"Die Genialität des Augenblicks - Der Fotograf Günter Rössler"

Von Jörg Taszman · 12.12.2012
Günter Rösslers Aktfotos waren über die Grenzen seiner Heimat DDR sehr gefragt. Seine Models erinnern sich heute noch gerne an die Arbeit mit dem jetzt fast 86-Jährigen. Die Dokumentation ist ein vielschichtiges, oft privates Künstlerporträt. Politisches bleibt ein wenig zu stark ausgespart.
Er ist fast 86 Jahre alt und immer noch mit Leidenschaft Fotograf. In der DDR war Günter Rössler eine Legende und galt als der wohl beste Aktfotograf der Republik. Zu seinem Markenzeichen gehörten sehr junge und natürliche Frauen, die er fast ausschließlich in schwarz-weiß fotografierte. Die Filmemacher haben nun mit vielen ehemaligen Rössler-Models geredet, aber auch den Meister selbst besucht.

Auffallend ist, wie sehr ihn die Frauen ganz unterschiedlichen Alters noch heute loben und wie detailbesessen Rössler noch heute Anweisungen gibt, um die von ihm so geschätzte Natürlichkeit zu erreichen. Indirekt sagt der Film natürlich auch viel über die Widersprüche im DDR-Alltag aus und ist so auch eine Zeitreise in den zweiten deutschen Nachkriegsstaat. Einerseits war Nacktheit natürlich und die DDR-Frau im Allgemeinen sehr offen und unverklemmt. Andererseits gab es in den DDR Printmedien kaum nackte Haut zu sehen und auch Bücher und Ausstellungen, die Aktfotografie in den Vordergrund stellten, blieben die Ausnahme. Ganz wichtig ist jedoch, wie sich die Erotikfotografie Rösslers auch in ihrer Zeitlosigkeit von der rein auf Männerwünsche gezielte Billigerotik unterscheidet, die nach der politischen Wende dann auch den Osten überschwemmte. Einen Rössler- Akt finden Frauen wie Männer schön und ästhetisch.

Günter Rössler war jedoch viel mehr als nur Aktfotograf. Er verdiente sein Geld mit Modefotografie und auch bei seinen vielen Reisen durch das "sozialistische Ausland" entstanden klassische Bildkompositionen, die nichts mit Reportagebildern gemeinsam haben.

So entsteht ein meist vielschichtiges, oft privates Künstlerporträt. Politisches bleibt ein wenig zu stark ausgespart, aber dennoch ist dieser Dokumentarfilm ebenso sehenswert wie informativ.

D 2012: R: Fred R.Willitzkat, 93 Minuten