Deutscher Bildungsexport nach Südkorea
Dass deutsche Institutionen auch mithalten können auf dem globalisierten Markt der Bildung, stellt seit kurzem die Hochschule für Musik Franz Liszt in Weimar unter Beweis. Im März hat ihr Ableger an der privaten Kangnam University, etwa eine Stunde südlich von Seoul, den Betrieb aufgenommen. Barbara Wahlster machte einen Besuch dort.
Der Bus aus Seoul bringt mich direkt zum Haupttor der Kangnam University, einer privaten Campus-Hochschule nach amerikanischem Vorbild, Sportplätze inbegriffen.
Auf den Fluren der German School of Music Weimar hört es sich an wie in jeder deutschen Musikhochschule auch – mit der entscheidenden Ausnahme: Es ist Samstag und dennoch wird gearbeitet.
"Ich wollte schon seit langem nach Deutschland gehen und dort Musik studieren. Und jetzt hier in Korea bereits mit dem deutschen System und der deutschen Sprache vertraut zu werden, das ist toll."
Il Gu Ahn gehört zu den 16 Studierenden des ersten Jahrgangs, die bei den Eignungsprüfungen im Januar ausgewählt wurden vom deutschen Lehrpersonal. Wenn alles gut geht, kann er zwei Austauschsemester in Weimar verbringen. Bis dahin muss er zusätzlich zu seinem Flötenstudium wöchentlich sechs Stunden Deutschunterricht absolvieren. Mit den Tücken der Sprache kämpfen dennoch sämtliche Beteiligten - Klarinettenprofessor Matthias Luft:
"Zur Verständigung ist, glaube ich, erstmal alles erlaubt, denn es ist momentan so, dass die Schüler natürlich ganz, ganz frisch sind, was das Deutsche betrifft, was das Englische auch betrifft, das ist genauso schwierig. Momentan verständigen wir uns mit allen Mitteln, die zur Verfügung stehen: mit Händen, Füssen, Singen... Ein Ziel zu erreichen, das ist die Hauptsache. Wir haben alle einen Koreanischkurs gehabt und sind auch sehr verzweifelt, aber wir geben uns Mühe. Es ist schwer, weil es ist natürlich etwas ganz Anderes und es ist viel schwerer als Französisch, Spanisch oder Englisch zu lernen. Aber wie gesagt: Es ist genauso schwer für die Koreaner dann, die europäischen Sprachen zu lernen. Ich denke, Chinesisch und Japanisch fällt ihnen dafür leichter. "
Die Internationalisierung fordert ihren Tribut, weiß auch Gesangsprofessor Reinhard Gröschel.
"Wir sind am Start und der Start bringt viel Unruhe schon mit sich. Es sind die Einrichtungen ganz hervorragend, die Bedingungen sind wirklich sehr gut zum Arbeiten. Was die ganze Organisation anbelangt bis es läuft, da ist natürlich ein Stück Chaos dabei und es prallen auch verschiedene Arbeitsweisen aufeinander: koreanische oder sagen wir mehr asiatische Mentalitäten und europäische Zielstrebigkeit, manchmal auch Härte, so dass ich da nicht immer sagen will, wir sind die besseren; im Gegenteil, ich denke wir können voneinander lernen. Aber wir müssen schon sagen: der Anfang ist nicht einfach. "
Schließlich gibt es bisher keine Modelle für einen solchen Schritt. Anders als amerikanische und australische Universitäten halten sich deutsche Institutionen immer noch auffallend zurück und bleiben sesshaft. Wenn überhaupt, dann sind es eher technisch orientierte Universitäten, die ihre Fühler ausstrecken in das Land der unbegrenzten Bio- und Informationstechnologie-Möglichkeiten.
Die sechs aus Deutschland rekrutierten Lehrenden – fünf für Instrumentalfächer und einer für Gesang – leben, wie die Mehrzahl ihrer Studenten auch, auf dem Campus der christlichen Kangnam University. Acht Monate im Jahr sind sie künftig mitten drin im fremden Leben. Hartmut Gerhold, deutscher Projektleitverantwortlicher und Flötenprofessor, sieht das als Chance.
"Es gibt andere Kontakte zu der entsprechenden Fach-Elite des Lands, in das man exportiert. Das ist ja nicht nur eine Einbahnstrasse, sondern es kommt natürlich auch etwas zurück und weitet den Horizont, was dann vielleicht auf längere Sicht auch den Austausch von Studieren oder den Austausch von Lehrpersonal in beiden Richtungen angeht. Das sind ja unglaubliche Möglichkeiten, was auch bedeutet: Animation, Belebung Inspiration, die man sich anders nicht erwerben kann.
Natürlich sind wir hier in einem anderen Land, wo wir die Kultur verstehen und respektieren müssen. Aber andererseits sind wir auch hier, um ein Stück europäische Kultur mitzubringen. Und es gehört auch dazu, wie man miteinander umgeht, wie der Unterricht gestaltet ist, wie ist das Verhältnis zwischen Lehrer und Schüler? Ich denke, das ist schon etwas anderes, als es normalerweise üblich in Korea ist.
Das, was der Lehrer sagt, wird gemacht. Punkt. Hier haben wir natürlich ein Prinzip, wo wir sagen, wir kommen von einer ganz anderen Art und Weise, nämlich: Sie müssen lernen, selbständig zu arbeiten. Und an dieser Stelle haben wir durchaus auch Defizite, die wir feststellen. Wo die Studierenden das nicht können oder erstmal lernen müssen. Das ist für sie auch was ganz Neues. "
Doch trotz der in Asien üblichen autoritären Lernverhältnisse: In Südkorea wird Ausbildung groß geschrieben und die Familien lassen sich die Zukunft ihrer Kinder enorm viel Geld kosten. Insofern ist auch das Ausbildungsniveau insgesamt sehr hoch, da 85 % aller Highschool-Absolventen anschließend an einer der rund 200 Universitäten des Landes studieren. Ein Bildungsparadies, wenn man die PISA-Ergebnisse betrachtet.
An der German School of music haben die Studierenden noch mit einem allzu voll gestopften Stundenplan zu kämpfen. Bisher nämlich konnten sie Anforderungen, die an einer koreanischen Universität einfach dazugehören – wie etwa Computerkurse – noch nicht loswerden. Gleichzeitig gilt deutscher Standard - ob für die Schalldämpfung und Belüftung der Unterrichtsräume oder für den künstlerischen Lehrplan. Außerdem ist ein langsames, organisches Wachstum an dieser Musikhochschule vorgesehen – auch zur Mischung von Altersstruktur und Ausbildungsniveau:
"So fangen wir jetzt mit einer relativ kleinen Zahl an und da lohnt es sich noch nicht für jedes Fach, eine feste Stelle einzurichten und nicht für jedes Fach kriegt man einen entsprechend hoch qualifizierten Lehrbeauftragten – der steht hier nicht vor der Tür. Aber das Ziel ist natürlich ein entsprechend stabiles Lehrangebot in allen Fächern, wie sie in den deutschen Studiengängen auch vorgehalten werden, hier dann auch anzubieten. "
Die Ergebnisse freilich müssen sich international messen lassen – und obendrein wirtschaftlich sein.
"Der Plan ist, dass sich in dem Rahmen, wie sich diese Universität hier finanziert, dass sich nach Ablauf dieser Gründungsphase von vier Jahren dieser Studiengang genauso selbst trägt wie die anderen, nämlich durch Studiengebühren und die sonstigen Zuschüsse, die hier üblich sind. Aber auch durch die Studiengebühren, die nicht gering sind."
Rund 3.300 Euro pro Semester zahlen die Studierenden – noch bevor in Deutschland überhaupt Studiengebühren fällig werden. Den Sprung hierhin schaffen allerdings auch nur sechs Prozent der Interessenten aus Südkorea, trotz der großen Beliebtheit der in Asien hoch angesehenen deutschen Musikhochschulen. Der Weg zum Kunden (so würde man in der Wirtschaft sagen) war also vorgezeichnet. Der Weimarer Rektor Rolf-Dieter Arends und ein koreanischer Kollege hatten die Idee – und nach rund einem Jahr konnte sie bereits umgesetzt werden.
"Ich bin sehr glücklich, darüber, dass trotz der vielen Bedenkenträger in Korea, vor allem aber in Deutschland, wir es so schnell hinbekommen haben; das ist 'ne Meisterleistung. Ich glaube, das ist etwas fast Unbeschreibliches, muss ich sagen."
In Seoul übernahm das Team um Liane Garnatz, der Leiterin des Deutschen Akademischen Austauschdienstes, das lokale Coaching und die Lotsenarbeit durch den Dschungel der vielen Fragen:
"Macht es Sinn, deutsche Musikausbildung überhaupt zu haben? Ist es realistisch, gegen die etablierten Namen, die es in Seoul natürlich gibt, einen deutschen Studiengang einzurichten? Wie wählen wir die Professoren aus, wie wählen wir sämtliche Projektpartner aus? Wie kann man das durchsetzen? "
In dem Programm "Studienangebote deutscher Hochschulen im Ausland" überzeugte die Weimarer Hochschule für Musik mit ihrem Pionierkonzept:
"... weil sich Franz Liszt durch die Marktstudien ausgezeichnet hat, durch die Gründlichkeit der Vorbereitung ausgezeichnet hat und durch den realistischen Finanzplan auch. Es ist durch den DAAD-Tüv gegangen und bekommt jetzt eine Finanzierung von 420.000 Euro, die über drei Jahre läuft."
Dass gerade eine Hochschule aus Ostdeutschland diesen noch relativ ungewöhnlichen Weg des Bildungsexportes geht, ist vielleicht kein Zufall:
"In der ehemaligen DDR, in der ich ja groß geworden bin, bin ich als Musiker immer daran gewöhnt gewesen, schon allein durch die Mauer und durch viele Schwierigkeiten, mir was einfallen zu lassen. Und ich bin mit Leidenschaft Musiker und ich bin mit Leidenschaft jemand, der Visionen hat. Und die Vision dieses Rausgehens, was ich immer schon auch in der DDR hatte - ich war ja einer von den zwei oder drei DDR-Pianisten, die auch in der DDR-Zeit im Ausland gastiert haben – hat mich immer fasziniert, ich darf nicht da bleiben, wo ich bin, ich muss raus.
Und wir müssen uns präsentieren, egal wie. Als ich dann Rektor wurde 2001, wurde das für mich immer mehr klar, dass wir uns außen präsentieren müssen. Die besten Studenten, egal ob es Kunst ist oder Wirtschaft, gehen nach wie vor nach Amerika, und ich sehe nicht ein, warum wir, die wir 'ne gute Ausbildung haben, nicht auch zeigen können, dass wir präsent sind. Wir müssen auf dem Globus präsent sein. "
Und während einige der Studierenden ihr erstes öffentliches Konzert bei einem Empfang absolvieren, plädiert Liane Garnatz für ein Umdenken, um den internationalen Bildungsexport voranzutreiben.
"Die Deutschen sind besser, als sie denken. Der Unterschied zwischen Deutschland und Korea besteht darin, dass die Koreaner genau wissen, was Marketing ist und wir lernen das erst, weil deutsche Universitäten aufgrund ihrer Bezuschussungsstruktur nicht gewöhnt sind, Marketing betreiben zu müssen und wie wir alle auch auf anderen Gebieten jammern, sich viel schlechter finden, als wir eigentlich sind. Unterschied zu Korea: das Produkt ist wichtig, aber noch viel wichtiger ist das Marketing. "
Auf den Fluren der German School of Music Weimar hört es sich an wie in jeder deutschen Musikhochschule auch – mit der entscheidenden Ausnahme: Es ist Samstag und dennoch wird gearbeitet.
"Ich wollte schon seit langem nach Deutschland gehen und dort Musik studieren. Und jetzt hier in Korea bereits mit dem deutschen System und der deutschen Sprache vertraut zu werden, das ist toll."
Il Gu Ahn gehört zu den 16 Studierenden des ersten Jahrgangs, die bei den Eignungsprüfungen im Januar ausgewählt wurden vom deutschen Lehrpersonal. Wenn alles gut geht, kann er zwei Austauschsemester in Weimar verbringen. Bis dahin muss er zusätzlich zu seinem Flötenstudium wöchentlich sechs Stunden Deutschunterricht absolvieren. Mit den Tücken der Sprache kämpfen dennoch sämtliche Beteiligten - Klarinettenprofessor Matthias Luft:
"Zur Verständigung ist, glaube ich, erstmal alles erlaubt, denn es ist momentan so, dass die Schüler natürlich ganz, ganz frisch sind, was das Deutsche betrifft, was das Englische auch betrifft, das ist genauso schwierig. Momentan verständigen wir uns mit allen Mitteln, die zur Verfügung stehen: mit Händen, Füssen, Singen... Ein Ziel zu erreichen, das ist die Hauptsache. Wir haben alle einen Koreanischkurs gehabt und sind auch sehr verzweifelt, aber wir geben uns Mühe. Es ist schwer, weil es ist natürlich etwas ganz Anderes und es ist viel schwerer als Französisch, Spanisch oder Englisch zu lernen. Aber wie gesagt: Es ist genauso schwer für die Koreaner dann, die europäischen Sprachen zu lernen. Ich denke, Chinesisch und Japanisch fällt ihnen dafür leichter. "
Die Internationalisierung fordert ihren Tribut, weiß auch Gesangsprofessor Reinhard Gröschel.
"Wir sind am Start und der Start bringt viel Unruhe schon mit sich. Es sind die Einrichtungen ganz hervorragend, die Bedingungen sind wirklich sehr gut zum Arbeiten. Was die ganze Organisation anbelangt bis es läuft, da ist natürlich ein Stück Chaos dabei und es prallen auch verschiedene Arbeitsweisen aufeinander: koreanische oder sagen wir mehr asiatische Mentalitäten und europäische Zielstrebigkeit, manchmal auch Härte, so dass ich da nicht immer sagen will, wir sind die besseren; im Gegenteil, ich denke wir können voneinander lernen. Aber wir müssen schon sagen: der Anfang ist nicht einfach. "
Schließlich gibt es bisher keine Modelle für einen solchen Schritt. Anders als amerikanische und australische Universitäten halten sich deutsche Institutionen immer noch auffallend zurück und bleiben sesshaft. Wenn überhaupt, dann sind es eher technisch orientierte Universitäten, die ihre Fühler ausstrecken in das Land der unbegrenzten Bio- und Informationstechnologie-Möglichkeiten.
Die sechs aus Deutschland rekrutierten Lehrenden – fünf für Instrumentalfächer und einer für Gesang – leben, wie die Mehrzahl ihrer Studenten auch, auf dem Campus der christlichen Kangnam University. Acht Monate im Jahr sind sie künftig mitten drin im fremden Leben. Hartmut Gerhold, deutscher Projektleitverantwortlicher und Flötenprofessor, sieht das als Chance.
"Es gibt andere Kontakte zu der entsprechenden Fach-Elite des Lands, in das man exportiert. Das ist ja nicht nur eine Einbahnstrasse, sondern es kommt natürlich auch etwas zurück und weitet den Horizont, was dann vielleicht auf längere Sicht auch den Austausch von Studieren oder den Austausch von Lehrpersonal in beiden Richtungen angeht. Das sind ja unglaubliche Möglichkeiten, was auch bedeutet: Animation, Belebung Inspiration, die man sich anders nicht erwerben kann.
Natürlich sind wir hier in einem anderen Land, wo wir die Kultur verstehen und respektieren müssen. Aber andererseits sind wir auch hier, um ein Stück europäische Kultur mitzubringen. Und es gehört auch dazu, wie man miteinander umgeht, wie der Unterricht gestaltet ist, wie ist das Verhältnis zwischen Lehrer und Schüler? Ich denke, das ist schon etwas anderes, als es normalerweise üblich in Korea ist.
Das, was der Lehrer sagt, wird gemacht. Punkt. Hier haben wir natürlich ein Prinzip, wo wir sagen, wir kommen von einer ganz anderen Art und Weise, nämlich: Sie müssen lernen, selbständig zu arbeiten. Und an dieser Stelle haben wir durchaus auch Defizite, die wir feststellen. Wo die Studierenden das nicht können oder erstmal lernen müssen. Das ist für sie auch was ganz Neues. "
Doch trotz der in Asien üblichen autoritären Lernverhältnisse: In Südkorea wird Ausbildung groß geschrieben und die Familien lassen sich die Zukunft ihrer Kinder enorm viel Geld kosten. Insofern ist auch das Ausbildungsniveau insgesamt sehr hoch, da 85 % aller Highschool-Absolventen anschließend an einer der rund 200 Universitäten des Landes studieren. Ein Bildungsparadies, wenn man die PISA-Ergebnisse betrachtet.
An der German School of music haben die Studierenden noch mit einem allzu voll gestopften Stundenplan zu kämpfen. Bisher nämlich konnten sie Anforderungen, die an einer koreanischen Universität einfach dazugehören – wie etwa Computerkurse – noch nicht loswerden. Gleichzeitig gilt deutscher Standard - ob für die Schalldämpfung und Belüftung der Unterrichtsräume oder für den künstlerischen Lehrplan. Außerdem ist ein langsames, organisches Wachstum an dieser Musikhochschule vorgesehen – auch zur Mischung von Altersstruktur und Ausbildungsniveau:
"So fangen wir jetzt mit einer relativ kleinen Zahl an und da lohnt es sich noch nicht für jedes Fach, eine feste Stelle einzurichten und nicht für jedes Fach kriegt man einen entsprechend hoch qualifizierten Lehrbeauftragten – der steht hier nicht vor der Tür. Aber das Ziel ist natürlich ein entsprechend stabiles Lehrangebot in allen Fächern, wie sie in den deutschen Studiengängen auch vorgehalten werden, hier dann auch anzubieten. "
Die Ergebnisse freilich müssen sich international messen lassen – und obendrein wirtschaftlich sein.
"Der Plan ist, dass sich in dem Rahmen, wie sich diese Universität hier finanziert, dass sich nach Ablauf dieser Gründungsphase von vier Jahren dieser Studiengang genauso selbst trägt wie die anderen, nämlich durch Studiengebühren und die sonstigen Zuschüsse, die hier üblich sind. Aber auch durch die Studiengebühren, die nicht gering sind."
Rund 3.300 Euro pro Semester zahlen die Studierenden – noch bevor in Deutschland überhaupt Studiengebühren fällig werden. Den Sprung hierhin schaffen allerdings auch nur sechs Prozent der Interessenten aus Südkorea, trotz der großen Beliebtheit der in Asien hoch angesehenen deutschen Musikhochschulen. Der Weg zum Kunden (so würde man in der Wirtschaft sagen) war also vorgezeichnet. Der Weimarer Rektor Rolf-Dieter Arends und ein koreanischer Kollege hatten die Idee – und nach rund einem Jahr konnte sie bereits umgesetzt werden.
"Ich bin sehr glücklich, darüber, dass trotz der vielen Bedenkenträger in Korea, vor allem aber in Deutschland, wir es so schnell hinbekommen haben; das ist 'ne Meisterleistung. Ich glaube, das ist etwas fast Unbeschreibliches, muss ich sagen."
In Seoul übernahm das Team um Liane Garnatz, der Leiterin des Deutschen Akademischen Austauschdienstes, das lokale Coaching und die Lotsenarbeit durch den Dschungel der vielen Fragen:
"Macht es Sinn, deutsche Musikausbildung überhaupt zu haben? Ist es realistisch, gegen die etablierten Namen, die es in Seoul natürlich gibt, einen deutschen Studiengang einzurichten? Wie wählen wir die Professoren aus, wie wählen wir sämtliche Projektpartner aus? Wie kann man das durchsetzen? "
In dem Programm "Studienangebote deutscher Hochschulen im Ausland" überzeugte die Weimarer Hochschule für Musik mit ihrem Pionierkonzept:
"... weil sich Franz Liszt durch die Marktstudien ausgezeichnet hat, durch die Gründlichkeit der Vorbereitung ausgezeichnet hat und durch den realistischen Finanzplan auch. Es ist durch den DAAD-Tüv gegangen und bekommt jetzt eine Finanzierung von 420.000 Euro, die über drei Jahre läuft."
Dass gerade eine Hochschule aus Ostdeutschland diesen noch relativ ungewöhnlichen Weg des Bildungsexportes geht, ist vielleicht kein Zufall:
"In der ehemaligen DDR, in der ich ja groß geworden bin, bin ich als Musiker immer daran gewöhnt gewesen, schon allein durch die Mauer und durch viele Schwierigkeiten, mir was einfallen zu lassen. Und ich bin mit Leidenschaft Musiker und ich bin mit Leidenschaft jemand, der Visionen hat. Und die Vision dieses Rausgehens, was ich immer schon auch in der DDR hatte - ich war ja einer von den zwei oder drei DDR-Pianisten, die auch in der DDR-Zeit im Ausland gastiert haben – hat mich immer fasziniert, ich darf nicht da bleiben, wo ich bin, ich muss raus.
Und wir müssen uns präsentieren, egal wie. Als ich dann Rektor wurde 2001, wurde das für mich immer mehr klar, dass wir uns außen präsentieren müssen. Die besten Studenten, egal ob es Kunst ist oder Wirtschaft, gehen nach wie vor nach Amerika, und ich sehe nicht ein, warum wir, die wir 'ne gute Ausbildung haben, nicht auch zeigen können, dass wir präsent sind. Wir müssen auf dem Globus präsent sein. "
Und während einige der Studierenden ihr erstes öffentliches Konzert bei einem Empfang absolvieren, plädiert Liane Garnatz für ein Umdenken, um den internationalen Bildungsexport voranzutreiben.
"Die Deutschen sind besser, als sie denken. Der Unterschied zwischen Deutschland und Korea besteht darin, dass die Koreaner genau wissen, was Marketing ist und wir lernen das erst, weil deutsche Universitäten aufgrund ihrer Bezuschussungsstruktur nicht gewöhnt sind, Marketing betreiben zu müssen und wie wir alle auch auf anderen Gebieten jammern, sich viel schlechter finden, als wir eigentlich sind. Unterschied zu Korea: das Produkt ist wichtig, aber noch viel wichtiger ist das Marketing. "