Deutscher Computerspielpreis 2020

Deplatzierte Moderatorin und unklares Profil

06:07 Minuten
Barbara Schöneberger and Nino Kerl moderieren den Deutschen Computerspielpreis 2020.
Barbara Schöneberger sei als Moderatorin für den Deutschen Computerspielpreis eine Fehlbesetzung gewesen, kritisiert Dennis Kogel. © Franziska Krug/Getty Images for Quinke Networks
Dennis Kogel im Gespräch mit Gabi Wuttke · 27.04.2020
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Nach der Kritik an der Gala des Deutschen Computerspielpreises 2019 sei die Preisverleihung diesmal besser gewesen, urteilt Spielekritiker Dennis Kogel. Als ernst zu nehmendes Gaming-Event fehle der Veranstaltung aber noch immer die Glaubwürdigkeit.
Weil die Gala zur Verleihung des Deutschen Computerspielpreises 2020 wegen der Coronakrise am Montagabend nicht stattfinden konnte, wurde diese als Livestream ohne Zuschauer veranstaltet. Mit 590.000 Euro an Preisgeldern gilt der Preis als sehr wichtig für die Branche – auch weil er für kleine Entwickler eine stattliche Förderung darstellt.
Grundsätzlich sei die Veranstaltung deutlich besser gewesen als im vergangenen Jahr, sagt Spielekritiker Dennis Kogel. "Aber es war trotzdem nicht gut, und das lag leider mal wieder an der Moderation. Also, Barbara Schöneberger bekam Nino Kerl zur Seite. Das ist ein bekannter Autor im Gaming und Anime Bereich. Insgesamt wirkte das alles wie so ein Livestream aus einem Gaming-YouTube-Kanal. Und Barbara Schöneberger war aber in diesem Kontext komplett deplatziert."
Die Gala des vergangenen Jahres wurde stark kritisiert. In der Spielebranche ging es dabei vor allem darum, dass die Ina Müllers Moderation unpassend derb gewesen sei und dass Politikerinnen und Politiker anstatt Laudatios zu halten sich mit ihren Rivalen auseinandergesetzt hätten.

Ausrichtung weiter schärfen

Auch jetzt sei noch immer unklar, ob der Deutsche Computerspielpreis eher ein Förderpreis für die Branche von der Bundesregierung sein solle - die vielleicht mitbestimmen möchte, welche Spiele entstehen - oder ob die Feier für Spielefans und Spieleentwickler in Deutschland sein soll, kritisiert Kogel. Der Deutsche Computerspielpreis müsse sich eigentlich endlich entscheiden, an wen er sich richten wolle - um eben nicht nur als Förderpreis wahrgenommen zu werden, sondern auch wirklich als Event glaubwürdig zu wirken, so Kogel.
Trotzdem habe es positive Veränderungen gegeben: "Das gesamte Preisgeld kommt jetzt von der Bundesregierung." Vorher habe die Spielebranche selbst einen Teil beisteuern müssen. "Es gab eine neue Jury, und weil auch eine millionenschwere Bundes-Games-Förderung beschlossen wurde, lastet nicht mehr dieses Förder-Alleinstellungsmerkmal auf dem Preis."

Das beste Spiel wurde nicht ausgezeichnet

Es sei gerechtfertigt, dass das Spiel "Anno 1800" mit dem Hauptpreis ausgezeichnet wurde. Das 2019 in Deutschland meistverkaufte PC-Spiel, bei dem eine Stadt aufgebaut werden muss, habe auch international viel Anerkennung bekommen, erklärt Kogel. "Es ist ein wunderschönes Spiel, indem man sich wirklich über Stunden und Tage verlieren kann. Es wurde auch auf eine sehr moderne Art entwickelt, nämlich gemeinsam mit den Fans, die laufend Feedback gegeben haben."
Allerdings gehe das Spiel mit dem Thema Kolonialismus ungeschickt um: Es hinterfrage nicht die Rolle von weißen Kolonisatoren und Indigenen. Darum habe tatsächlich ein anderes Spiel den ersten Preis viel mehr verdient, findet Kogel: "Through the Darkest of Times".
Das sei ein wirklich wichtiges Spiel. Es ist eine Simulation über den zivilen Widerstand in der NS-Zeit. "Ein Spiel, das versucht, erlebbar zu machen, was passiert, wenn eine Demokratie um uns herum in den Faschismus kippt und wir aber trotzdem an unserer Menschlichkeit festhalten müssen. Diesem Spiel diesen großen Preis zugeben, das wäre meiner Meinung nach ein viel größeres Signal gewesen, als eben einfach an das sehr erfolgreiche, schöne Spiel."
(mle)
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