Die Debatte um Tom Cruise als Stauffenberg relativieren

Moderation: Jürgen Liebing · 03.07.2007
Der Filmregisseur Jo Baier, der 2004 selbst einen Film über den Hitler-Attentäter Stauffenberg mit Sebastian Koch in der Hauptrolle drehte, kann die Aufregung um das Hollywood-Projekt mit Tom Cruise nicht nachvollziehen. Man solle zuerst das Drehbuch prüfen und nicht von vornherein die Drehgenehmigung an Originalschauplätzen wie dem Bendlerblock verweigern.
In dem Film mit dem Titel "Valkyrie" – den Namen "Walküre" hatten die vier Hitler-Attentäter ihrem Plan gegeben - soll Schauspieler und Scientologe Tom Cruise Graf Stauffenberg spielen. Der Regisseur Florian Henckel von Donnersmarck äußerte sich darüber begeistert in der "FAZ". Dass Cruise den Widerständler darstellen wolle, sei eine Hoffnung für Deutschland, schreibt er. Er werde sein Superstar-Licht auf diesen seltenen glanzvollen Moment in der deutschen Geschichte werfen.

Der Leiter der Gedenkstätte Deutscher Widerstand, Peter Steinbach, entgegnete im Deutschlandradio Kultur, eine historisch wertvolle Persönlichkeit wie Stauffenberg dürfe nicht an den Glanz gekoppelt werden, den ein Schauspieler verspreche. Er verteidigte das Drehverbot im Berliner Bendlerblock, in dem die Attentäter erschossen worden waren und sprach von der "Last" und "Würde des Ortes".

Deutschlandradio Kultur fragte den Regisseur Jo Baier nach seiner Meinung in der Debatte. Lesen Sie einen Ausschnitt aus dem Gespräch:

Baier: Es geht in diesem Film um einen versuchten Tyrannenmord, insofern ist das natürlich ganz spannend, ob da die private Neigung, die private Sektenzugehörigkeit von Tom Cruise überhaupt von Bedeutung ist. Ich glaube es eher nicht. Und ich glaube, insofern hat Henckel von Donnersmarck sicher recht, wenn er sagt, da hat jemand ein ehrenwertes Vorhaben und hat sich einfach einen großen Star geholt, damit das Ganze finanzierbar ist.

Liebing: Nun sind die Drehgenehmigungen im Bendlerblock abgelehnt worden nicht mit der Begründung, dass Tom Cruise Scientologe sei, sondern weil die Würde des Ortes solche Dreharbeiten nicht zulassen würde. Ist Ihnen das auch schon mal passiert?

Baier: Nein, wir haben im Bendlerblock gedreht. (…) Und wir waren uns auch, das muss ich sagen, der Würde dieses Ortes sehr wohl bewusst. Das war sogar ein ganz unwahrscheinliches Gefühl, in der Nacht an dem Ort der Erschießung diese Erschießung noch mal zu wiederholen. Wir hatten zum Beispiel auch die Parole ausgegeben, dass niemand laut redet, niemand laut singt, niemand pfeift, dass man sich der Würde dieses Ortes auch beim Drehen voll bewusst ist.

Liebing: Also ist das nur ein vorgeschobenes Argument in dieser Debatte?

Baier: Das scheint mir so, ja. Es ist jetzt auf einer Seite hoch gekocht, die ich nicht wirklich nachvollziehen kann. Also wenn es darum geht, dann muss man sagen: Wir haben hier ein Drehbuch, sehen uns das an, was machen diese Leute hier und wenn man sieht, das ist eigentlich ganz ehrenwert, was die machen, die versuchen, diese Geschichte nachzuerzählen oder diese Figur Stauffenberg nicht leicht kompatibel zu machen, sondern dem gerecht zu werden, dann finde ich, gibt es nicht wirklich einen Grund, das zu verweigern.

Sie können das vollständige Gespräch für begrenzte Zeit in unserem Audio-on-Demand-Player nachhören.
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