Deutsche Post unterstützt Rückkehrer

Zurück zu heimischen Briefkästen

04:54 Minuten
Postzusteller Martin Schmidt steht an der geöffneten Tür seines Postzustellfahrzeugs.
Der Postzusteller Martin Schmidt arbeitet heute wieder in seiner Heimat, der Lausitz. © Vanja Budde
Von Vanja Budde · 11.11.2019
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Nach der Wende sind viele aus dem Osten wegen Arbeit in den Westen gegangen - darunter auch Postzusteller. Seit einigen Jahren kehren aber einige von ihnen zurück. Wie Martin Schmidt, der wieder in seiner Heimat, der Lausitz, arbeitet.
Morgens um 7:15 beginnt der Arbeitstag des Post-Zustellers Martin Schmidt. Der große, schlanke 40-Jährige sortiert dann erst einmal Briefe, Werbung, Päckchen und Pakete nach Hausnummern geordnet in gelbe Plastikkisten. "Das ist meine Tour: Wir haben das immer so nach Straßen angeordnet, dass wir am Stück immer fahren und nicht kreuz und quer."
Um 9:30 ist der knallgelbe Lieferwagen vollgepackt und es kann losgehen: Eine Strecke von rund 50 Kilometern zu 750 Haushalten in Altdöbern und in den Dörfern rund um die Kleinstadt in der Lausitz.
Martin Schmidt wurde 1978 in Cottbus geboren, der Familie sei es in der DDR nicht schlecht gegangen, sagt er. Auch nach 1989 nicht: Sein Vater arbeitete beim Fernmeldeamt und nicht in der Braunkohle-Industrie, in der nach der Wende zehntausende Arbeitsplätze verloren gingen.
"Hab dann eine Ausbildung zum Straßenbauer gemacht und danach leider keine Arbeit hier gefunden. Bis dann die Post irgendwann mal eine Werbeaktion gestartet hat: Arbeiten Sie doch da, wo andere Urlaub machen! Das hört sich natürlich bombastisch an, ne? Die haben Leute für München, generell Bayern gesucht. Ja, und bevor man zu Hause sitzt, habe ich gedacht: Na, machen wir das doch, probieren wir es mal."

Ab nach München, dann zurück nach Cottbus

Eltern und Freunde waren überrascht, fanden sein Weggehen aber richtig: besser als arbeitslos zu Hause zu hocken. 16 Jahre stellte Martin Schmidt in München und Umgebung die Post zu. Er genoss den Trubel der Großstadt und fühlte sich wohl in Bayern. Schließlich fand er eine aus Mecklenburg stammende Freundin, sie bekamen zusammen einen Sohn. Doch er vermisste seine Familie in der Brandenburger Heimat.
"Oma, Opa, die Eltern, Geschwister. Sommerurlaub ist meistens zwei, drei Wochen, dann eine Woche bei ihr oben, alle schnell abhetzen, dass du jeden mal gesehen hast. Und das ist nicht wirklich schön. Deswegen jedes Jahr nach dem Urlaub: Wollen wir nicht doch? Wollen wir nicht doch? Und grade durch die Post geht das ja."
Als die Beziehung zerbrach, fand Martin Schmidt keine bezahlbare Wohnung in oder um München. Er stellte einen Versetzungsantrag und ging vor drei Jahren zurück nach Hause. "In Cottbus zahle ich für meine 48 Quadratmeter 320 Euro warm. So, da wären wir schon am ersten Haus."

Bei dieser Arbeit braucht man keinen Sport mehr

Die Post hat zwar kein ausgesprochenes Rückkehrer-Programm, unterstützt aber Versetzungen zurück in die alte Heimat. "Der Kollege ist dort, wo er gern sein möchte, und auch für die Region ist es gut", sagt Pressesprecher Hans-Christian Mennenga. "Es kommen gut ausgebildete, tarifvertraglich bezahlte, gut abgesicherte Kollegen zurück mit ihren Familien. Viele unserer Kollegen der Postler sind ehrenamtlich aktiv, sind in Freiwilligen Feuerwehren, im Sportverein und ähnlichem und damit kann man sicherlich sagen, dass wir als Deutsche Post auch einen kleinen Beitrag dazu leisten, diese gerade kleineren Gemeinden im Osten ein Stück weit mit zu stabilisieren."
Martin Schmidt ist schnellen Schrittes unterwegs, man kommt kaum hinterher. Raus aus dem Auto, rein ins Auto, im Stechschritt zum Briefkasten, dazu die manchmal schweren Pakete: Abends ist er kaputt, Sport braucht Martin Schmidt keinen mehr, den spielt er auf der Playstation.

Highlight des Tages, wenn der Postbote kommt

An seinem Job mag er die Unabhängigkeit und den Kontakt mit der Kundschaft, erzählt Martin Schmidt. Von deren Leben bekommt er viel mit.
"Man merkt es auch bei älteren Kunden: Die freuen sich, wenn der Postbote kommt. Das ist für manche wirklich ein Highlight des Tages. Ja, man kriegt mit, wenn Kinder geboren werden. Man kriegt mit, wenn Kunden sterben, ins Heim müssen, Tagespflege. Da stirbt der Hund, da ist die Oma traurig, man sieht vieles."
Ein paar hundert Meter weiter hält eine Frau auf dem Rad an und winkt: Sie ist auf dem Weg zur Spätschicht, hat gestern etwas bei Amazon bestellt, ob ihr Paket schon dabei ist? Schmidt kramt in Dutzenden von Päckchen und Paketen auf der Ladefläche.
"Kann bloß ein ganz kleines sein. So nett ist unser Postmann! Schauen Sie sich das an, einwandfrei!"
"Wenn es Tage gibt, wo ich suchen kann, wo ich Luft habe, dann mache ich es auch. Aber, na ja ..."

Kein Verständnis für AfD-Stimmung

Viel Zeit zum Plaudern hat Martin Schmidt nicht: Er ist jetzt in einer Straße mit Mehrfamilienhäusern, das bedeutet viel Post und diverse Pakete.
Die weit verbreitete schlechte Stimmung in der AfD-Hochburg Lausitz verstehe er persönlich nicht, erzählt Martin Schmidt. Cottbus sei saniert und schön, anders als nach der Wende gebe es auch Arbeit, die Post zum Beispiel suche Leute. Und die Einheit, die sei doch gelungen, findet Martin Schmidt.
"Ja, auf alle Fälle. Wenn man heutzutage sagen kann, man hat Freunde in Bremen, in Hamburg, in Rostock, Dresden – ja, da kann nichts falsch gegangen sein."
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