Die Fermate und ihre musikalisch-poetische Dimension

"Die Italiäner nennen es 'la Corona'"

26:54 Minuten
Notenzeile, über der gleich zu Beginn das Fermate-Zeichen auftaucht.
Fermate schon gleich zu Beginn - hier bei einem Orgelstück von Johann Sebastian Bach. © imago images / YAY Images
Von Martin Hoffmann · 24.06.2020
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Ein kleiner Punkt, von einem Halbrund umgeben - das ist das musikalische Zeichen für die Fermate. Leopold Mozart beschrieb sie als ein Ort, an dem die Zeit außer Kraft gesetzt sei. Auch Dichter deuteten dieses "Corona"-Zeichen philosophisch aus.
Was liegt näher, als den Terminus "Corona" in all seiner aktuellen Brisanz auch in seiner musikalischen Dimension zu beleuchten? Über die Fermate schrieb Leopold Mozart: "Die Italiäner nennen dieses Zeichen 'la Corona'." Für den Komponisten, Vater von Wolfgang Amadeus, war die Fermate ein Haltepunkt, ein Ort, an dem die Zeit gleichsam außer Kraft gesetzt ist. Er widmete sich ihr in seiner Violinschule.
Noten treiben auf einer Wasserfläche in den Horizont hinein.
Jeder kann die Fermate anders deuten, ganz nach seinem Zeitgefühl, in das er sich laut Komponist verlieren soll.© imago images / YAY Images
Zudem erhebt der Dichter Paul Celan, der auch in der Welt der Musik als ein poeta doctus gilt, diesen Fachbegriff mit seiner schillernden Semantik zu einem fragilen Konstrukt. Sein Gedicht "Corona" ist ein Schmuckstück.

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Während Wolfgang Amadeus Mozart in seiner Motette "Exsultate, jubilate" die Gottesmutter Maria als die Krone der Jungfrauen "Tu virginum corona" musikalisch nachzeichnet, zitiert Paul Celan in seinem Gedicht "Anabasis" aus eben dieser Motette: "unde suspirat cor".
Faszinierend bleibt die Unfassbarkeit und die hermetische Undurchdringlichkeit musikalischer Terminologie auch in poetischen Korrespondenzen, wenn Ingeborg Bachmann in ihrem Roman "Malina" dann sogleich Mozarts "Exsultate, jubilate" aufgreift.
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