Deutsche Sprache

Zwischen Kiezdeutsch und Denglisch

Von Matthias Hanselmann · 21.02.2015
Haben Sie heute schon gesimst oder gegoogelt? Unsere Sprache ist durchsetzt von neuen Wortschöpfungen. Deutschlands bekanntester Slam Poet, Bas Böttcher, und der Sprachwissenschaftler Jürgen Trabant sprechen über Sinn und Unsinn. Diskutieren Sie mit!
Häufig sind neue Begrifflichkeiten angelehnt ans Englische. Für die einen ist dies der Beleg für den zunehmenden Sprachverfall, andere sehen die Neuschöpfungen als Ausdruck der Lebendigkeit unserer Sprache.
Die Deutsche Sprache: Zwischen Kiezdeutsch und Denglisch. Darüber diskutieren wir am Samstag, dem "Internationalen Tag der Muttersprache".
"Ich bin kein Feind von fremden Worten, aber man sollte es nicht übertreiben. Denn es geht ja auch um die Schönheit der Sprache", sagt Prof. Dr. Jürgen Trabant.
Der Romanist ist einer der bekanntesten Sprachwissenschaftler Deutschlands. Er lehrte fast 30 Jahre lang am Institut für Romanische Philologie der Freien Universität Berlin, bis 2013 war er Professor für Europäische Mehrsprachigkeit an der Jacobs University in Bremen.
Die deutsche Sprache sei "ein Straßenköter, sie schnappt alles auf". Dies halte sie lebendig, ebenso wie die neuen Kürzel bei Twitter, Facebook & Co. Bedroht sieht der Sprachforscher das Deutsche eher durch die Dominanz des Englischen als Wissenschafts- und damit Weltsprache. Es sei auf der einen Seite von Vorteil, wenn es eine gemeinsame Sprache gebe.
"Was allerdings dabei verloren geht – und das ist eine Errungenschaft, die wir uns in Europa in 500 Jahren erarbeitet haben –, ist, dass die Kultur, die Literatur, aber auch die Wissenschaft, die Religion, also alles, was wir mit 'Kultur' beschreiben können, dass dieses alles eben in unseren jeweiligen Sprachen bewältigt worden ist", sagt Jürgen Trabant.
Sprache – gerade die Muttersprache – präge den Blick: "Jede Sprache gewinnt der Welt neue Aspekte ab." Zur jeweiligen Identität gehörten auch Regionalsprachen und Dialekte, die es zu pflegen gelte. Seine Überzeugung: "Nur wenn man seine Muttersprache liebt, kann man auch eine andere Sprache lieben."
Kostproben der Live-Dichtung
"Meine Sprache ist mein Zuhause, das ich überall mit hinnehmen kann", sagt Bas Böttcher, Deutschlands bekanntester Slam Poet. Er selbst nennt sich Bühnendichter, denn seine teils gerappten und spielerisch verdichteten Texte leben vom Live-Auftritt.
"Ich schreibe für die Bühne und spreche das Publikum direkt an. Es ist aber keine Improvisation, die Texte werden genau konzipiert, jede Silbe hat ihren Platz, selbst das Atmen ist Teil der Konzeption." Das zeigt sich auch in den "Wurfsendungen", die Bas Böttcher im Deutschlandradio Kultur präsentiert.
Was ist Sprache für ihn? "Die Sprache ist einerseits Gegner, aber eher im sportlichen Sinne, und gleichzeitig mein bester Freund. Ich liebe es, mich daran spielerisch abzuarbeiten. Auf der Bühne hört sich das leicht und lustig an, aber dahinter steckt viel Training."
Und eine große Liebe zur Sprache, die er in seinen Workshops auch an Schüler weitervermitteln will – in Deutschland, aber auch im Auftrag des Goethe-Instituts in anderen Ländern. Derzeit ist Bas Böttcher live zu erleben; gemeinsam mit zwei weiteren Slam Poeten der ersten Generation, Nora Gomringer und Dalibor Markovic, präsentiert er das Programm "Boombastic Lyrikwunderland". Und er wird natürlich auch bei uns Kostproben seiner Live-Dichtung geben.

Zwischen Kiezdeutsch und Denglisch – Wie geht es der deutschen Sprache?
Darüber spricht Matthias Hanselmann heute von 9:05 Uhr bis 11:00 Uhr mit dem Sprachwissenschaftler Jürgen Trabant und dem Slam Poeten Bas Böttcher.
Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen unter der Telefonnummer 00800 2254 2254, per E-Mail unter gespraech@deutschlandradiokultur.de und auf Facebook und Twitter.

Literaturhinweis:
Jürgen Trabant: "Globalesisch, oder was? Ein Plädoyer für Europas Sprachen", C.H. Beck, 2014
Bas Böttcher/Wolf Hogekamp (Hrsg.): "Die Poetry-Slam-Fibel: 20 Jahre Werkstatt der Sprache", inkl. 22 Links zu Audio-Tracks, Satyr Verlag, 2014
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