"Deutsche Mannschaft hat sehr gut verteidigt"

Thomas Hitzlsperger im Gespräch mit Nana Brink · 14.06.2012
Letztlich sei das 2:1 ein souveräner Erfolg gewesen, meint der frühere Stuttgarter Meisterspieler Thomas Hitzlsperger. Das junge deutsche Team sei "gut drauf" und könne beim EM-Turnier weit kommen.
[O-Ton: Torjubel in einer spanischen TV-Reportage]

Nana Brink: So schön können das normalerweise eigentlich nur spanische Berichterstatter, aber es war ja auch ein tolles Spiel gestern, Deutschland gegen Holland, der EM-Klassiker. Die Deutschen siegten 2:1 und sind schon fast in der nächsten Runde.

Am Telefon ist jetzt einer, der weiß, wie sich so ein Sieg anfühlt: der Ex-Fußball-Nationalspieler Thomas Hitzlsperger, Meister mit Stuttgart 2007, von 2005 bis 2010 Nationalspieler, bei der WM 2006 natürlich dabei und bei der EM 2008 auch. Einen schönen guten Morgen, Herr Hitzlsperger.

Thomas Hitzlsperger: Guten Morgen, Frau Brink.

Brink: Haben Sie auch bis zur letzten Minute gestern gefiebert?

Hitzlsperger: Ja, ich habe mitgefiebert. Die Deutschen haben es noch mal unnötigerweise spannend gemacht, weil sie eigentlich das Spiel kontrolliert haben und dann noch mal nach dem Anschlusstreffer zittern mussten. Aber unterm Strich war es ein verdienter Sieg.

Brink: Aber es war kein souveräner Sieg?

Hitzlsperger: Doch, es war schon auch souverän. Die Mannschaft hat sehr, sehr gut gespielt. Die Holländer hatten zwar viele Ballkontakte, aber haben der deutschen Mannschaft nie wirklich weh getan, weil die meisten Ballkontakte waren im Mittelfeld und im letzten Drittel hatten die Holländer eigentlich wenig zu tun und die deutsche Mannschaft hat sehr gut verteidigt.

Brink: Und Gomez? Alles dreht sich ja jetzt um ihn. Ist er denn so ein Star, oder nervt das nicht eigentlich auch die anderen, die an dem Spiel ja auch irgendwie beteiligt waren?

Hitzlsperger: Na ja, er ist ein Star, weil er sehr viele Tore schießt, auch für Bayern München immer wieder erfolgreich ist und jetzt mit seinen drei Toren die Torschützenliste anführt, und ich glaube nicht, dass die Mannschaft das stört. Im Gegenteil, sie sind froh, dass sie so einen Spieler wie Gomez in ihren Reihen haben und da können sich alle glücklich schätzen, weil er letztendlich ein hervorragender Spieler ist.

Brink: Nun ist ja dieses Spiel, wird immer wieder gesagt, Deutschland gegen Holland, etwas Besonderes. Gibt es wirklich so ein besonderes Feeling, wenn man gegen die Niederländer spielt?

Hitzlsperger: Ja, es ist nicht nur das Spiel gegen die Holländer. Alle Nachbarn, wenn wir gegen die antreten, das ist irgendwie besonders, oder gegen Fußballnationen wie England zum Beispiel, dann ist das schon was Besonderes, und gestern hat man es auch wieder gespürt. Aber der Druck war bei den Holländern und die konnten damit nicht so gut umgehen, und die deutsche Mannschaft hat einfach das gemacht, was sie am besten kann: gut Fußball spielen und dann auch wieder gewinnen.

Brink: Und am Ende gewinnen immer die Deutschen, das Sprichwort. Die deutsche Mannschaft ist ja die jüngste im Tournier, das finde ich ganz interessant, durchschnittlich 25 Jahre alt. Sie sind jetzt 30 geworden. Zählt man dann schon zum alten Eisen heute?

Hitzlsperger: Ja, würde ich sagen. Es ist traurig, aber wahr: Wenn man mal die 30 erreicht, dann fühlt man sich schon ein bisschen als alter Spieler. Aber so ist das nun mal. Ich war auch mal 25 und habe es sehr genossen, und jetzt muss ich einfach noch härter arbeiten, um da wieder heranzukommen. Aber die Mannschaft spielt gut und auch der Altersdurchschnitt ist gut. Die Mannschaft ist so jung, da kann noch viel kommen in den nächsten Jahren, das ist sehr, sehr erfreulich.

Brink: Aber bleiben wir noch ein bisschen bei dem Thema. Ist das so ein neuer Typ von Fußballer? Woher kommt das eigentlich, dass die so jung sind? Der Jüngste ist ja gerade mal 18 – also nicht bei den Deutschen, aber überhaupt der Jüngste im Turnier.

Hitzlsperger: Ich glaube nicht, dass das ein neues Phänomen ist. Es ist nur gut für die deutsche Mannschaft, weil in den letzten Jahren einfach sehr gut im Nachwuchsbereich gearbeitet wurde und der Übergang von der Junioren-Nationalmannschaft und von den Jugendspielern zum Herrenbereich immer besser funktioniert. Die jungen Spieler werden sehr gut ausgebildet und dann sieht man jetzt das Ergebnis. Es sind 18-, 19-, 20-Jährige schon bei so einem großen Turnier dabei, das ist wunderbar. Danach haben wir uns lange gesehnt und jetzt bekommen wir das zu sehen und deswegen ist auch die Nationalmannschaft so beliebt bei uns.

Brink: Sie engagieren sich ja auch gegen Fremdenfeindlichkeit, schreiben für den "Störungsmelder" bei "Zeit Online", Sie haben den Ehrenpreis dafür bekommen, den Julius-Hirsch-Ehrenpreis vom Deutschen Fußballbund. Nun gab es ja viele Krawalle, wir haben es gesehen bei Russland - Polen, auch bei den Kroaten flogen Rauchbomben im Stadion. Wie schätzen Sie denn diese Ausschreitungen ein? Werden die diese EM doch irgendwie überschatten?

Hitzlsperger: Es ging ja schon vorm Turnier los. Es ist kein unpolitisches Turnier, im Gegenteil, es wird viel über Politik gesprochen. Und ich glaube auch nicht, dass es jetzt damit beendet ist, sondern es geht so weiter. Es ist schade, wenn man sieht, welche Ausmaße die Ausschreitungen annehmen. Da muss man viel gegen tun und ich glaube, dass man in Polen und der Ukraine wirklich sehr damit beschäftigt ist, und das ist schade für die Spieler, die sich so darauf vorbereitet haben und schon negativ damit konfrontiert werden. Ich hoffe, dass man das schneller in den Griff bekommt.

Brink: Jetzt müssen Sie aber noch einen Ausblick auf Sonntag geben, da spielen die Deutschen ja gegen Dänemark. Nimmt man den Mund zu voll, wenn man sagt, die Deutschen sind schon eine Runde weiter, oder wird es noch mal spannend?

Hitzlsperger: Ja, man muss da vorsichtig sein. Auch wenn man gesehen hat, dass die deutsche Mannschaft gut drauf ist, aber es ist noch nichts erreicht, das Viertelfinale ist noch nicht erreicht. Aber die Ausgangsposition ist hervorragend, die Dänen sind nie zu unterschätzen. Das ist eine unangenehme Mannschaft und da muss man sehr aufpassen. Ich denke, auch die Mannschaft wird da topkonzentriert ins Spiel gehen, und auch souverän weiterziehen und dann werden wir sehen, wie weit es noch geht.

Brink: Der Ex-Fußball-Nationalspieler Thomas Hitzlsperger. Schönen Dank für das Gespräch.

Hitzlsperger: Danke auch.

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