Die Bösen überleben

07.01.2012
Es ist eine blutrünstige Geschichte aus dem mittelalterlichen Italien. Aus machtpolitischen Gründen sollen die Kinder zweier einflussreicher Familien verheiratet werden. An sich nichts Außergewöhnliches. Damit aber die Pläne der Eltern aufgehen, stellt man Francesca nicht den für sie bestimmten hässlichen Giovanni vor, sondern dessen schönen Bruder Paolo. Von da an beginnt ein Kampf der Gefühle, der mit Doppelmord endet.
"Francesca da Rimini" von Riccardo Zandonai (1883-1944) gehört zu den wenigen Opern aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, die neben den späten Bühnenwerken Puccinis nicht völlig in Vergessenheit geraten sind. Wenn es nach dem Verlagshaus Ricordi gegangen wäre, das schon Giuseppe Verdi betreut und aufgebaut hatte, so würde Zandonai als der einzig wahre Nachfolger Puccinis gefeiert. Aber es kam anders. Die enorme Anerkennung, die man ihm zu Lebzeiten entgegenbrachte, war nicht von langer Dauer.
Heute reiht sich Riccardo Zandonai ein in die Riege der um 1880 geborenen italienischen Opernreformer - Ottorino Respighi, Franco Alfano, Alfredo Casella, Gian Francesco Malipiero.

Als Schüler Pietro Mascagnis am Konservatorium von Pesaro stand Zandonai dem Verismo nahe, war von den neuen Klängen des Impressionismus angetan und stark beeinflusst durch Richard Strauss. Von seien elf Opern kommen gelegentlich noch "Giulietta e Romeo" und die als sechste entstandene "Francesca da Rimini" nach der Tragödie von Gabriele D'Annunzio auf die Bühne. Es ist seine erfolgreichste Oper, uraufgeführt 1914 im Teatro Regio in Turin. Das Libretto schrieb Giulio di Tito Ricordi, Sohn und Nachfolger des legendären Verlagsgründers Giovanni Ricordi.

Das Sujet geht im Kern auf Dantes "Göttliche Komödie" zurück und Boccaccios Kommentar, der den Konflikt von Schönheit und Hässlichkeit in den Vordergrund rückt. Aber sowohl bei D’Annunzios Drama, das bereits 1901 in Rom mit Schauspielmusik uraufgeführt worden war, als auch bei Ricordis Libretto sind die politischen Zeitumstände wichtiger als die unerfüllte Liebesgeschichte. Grausamkeit und Brutalität bestimmen den Umgang, sadistische Freude am Foltern und Metzeln.



Opéra Bastille Paris
Aufzeichnung vom 19.2.11

Riccardo Zandonai
”Francesca da Rimini”
Oper in vier Akten
Libretto: Giulio di Tito Ricordi

Francesca – Svetla Vassilieva, Sopran
Samaritana – Louise Callinan, Mezzosopran
Ostasio – Wojtech Smilek, Bass
Giovanni – George Gagnidze, Bariton
Paolo – Roberto Alagna, Tenor
Malatestino – William Joyner, Tenor
Biancofiore – Grazia Lee, Mezzosopran
Garsenda – Manuela Bisceglie, Sopran
Altichiara – Andrea Hill, Alt
Adonella – Carol Garcia, Sopran
Sertoldo – Alexandre Kravets, Tenor
Orchestre et Choeur de l’Opéra national de Paris
Leitung: Daniel Oren

nach dem 2. Akt ca. 20:05 Uhr Nachrichten