"Die drei Musketiere"

Gesehen von Hans-Ulrich Pönack · 31.08.2011
Die neueste Verfilmung des berühmten Roman-Klassikers von Alexandre Dumas verspricht pures Unterhaltungskino. Schön überdreht, ständig überhöht und ironisch pointiert - mit andauerndem Augenzwinkern.
Die zigste Leinwand-Adaption des populären Roman-Klassikers von Alexandre Dumas von 1843/44 ähnelt jenem Kintopp, das wir in Kindheitstagen an jedem Sonntag um 15.30 Uhr begeistert betrachtet haben: Da gab es bei Monumentalschinken, Hollywood-Western oder Jerry Lewis-/Dean Martin-Späßen klare Strukturen. Gut und Böse oder tolle Chaoten und blöde Spießer standen sich wohlgeordnet gegenüber und hauten sich die Felsen, Kugeln oder Torten nur so um die Ohren. Heute sagt man schubladengemäß Popcornkino dazu und meint - pures Unterhaltungskino!

Der britische Produzent, Drehbuch-Autor und Regisseur Paul William Scott Anderson, 45, hat sich durch Verfilmungen von Computerspielen wie "Mortal Kombat" (1995), der "Resident Evil"-Reihe (2002, 2004, 2004, 2007 und 2010) sowie "Aliens versus Predator" (2004) einen Namen gemacht. Der Ehemann von Milla Jovovich und seine beiden Drehbuch-Autoren Alex Litvak ("Predators") und Andrew Davies (schrieb die beiden "Bridget Jones"-Filme) setzen den filmischen Abenteueransatz bei dieser vorwiegend in Bayern und Babelsberg entstandenen neuen Produktion über die berühmten französischen Degen-Fighter anders und neu. Die Charaktere interessieren hier weniger, denn sie sind hinreichend bekannt. Vielmehr stehen zuallererst die attraktiven schurkischen Begleitfiguren sowie das spektakuläre Äußere im Mittelpunkt und Blickfang. Und diese Mixtur funktioniert. Die "Einer für Alle, Alle für Einen"-Mittelalter-Freunde sind im 21. Kinojahrhundert angekommen und müssen nun ihren Helden-Ruhm quasi teilen.

Paris anno 1625. Die drei Musketiere Athos, Porthos und Aramis (Matthew Macfadyen, Ray Stevenson, Luke Evans) waren einer Intrige am Hofe des naiven Kinds-Königs Louis XIII. auf der Spur, wurden jedoch rechtzeitig abgebremst. Vom listigen Oberintriganten und Drahtzieher, dem mächtigen wie machtbesessenen Kardinal Richelieu (Christoph Waltz). Aus die Maus. Die offizielle Degradierung. Man sackt ab. Versackt privat. Perspektivlos. Saufend. Bankrott. Ein "Coach" muss her und er taucht sogleich auch auf - in Gestalt des draufgängerischen D’Artagnan (Logan Lerman). Klar, dass nach dem ersten Beschnuppern fortan gemeinsam die Fetzen fliegen. Der übermächtige Gegner wird locker aufgemischt - mit Volldampf und in fantastischen Duellen.

Wenn die vier Königstreuen so richtig in Schwung kommen, dürfen sie sich mit raffiniertem Waffenmaterial wie Feuerkanonen, in futuristischen, brennenden Luftschiffen, aber natürlich auch mit dem scharfen Degen großzügig austoben. (Fecht-Europameisterin Imke Duplitzer sorgte als Trainerin für Stars und Stuntmen für die richtigen Bewegungen). Und natürlich in diesmal antörnendem 3D. Schön überdreht, ständig überhöht und ironisch pointiert - mit andauerndem Augenzwinkern.

Und mit grandiosen Heros in den Fies-Rollen. "Oscar"-Basterd Christoph Waltz ist als tückischer Kirchenfürst ("Ich bin Frankreich!") in seinem zynischen Element. Ein erneut herrlicher Auftritt dieses großartigen "Kino-Edel-Schurken". Nicht minder aufregend die attraktive Milla Jovovich als durchtriebene Milady de Winter. Mads Mekkelsen gibt seinen überheblichen Rochefort-Schurken prollig-arrogant, während der sonstige Nett-Boy (und praktizierende Buddhist) Orlando Bloom (33) diesmal als mieser Herzog von Buckingham verschlagen rummacht. Ach so ja, Til Schweiger (als Cagliostro) scharwenzelt auch ein paar Minuten mit herum, bevor er dann – buchstäblich – absäuft.

Spiel, Spaß, Spannung - die Show, der Circus, der Jahrmarkt radaut. Prima. Und schließlich heißt es im Abspann still: "For Bernd". Bernd Eichinger. Ihm hätte sein Constantin-Film gewiss auch gefallen.

Deutschland 2011; Regie: Paul W.S. Anderson; Darsteller: Logan Lerman, Milla Jovovich, Matthew MacFadyen; ab 12 Jahren; 110 Minuten

Filmhomepage: "Die drei Musketiere"