Die Deutschen und ihre Willkommenskultur

"Diese Frage stellt sich so nicht mehr"

Christoph Schwennicke
Christoph Schwennicke © picture alliance / ZB / Karlheinz Schindler
Cicero-Chefredakteur Christoph Schwennicke im Gespräch mit Korbinian Frenzel · 07.04.2017
Was aus der Willkommenskultur geworden ist, fragt eine Studie der Bertelsmann-Stiftung. Christoph Schwennicke findet das überholt. Wichtig sei nicht, wie viele Menschen wieder mit Teddys am Bahnhof stehen würden, sondern: Wie gehen wir mit denen um, die gekommen sind?
Eine Studie der Bertelsmann-Stiftung zur deutschen Willkommenskultur löst geteilte Interpretationen aus: "Robuste Willkommenskultur" titelt die Nachrichtenagentur dpa. Epd hingegen betont: die Bereitschaft der Deutschen zur Aufnahme von Flüchtlingen sinkt. Denn auf der einen Seite stehen 70 Prozent der Bevölkerung Einwanderern positiv gegenüber, auf der anderen Seite sehen 54 Prozent die Belastungsgrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen erreicht.
Cicero-Chefredakteur Christoph Schwennicke findet schon die der Untersuchung zugrundeliegende Frage kritikwürdig. "Die Bertelsmann-Stiftung stellt eine gestrige Frage", sagte er im Deutschlandradio Kultur. Angesichts der großen Herausforderungen, vor denen Deutschland durch die Aufnahme Hunderttausender Flüchtlinge und Migranten stehe, sei nicht primär die Frage zu beantworten: "Würden wieder Leute in München am Hauptbahnhof mit Teddybären stehen und wenn ja, wie viele? Das ist nicht die Frage, die uns jetzt umtreibt, sondern die Frage: wie gehen wir mit dieser Menge an Menschen um?"

40 bis 50 Milliarden Flüchtlingskosten pro Jahr?

Zu klären seien jetzt Fragen der Integration und der Vor- und Nachteile eines Familiennachzugs. Außerdem die Frage, wie man einen Anstieg der Kriminalität verhindere: "Es ist eindeutig so, dass der Anteil der Migranten an auch schweren Gewalttaten markant hoch ist", sagte der Cicero-Chefredakteur.
Schwennicke, der von Anfang an die von der Bundeskanzlerin zwischenzeitlich vertretene Politik der offenen Grenzen kritisiert hatte, bekräftigte seine skeptische Haltung: So ließen beispielsweise die aus Bund und Ländern vorliegenden Zahlen den Schluss zu, dass die Kosten für Flüchtlinge bei 40 bis 50 Milliarden pro Jahr lägen. "Und wir haben gesellschaftliche Herausforderungen, die auch damit verbunden sind, dass es Menschen aus dem islamischen Kulturkreis sind. Die sind größer, als sich viele zu Anfang bewusst gemacht haben."
Es gehe nicht darum, auszugrenzen und abzugrenzen, betonte er. "Aber es geht auch nicht darum, sich die rosarote Brille aufzusetzen, um über Schattenseiten und Probleme hinwegzusehen."
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