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Georgensgmünd in Franken
Ein Polizist nach Schüssen eines "Reichsbürgers" in Lebensgefahr

Ein Anhänger der sogenannten Reichsbürger hat bei einer Razzia in Georgensgmünd in Franken auf vier Polizisten geschossen und zwei von ihnen verletzt. Nach Angaben des bayerischen Innenministers Joachim Herrmann (CSU) sollte dem Mann wegen Unzuverlässigkeit die Waffenerlaubnis entzogen werden. Er sei im Besitz von mehr als 30 Waffen gewesen.

19.10.2016
    Bayerns Innenminister Joachim Herrmann nimmt in Roth zu den Schüssen eines "Reichsbürgers" auf Polizisten Stellung.
    Bayerns Innenminister Joachim Herrmann nimmt in Roth zu den Schüssen eines "Reichsbürgers" auf Polizisten Stellung. (dpa-Bildfunk / Daniel Karmann)
    Laut Polizei hatte das Landratsamt Roth eine Durchsuchung bei dem 49-Jährigen Mann in Georgensgmünd angeordnet. Ziel war es demnach, die Waffen, die er legal besaß, wegen Unzuverlässigkeit sicherzustellen. Spezialkräfte der Polizei hätten den Einsatz begleitet.
    Der Mann, der im Besitz eines Jagdscheins ist, habe sofort das Feuer auf die vier Beamten eröffnet. Wie ein Polizeisprecher sagte, erlitten zwei Polizisten Schussverletzungen. Die anderen beiden wurden durch Glasssplitter verletzt. Der Täter erlitt leichte Verletzungen und wurde festgenommen.
    Beamte der Spurensicherung und des Unterstützungskommandos in Georgensgmünd in Franken.
    Beamte der Spurensicherung und des Unterstützungskommandos in Georgensgmünd in Franken. (dpa-Bildfunk / dpa / Nicolas Armer)
    Die Staatsanwaltschaft gab bekannt, gegen den Mann wegen versuchten Mordes zu ermitteln. Es sei ein Haftantrag gestellt. Der 49-Jährige solle am Donnerstag dem Haftrichter vorgeführt werden. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte bei einer Pressekonferenz im Landratsamt Roth, einer der Polizisten schwebe noch immer in Lebensgefahr, auch wenn seine gesundheitliche Situation derzeit stabil sei. Er sei bereits im Klinikum Nürnberg operiert worden.
    Schon früher gab es Versuche, die Waffen zu entziehen
    Herrmann sagte, es sei in der Vergangenheit vergeblich versucht worden, dem Mann die Waffen zu entziehen. Er habe Mitarbeitern des Landratsamt den Zugang zu seinem Grundstück verweigert. Laut Herrmann hatte der 49-Jährige mehr als 30 Waffen auf seiner Waffenbesitzkarte eingetragen.
    Die sogenannte Reichsbürgerbewegung müsse stärker in den Blick genommen werden, forderte der bayerische Innenminister. Teile der "Reichsbürger" folgten revisionistischen Denkmustern und rechtsextremistischen Zielvorstellungen. Deshalb müsse überprüft werden, ob "Reichsbürger" Waffen besäßen. Generell würden derzeit alle Waffenbesitzer in Bayern daraufhin überprüft, inwiefern sich unter ihnen extremistische Kräfte befänden. Dies werde seit einiger Zeit zwischen Waffenbehörden und Landesamt für Verfassungsschutz abgeglichen.
    Herrmann: "Reichsbürger" nicht als Spinner abtun
    Herrmann nannte es offensichtlich, dass man die Reichsbürgerbewegung nicht als "Vereinigung von ein paar Spinnern oder historisch ewig Gestrigen" abtun dürfe. Die "Reichsbürger" erkennen die Bundesrepublik nicht als Staat an und gehen davon aus, dass das Deutsche Reich in den Grenzen von 1937 noch existiert. Vor diesem Hintergrund sprechen sie dem Grundgesetz, Behörden und Gerichten die Legitimität ab und akzeptieren keine amtlichen Bescheide. Manche "Reichsbürger" haben eigene Fantasiepapiere.
    Etliche Anhänger sind nach Einschätzung von Verfassungsschützern auch in der rechtsextremen Szene aktiv. Zahlen nennt das Bundesamt für Verfassungsschutz nicht. Bereits Ende August hatte ein "Reichsbürger" bei einer Zwangsräumung in Sachsen-Anhalt um sich geschossen und zwei Polizisten verletzt.
    (hba/vic/am)