Aus den Feuilletons

Die weltumspannende Macht der Dummheit

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Strache bei der Verkündung seines Rücktritts in Wien
Der FPÖ-Politiker HC Strache inszenierte sich nach seinem Rücktritt wegen der "Ibiza-Affäre" als Opfer. © picture alliance/APA/picturedesk.com
Von Tobias Wenzel · 26.05.2019
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In der "SZ" kommt der österreichische Schauspieler Josef Hader zu Wort. Darin legt er sarkastisch dem ehemaligen österreichischen Vizekanzler HC Strache, der sich nach seinem Rücktritt als Opfer inszenierte, eine Verschwörungstheorie ans Herz.
"Der Trend bei den Autorentheatertagen am Deutschen Theater: Es gibt keinen", heißt es im TAGESSPIEGEL. Die TAZ hat dagegen einen Trend bei den Filmfestspielen von Cannes ausgemacht, nämlich: "Gesellschaftskritik mit allen Mitteln". Es sei ein "guter Jahrgang" gewesen, schreibt Tim Caspar Boehme und lässt sich "Parasite" noch einmal auf der Zunge zergehen, den Film, der die Goldene Palme erhalten hat:
"Die Geschichte einer Familie von Arbeitslosen, die sich aus dem Elend ihrer Souterrainwohnung heraus nach und nach in einen Oberschichthaushalt hineinmogeln, bietet ein grandioses Spiel der Verstellung."

Ein Regisseur überlistet Harvey Weinstein

Das Spiel der Verstellung beherrscht auch Bong Joon-ho, der koreanische Regisseur des Gewinnerfilms. Das belegt das Interview, das er der WELT geben hat. Darin erzählt Bong Joon-ho, dass seine Zusammenarbeit mit dem Produzenten Harvey Weinstein bei seinem Film "Snowpiercer" schwierig gewesen sei. Weinstein habe nämlich dem Regisseur beim Schnitt des Films hereingeredet und das Werk kürzen wollen. Aber er, Bon Joon-ho, habe Weinstein schließlich im Schnittraum überlistet:
"Bei einer - für mich wichtigen - Szene taucht ein Fisch auf. Sagt doch Harvey: 'Was soll das denn? Versteht keiner, raus damit!' Da habe ich schnell zu einer Notlüge gegriffen und gesagt: 'Aber mein Vater ist Fischer. Ich möchte ihn damit ehren.' Sie hätten mal die Reaktion von Weinstein sehen sollen. Er zum Cutter: 'Sofort den Fisch wieder rein. Wir brauchen Fisch, mehr Fisch!'"

HC Strache als Opfer dunkler Kräfte?

Und mehr Verschwörungstheorien! Na ja, jedenfalls legt der österreichische Kabarettist und Schauspieler Josef Hader seinem Landsmann, dem zurückgetretenen FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache, eine ganz persönliche Verschwörungstheorie ans Herz, mit der Strache von seinen eigenen Verfehlungen auf vermeintlich dunkle Kräfte ablenken kann:
"Es gibt tatsächlich eine große, weltumspannende Macht, die jeden von uns fest im Griff hat", schreibt Hader in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG.
"Sie ist schuld am Ibiza-Video, verursacht Weltkriege, ermöglicht Diktaturen und hat alle Wirtschaftskrisen der Weltgeschichte herbeigeführt. Sie heißt Dummheit."
Klüger als Strache sei dessen Parteifreund Herbert Kickl, also der Ex-Innenminister Österreichs. Klüger und noch unmoralischer. Hader meint die unter Kickl erfolgte Umbenennung der Aufnahmezentren für Flüchtlinge in "Ausreisezentren".
"Ich werde langsam altmodisch", schreibt Josef Hader. "Falls der Preis für Reformen eine Tafel ist, auf der 'Ausreisezentrum' steht, dort angebracht, wo Menschen ankommen, die Zuflucht suchen, dann hätte ich bitte lieber Stillstand."

Roboter als Prügelknaben für Menschen

Lieber Stillstand als den Fortschritt, über den Michael Moorstedt, ebenfalls in der SZ, berichtet? Das entscheiden Sie, liebe Hörer, bitte selbst. US-amerikanische Forscher haben ein neues Roboter-Genre erfunden: "Maschinen, an denen man seine schlechte Laune auslassen kann", präzisiert Moorstedt.
"Nachdem der menschliche Nutzer mit ihnen fertig ist, kann er frohen Mutes seinen Pflichten nachgehen."
Da möchte man als Leser natürlich mehr wissen, vor allem Details über Aussehen und Funktionen der Roboter. Michael Moorstedt kommt diesem Bedürfniss nach und schreibt:
"Das erste Objekt erinnert an ein schwarzes Sitzkissen, das zu zittern beginnt, sobald es mit langen Nadeln malträtiert wird. Weitere Entwürfe sind eine Lampe, die erst zu leuchten beginnt, wenn sie mit Schimpfwörtern bedacht wird, und eine anthropomorphe Handpuppe, die permanent ein extrem entnervendes Gelächter von sich gibt - bis man auf sie einschlägt oder sie durch die Gegend wirft."
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