Der frühere Intendant Ivan Nagel blickt zurück

"Die Bedeutung von Theater war größer"

Ivan Nagel
Der Theater-Regisseur und frühere Intendant Ivan Nagel, aufgenommen am 10.1.1999 bei der Verleihung des Kortner-Preises in Hamburg. © picture-alliance / dpa / Kay Nietfeld
Ivan Nagel im Gespräch mit Joachim Scholl · 28.06.2011
Nach Einschätzung des langjährigen Intendanten und Theaterkritikers Ivan Nagel scheint die große Zeit des Theaters vorbei zu sein. Zu seinem 80. Geburtstag beklagte er, die Bedeutung des Theaters sei früher größer gewesen.
Das Theater sei in der Nachkriegszeit der wiederhergestellte Treffpunkt der bürgerlichen Eliten gewesen. Mit den späten 60er-Jahren und großen Regisseuren wie dem alten Fritz Kortner oder dem jungen Peter Stein seien in das Theater ein neuer Wille und neue Forderungen eingezogen.

"Man ging wirklich mit der Erwartung ins Theater, dass man als ein Anderer, als ein Belehrter, als ein Reicherer rauskommen wird, als der, der drei Stunden vorher reingekommen ist."

Das sei eine große Erwartung gewesen, so Nagel.

"Allerdings, ohne diese große Erwartung ist das Theater nichtig, wird das Theater leer und uninteressant und ein Getändel, das eigentlich keinen wirklich interessiert."

Zum Glück habe es auch nach der Wiedervereinigung noch eine Periode von außerordentlichen neuem Erleben gegeben, beispielsweise an der Berliner Volksbühne mit Inszenierungen von Frank Casdorf oder Christoph Marthaler.

"Diese Welle scheint auch zum großen Teil vorbei zu sein."

Nagel sagte, auch heute gebe es einige gute jüngere Regisseure, beispielsweise Jossi Wieler oder Nicolas Stemann.

"Meine Liste ist leider nicht sehr, sehr lang. Ich habe auch einige unbegreiflich dämliche Aufführungen auch von Klassikern gesehen."
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