Deutscher Ethikrat begrüßt Stopp des umstrittenen Schufa-Projekts

08.06.2012
Das Potsdamer Hasso-Plattner-Institut ist aus dem umstrittenen Schufa-Projekt zur Datensammlung im Internet ausgestiegen. Bei Wolf-Michael Catenhusen vom Deutschen Ethikrat stößt dieser Schritt auf Zustimmung.
Der Vize-Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, Wolf-Michael Catenhusen, hat den Ausstieg des Potsdamer Hasso-Plattner-Instituts aus dem umstrittenen Schufa-Projekt zur Datensammlung im Internet begrüßt. Wenn man den Eindruck erwecke, dass das Hauptinteresse der Forschung "die Marktperspektiven eines Unternehmens sind, dann ist das sicherlich eine Verkürzung der Verantwortung von Wissenschaft", sagte Catenhusen im Deutschlandradio Kultur.

Das Hasso-Plattner-Institut sollte vielmehr "als Frühwarnsystem für die Gesellschaft" dienen, indem es "Maßstäbe eines verantwortlichen Umgangs mit solchen Daten am Beispiel etwa der Schufa oder anderen Interessenten durchspielt", so Catenhusen weiter. Ziel eines rein wissenschaftlichen Projekts hätte sein können, "ob wir zum Beispiel auch rechtliche Grenzen setzen müssen". Dies wäre ein "sinnvoller Kontext einer solchen Forschung". Dass es aufgrund eines hohen Finanzdrucks auf eine Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft angewiesen sei, "davon kann ja beim Hasso-Plattner-Institut keine Rede sein". Es handele sich dabei um "ein stark durch Spender finanziertes Institut".

Catenhusen sagte, dass Wissenschaft "nicht beliebig erpressbar sein darf durch Drittgeldgeber". Zwar gebe es "strukturelle Vorkehrungen im Wissenschaftssystem", um dies zu verhindern, etwa die Richtlinien des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft. Es gebe aber "keinen ethischen TÜV für einzelne Forschungsprojekte", so Catenhusen. "Hier kommt es darauf an: Der Wissenschaftler betont seine Freiheit gegenüber der Gesellschaft, aber er übernimmt auch Verantwortung für die Gesellschaft. Und dieses muss eigentlich integraler Bestandteil von Wissenschaft selbst sein."

Am Nachmittag hatte das Potsdamer Hasso-Plattner-Institut den umstrittenen Forschungsvertrag zur Datensammlung im Internet mit der Auskunftei Schufa nach eigenen Angaben gekündigt. Wegen Missverständnissen in der Öffentlichkeit könne man das Projekt nicht unbelastet durchführen, erklärte der Direktor des HPI, Christoph Meinel. Datenschützer und Politiker übten zuvor heftige Kritik an dem Vorhaben.

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