Die Fußball-WM in Putins Reich

Russisches Sommermärchen und russische Realität

Russische Fußballfans jubeln nach dem Sieg ihrer Mannschaft über Ägypten bei der Fußballweltmeisterschaft 2018
Was passiert während der großen Fußballparty in Russland? © AFP / Nicolas Asfouri
29.06.2018
Alle Welt schaut bei der Fußball-WM nach Russland - gespannt, begeistert, verzückt. In Vergessenheit gerät die politische Wirklichkeit. Wird die Fußball-WM als Ablenkung von der Menschenrechtssituation in Russland benutzt?
Die Fußball-WM in Russland läuft perfekt. Alle Welt schaut nach Russland - gespannt, begeistert, verzückt. In Vergessenheit gerät die politische Wirklichkeit: eine unpopuläre Rentenreform, der Ukraine-Konflikt, die Menschenrechte. Wird die Fußball-WM als Ablenkung von der Menschenrechtssituation in Russland benutzt? Oder nützt das Fußball-Großereignis den Menschenrechtlern? Welche Linie verfolgt die Regierung? Und wie verläuft der Diskurs zu diesem Thema in Russland und in Deutschland?
Irina Sherbakowa von der Menschenrechtsorganisation "memorial" bezeichnet Putins Rentenreform, die zu Beginn der WM in Russland angekündigt wurde, als "harten sozialen Schlag". Unzählige Briefe an die Regierung zur Menschenrechtssituation im Lande seien nicht beachtet worden. Andererseits halte sich die Polizei gegenwärtig auf den Straßen zurück. Es herrsche eine "gewisse Offenheit". Oxana Evdokimova, freie Journalistin in Berlin, betont, Putin habe wegen der Heraufsetzung des Rentenalters bei den Zustimmungswerten sechs Prozentpunkte verloren.
Dmitri Tultschinski, ebenfalls freier Journalist in Berlin, glaubt nicht, dass die Weltmeisterschaft von Präsident Putin genutzt werde, um Russland in einem positiven Licht zu zeigen: "So naiv ist die russische Regierung nicht." Hermann Krause, ARD-Hörfunkkorrespondent in Moskau, beobachtet neben der Rentenreform, dass während der großen Fußballparty auch eine Mehrwertsteuererhöhung angekündigt und Demonstrationen praktisch verboten wurden.

Teilnehmer:
Irina Sherbakowa (Menschenrechtsorganisation memorial, Moskau)
Hermann Krause (ARD-Hörfunkkorrespondent, Moskau)
Oxana Evdokimova (Deutsche Welle Fernsehen, Berlin)
Dmitri Tultschinski (freier Journalist, Berlin)
Moderation: Annette Riedel, Deutschlandfunk Kultur
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