Die Bücherfrau und der Schweinemann

18.08.2011
Eine unmögliche Liebe: Ein Landwirt und eine Literaturwissenschaftlerin versuchen sich als Paar. Heiterer als in Nicole Balschuns Debütroman wurde das Scheitern großer Gefühle selten beschrieben.
Sie lernen sich auf dem Friedhof kennen: Der tatkräftige Landwirt Bo verdient sich ein Zubrot als Sargträger, die scheue Literaturwissenschaftlerin Ada ist zur Beerdigung ihrer Tante gekommen. Die beiden passen nicht zusammen und verlieben sich trotzdem (oder vielleicht gerade deswegen) ineinander. Dass das nicht gut ausgehen kann, das weiß man gleich am Anfang der Lektüre dieses heiter-melancholischen Liebesromans. Für falsche Hoffnungen bleibt da zwar kein Platz, aber unbedingt für die Überzeugung, dass sich ein Versuch in jedem Fall lohnt.

Wie das Experiment zwischen der Bücherfrau und dem Schweinemann aussieht, welche Hürden die Liebenden nehmen, woran sie scheitern und wovon sie träumen, davon erzählt die 1975 geborene Autorin in ihrem Debütroman. Ada schreibt ihre Dissertation über die Frauen bei Jane Austen, Bo liest die Landwirtschaftszeitung. Aus lauter Liebe tauschen die beiden schon einmal ihre Lektüren, aber das geht genauso wenig gut wie gemeinsame Kino- oder Opernbesuche. Andrerseits fühlen sich beide grässlich einsam ohne einander.

Nicole Balschun variiert die alte Geschichte von dem Paar, das nicht mit- und auch nicht ohneeinander sein kann, auf amüsante und kluge Weise. Im Zentrum dieser unmöglichen Liebesgeschichte, die ohne jedes Bauer-sucht-Frau-Klischee auskommt, steht Ada, die schon als Kind für jede Gemeinschaft untauglich schien, die immer eine Einzelgängerin war und sich nicht anpassen konnte. Darin unterscheidet sie sich gar nicht so sehr von den Jane-Austen-Heldinnen, denen sie ihre Dissertation widmet. Die Regeln haben sich für die heutigen jungen Frauen verändert, aber Anpassung ist immer noch gefragt. Parallel zur Liebesgeschichte der Titelheldin wird die Ehe einer Freundin geschildert, in der scheinbar alles passt, und die doch der reine Horror ist. Und auch die Ehe der eigenen Eltern taugt nicht als Vorbild.

Was also tun, wenn man sich in den falschen Mann, die falsche Frau verliebt, wenn ihre Bücher nicht zu seiner Leitsau passen. Er stellt ihr Gummistiefel vor seine Tür, aber sie wird einfach nicht zur rechten Bauersfrau. Dass sie eine Postkarte von Siegfried, dem besten seiner Schweine bekommt, hilft da auch nicht weiter. In Zeiten von computergesteuerter Partnersuche, in der Übereinstimmungen und Gemeinsamkeiten als Glücksgarantie behauptet werden, haben die beiden sowieso keine Chance, - aber genau deswegen könnte es doch klappen. Das hat die Heldin schließlich aus den englischen Romanen lernen können: Die Liebe kann gegen die Konvention siegen. Am Ende antwortet Ada dem Schwein des Geliebten und behauptet das Gegenteil von dem, was sie fühlt. Ob sie die Karte abschicken wird, das weiß man nicht, aber dass Umwege manchmal doch noch zum Liebesziel führen - auch das kennt man aus den Romanen von Jane Austen.

Besprochen von Manuela Reichart

Nicole Balschun: Ada liebt
DuMont Verlag, Köln 2011
192 Seiten, 13,99 Euro

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