mehr dramaturgischer Leere bzw. Langeweile daher.

Die Wort-Rede-Spannung entwickelt sich zwiespältig-mürbe bis schließlich mühselig; das enorme zeitintensive Puzzlespiel gehört im Grunde in die Hörkassette und nicht auf die große, letztlich völlig unterforderte Leinwand. Und eigentlich, so der Gesamteindruck, erscheint die amerikanische Angst-Story, so betrachtet, aufgearbeitet, hierzulande eher belanglos. Im Grunde interessiert der Film nur, weil er eben von David Fincher stammt, der hiermit seinen ersten schwächeren, dennoch aber keineswegs gänzlich uninteressanten Kinofilm abliefert. Vielleicht: "Irgendwie zwiespältig-interessant"...

"Golden Door"
Italien / Frankreich 2006, Regie: Emanuele Crialese, Hauptdarsteller: Vincenzo Amato, Francesco Casisa, Charlotte Gainsbourg, Filippo Pucillo, Aurora Quattrocchi

"Golden Door" ist keine neue, weitere amerikanische Produktion, sondern hierbei handelt es sich um einen 2006 als Co-Produktion hergestellten italienisch-französischen Film, der im Original "Nuovomondo" heißt. Regisseur ist der 1965 in Sizilien geborene, 1991 in die USA ausgewanderte und heute in Rom lebende Regisseur Emanuele Crialese. Der einst in New York Filmregie studierte und dort auch 1995 seinen Abschluss machte. Nach zahlreichen Kurzfilmen entstanden die auch bei uns im Kino gezeigten ersten beiden Spielfilme "Once we were Strangers" (1997) und "Lampedusa" (2002, "Preis der Jungen Filmkritik" in Cannes).

Sein dritter Spielfilm, zu dessen Amerika-Start immerhin "Oscar"-Preisträger Martin Scorsese die Patenschaft übernommen hat, wurde bereits u.a. mit dem UNICEF-Award sowie mit dem "Silbernen Löwen" als "Beste Neuentdeckung" bei den Vorjahrs-Filmfestspielen von Venedig ausgezeichnet.

Der Film ist ein Auswanderer-Drama von großer epochaler Wucht und als vielschichtiges Historien-Zeitgemälde mit durchaus aktuellem Geschmack: Anfang des 20. Jahrhunderts beschließt ein sizilianischer Bauer und Witwer mit seiner Mutter und den beiden Söhnen nach Amerika auszuwandern, in das Land der Hoffnungen und Träume, das verklärte Amerika, dort wo Kartoffeln so groß wie Kutschen und Karotten so lang wie Kanus sind, sein mögen.

Seit Generationen bringt das steinige Land nur noch karge Ernten, während die Familie im Einklang mit der Natur und in abergläubischer "Verbindung" mit den Geistern der Vorfahren ein ziemlich eintöniges Leben fristet. Amerika soll nun die bessere Zukunft bringen. Auf dem überfüllten Schiff dorthin begegnet Salvatore der geheimnisvollen, rothaarigen Engländerin Lucy, die auf eine "gesicherte" Schein-Ehe aus ist. Schließlich beginnt die dritte "Prüfung" nach der Ankunft, vor Ort, im "gelobten (Ellis Island-)Land", wo Kontrollen und (Über-)Prüfungen zu überstehen sind, bevor man überhaupt "Einlass" findet.

Eine bisweilen spröde, zurückhaltende, in sich "einzulesende" Fabel als bewegendes Emigranten-Drama. Ohne theoretisch-aufdringliche Anklage, Zeigefinger, Belehrungs-Botschaft, sondern als würdevolles, kluges Poesie-Drama mit einer ausgesprochen bilderstarken Milieubeschreibung und "kraftvollen-spannenden" Personen. Und mit aktuellen Assoziationen: Stichwort - die vielen Fluchtbewegungen in die "Neuen Welten" von heute, die vielen dabei ungehört bleibenden Schicksale. Auch ihnen setzt dieser Film ein intelligent-lakonisches Denkmal.

Aus dem vorzüglichen Darsteller-Ensemble sind der in New York lebende sizilianische Bildhauer Vincenzo Amato als Salvatore hervorzuheben, ein Kraftpaket an Ausdruck und Würde, sowie die wunderbare, überzeugend-sensible Charlotte Gainsbourg (zuletzt u.a. "Lemming"; "21 Gramm") als emanzipierte Lucy.